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„Wenn ihr kommt, sorgen wir dafür, dass ihr weniger werdet“

In Ostritz werden am 13. Oktober Neonazis und Rechtsextreme zum „Kampf der Nibelungen“ erwartet. Die Stadt plant eine etwas andere sportliche Aktion dagegen.

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© Nils Holgerson/dpa

Miriam Schönbach

Ostritz. Klare Kante gegen rechte Kampfsportveranstaltung: Mit einem Friedenslauf wollen die Ostritzer am 13. Oktober ein Zeichen für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz setzen. „Wir wollen zeigen, dass wir die Stadt nicht Rechtsextremisten überlassen - an keinem Tag“, sagt Michael Schlitt. Der Leiter des Internationalen Begegnungszentrum St. Mariental (IBZ) gehört zum Team aus Ostritzern, die diese etwas andere Sportveranstaltung organisieren.

Bei dem Friedenslauf geht es nicht um Medaillen, sondern ums Mitmachen als Gegenentwurf zum „Kampf der Nibelungen“ im Ostritzer Hotel „Neißeblick“. „Es können auch Großeltern mit ihren Enkelkindern im Kinderwagen die Runde antreten. Es kommt nicht auf die Schnelligkeit an, stattdessen wollen wir den Rechten zeigen: Wenn ihr hierher kommt, sorgen wir dafür, dass ihr weniger werdet“, sagt Schlitt. Ein Teil des erlaufenen Erlöses soll in Neonazi- Aussteigerprogramme fließen - und in die Finanzierung des nächsten Friedensfestes vom 2. bis 4. November.

Dann ist in der sächsischen Kleinstadt zum zweiten Mal in diesem Jahr ein Schild-und-Schwert-Festival der Rechtsextremen angemeldet. Mit dem Ort hätten diese rechtsorientierten Veranstaltungen wenig zu tun, sagt Schlitt. „Ein hessischer Unternehmer und ehemaliges NPD-Mitglied sieht anscheinend ein Geschäftsmodell in der Vermietung seines Objektes in Ostritz an die Szene, ein NPD-Funktionär aus Thüringen organisiert die Veranstaltungen“. Zur Kampfsportveranstaltung am zweiten Oktober-Wochenende werden in Ostritz nach seinen Aussagen über 500 Neonazis und Rechtsextremisten aus Deutschland und anderen Ländern erwartet.

Zum Schild-und-Schwert-Festival Ende April kamen nach Polizeiangaben 1200 Personen, zum friedlichen Volksfest etwa 3000 Einheimische. Zu den Besuchern des Hotelgeländes hat Schlitt eine klare Meinung: „Wer sagt, das sind harmlose Spinner, hat nicht genau hingeschaut. Die arische Burschenschaften beim Sicherheitsdienst haben keinen Zweifel an ihrer Gesinnung gelassen, viele liefen mit T-Shirt und der Aufschrift 88 herum“, sagt der IBZ-Chef. Die 8 stehe für das H im Alphabet als gebräuchlicher Code der Naziszene für „Heil Hitler“. Wer jetzt noch nicht verstanden habe, dass wir aufstehen müssten, um unsere Demokratie zu schützen, habe nicht verstanden, welch großer Gefahr wir ausgesetzt seien.

Gleichzeitig wolle man den Kampf gegen Rechts nicht den Linksextremen überlassen. „Aus der Mitte der Gesellschaft wollen wir zeigen, dass wir für Weltoffenheit und Toleranz und gegen Spaltung der Gesellschaft sind“, heißt es aus dem Organisationsteam. Die parteipolitisch unabhängige Gruppe mit Menschen aus der Region ist seit April weitergewachsen. Beim Friedensfest im November will sie auf Mitmachaktionen setzen.

Für das „Miteinander singen“ haben sich schon sieben Chöre angemeldet, beim „Miteinander leuchten“ gibt es eine Lichterkette. „Miteinander beten“ werden der katholische und evangelische Bischof und ein Kollege aus Polen. „Miteinander getrommelt“ wird für die Demokratie. Am 13. Oktober aber heißt es erstmal von 10 bis 16 Uhr: „Miteinander rennen“ auf dem Ostritzer Marktplatz. Die Ostritzer Kirchgemeinden laden an diesem Tag zu „Gebeten für den Frieden“ ein.

Ermunterung gibt es auch von ganz oben: Am kommenden Montag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Ostritz erwartet. Gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender will er hier Menschen treffen, die sich gegen die Vereinnahmung des Ortes durch Extremisten einsetzen. (dpa)

>>> Homepage Ostritzer Friedensfest