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Wer hat den Größten?

In Riesa wirbt man mit „dem größten Oldtimermarkt seiner Art“. In Ottendorf-Okrilla findet man das gar nicht lustig.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf und Nadine Steinmann

Ottendorf-Okrilla. Gedränge und Geschiebe zwischen den Flohmarktständen in der Sachsenarena, ein gut gefüllter Parkplatz davor: Der jüngste Oldtimermarkt hat am Sonntag wieder Tausende Besucher nach Riesa gelockt. Aber reicht das auch für den Superlativ „Sachsens größter Oldtimermarkt“, der seit Jahren in Ankündigungen zu lesen ist?

In Ottendorf-Okrilla sieht man das nicht so. „Wir haben den Größten“, sagt Toni Zeiler von den Ottendorfer Oldtimerfreunden. Einmal im Jahr organisiert der Verein die mittlerweile deutschlandweit bekannte Veranstaltung „Rost am Ring“. Wenn der Termin in Ottendorf heran ist, herrscht schon in den frühen Morgenstunden, noch bevor die Sonne aufgegangen ist, auf der A 4 dichtes Gedränge. An der Abfahrt Ottendorf-Okrilla kommt es dann häufig zu Stau, denn Veranstaltungsort des Oldtimermarktes ist das Ottendorfer Gewerbegebiet, das in unmittelbarer Nähe der Autobahn liegt. „Die ersten Besucher sind meist schon halb fünf am Morgen mit der Taschenlampe da“, erklärt Toni Zeiler.

Und was sagt man in Riesa dazu? Veranstalter Thomas Szymkowiak vom Projektzentrum Dresden weist auf ein leicht zu übersehendes Detail hin: „Wir werben damit, den größten Markt ‚seiner Art‘ in Ostdeutschland zu haben“, sagt der gebürtige Riesaer. Worauf es ankomme, sei die Kombination von überdachtem Markt und Händler-Stellflächen unter freiem Himmel. „So was gibt es außer in Riesa nur im Westen noch“, sagt der Dresdner. In Riesas Partnerstadt Mannheim finde der größte Teilemarkt Europas statt: Die „Veterama“ wirbt mit mehr als 4 000 Ausstellern auf 260 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Mit diesen Dimensionen kann man freilich in Sachsen nicht mithalten – weder in Riesa noch in Ottendorf-Okrilla.

Zwei Oldtimermärkte im Vergleich

Ottendorf-Okrilla

Zahl der Gäste: Rund 6000 zahlende Besucher. Frauen und Kinder sind nicht eingerechnet.

Händler: 500 Anbieter aus ganz Europa

Am weitesten angereister Händler: Die Verkäufer kommen aus Deutschland, Polen, Litauen, Tschechien und Österreich

Termin: 12. März 2017

Eintritt: Männer drei Euro, Frauen und Kinder frei.

Kontakt: www.oldtimerfreunde-ottendorf-okrilla.de

Riesa

Zahl der Gäste: 5000 bis 7000 – je nach Wetter

Händler: Knapp 200 (2017); Rekord waren 250 – mehr gibt der Platz nicht her.

Am weitesten angereiste Händler: Ein Zündapp-Experte aus den Niederlanden; sonst Händler aus D, A, PL, CZ

Termin: Immer das dritte Februar-Wochenende

Eintritt: 5Euro Männer, Frauen 3Euro, Kinder bis 12 Jahre frei. Parken kostenlos.

Kontakt: www.oldtimer-teilemaerkte.de

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„Aber wir sind ja auch erst seit acht Jahren in der Arena“, sagt Thomas Szymkowiak. Zum Vergleich: Die Veterama gibt es seit 1975, das „Rost am Ring“ lädt in diesem Jahr zu seiner 28. Auflage ein. Das erste Mal fand der Markt 1990 mit gerade einmal 20 Händlern im Ottendorfer Teichwiesenbad statt. „Damals war es nur eine kleine Tauschbörse, denn es war zu dieser Zeit schwer, an Ersatzteile heranzukommen“, berichtet Toni Zeiler. Dass man in Riesa trotzdem dieses Jahr schon zum 16. Oldtimerteilemarkt einlud, geht auf den Vorläufer der AG Feuerwehrhistorik Riesa zurück, der in Riesa an wechselnden Orten Märkte veranstaltete – mal am Ölwerk, mal in einer alten Stahlwerkshalle. „Der Anfang war eher so hobbymäßig“, erinnert sich Thomas Szymkowiak. „Als es den Machern über den Kopf wuchs, habe ich das übernommen und die Arena angemietet.“

Vorteil einer Halle sei, dass die Händler sich trauen würden, ein anderes Sortiment anzubieten als unter freiem Himmel. „Historische Bedienungsanleitungen, Ersatzteillisten oder Fotos – das würde draußen alles nicht funktionieren.“ Aber auch Ottendorf-Okrilla hat seine Vorteile. Durch die direkte Lage an der Autobahn, kommen Besucher aus allen Bundesländern und sogar aus den Nachbarländern wie Polen angereist. Außerdem arbeiten zum Markt die Oldtimerfreunde eng mit dem Gewerbeverein zusammen und organisieren eine Jobbörse. Denn viele Firmen im Gewerbegebiet sind ständig auf der Suche nach Lehrlingen oder Fachkräften. Die Suche nach seltenen Teilen für den Oldtimer kann an diesem Tag also auch gleich mit der Suche nach einem neuen Job oder der perfekten Ausbildung kombiniert werden.

Ob Riesa oder Ottendorf-Okrilla: Thomas Szymkowiak will sich nicht darüber streiten, wer denn nun wirklich den größten Markt hat. „Wir pflegen doch ein freundschaftliches Miteinander.“ So sei der Organisator von Riesa selbst als „Spaziergänger“ in Ottendorf-Okrilla unterwegs, genauso wie er die Macher von dort schon in Riesa entdeckt habe. „Den Markt der Kollegen genieße ich ganz anders, als wenn die Organisation an mir hängt.“ So könne der Dresdner dort in Ruhe nach Teilen für seine eigene Oldtimersammlung suchen – Vorkriegsmotorräder von BMW und Zündapp. Ein Traum für ihn wäre, noch mal eine grüne 150er TS von MZ zu finden. „So eine hatte ich mal als Jugendlicher“, erinnert sich Szymkowiak. „Dummerweise habe ich sie nach der Wende verschrotten lassen und nur die Papiere behalten.“ Vielleicht wird er ja beim nächsten „Rost am Ring“ fündig: am 12. März in Ottendorf-Okrilla.