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Wenn der Nachwuchs fehlt

Viele Firmen in den Landkreisen Bautzen und Görlitz suchen händeringend nach Auszubildenden. Doch selbst Überzeugungsarbeit hilft kaum weiter.

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© René Plaul

Von Nicole Preuß

Heike Schmidt mag ihren Beruf. Die 22-Jährige lernt Konstruktions-mechanikerin in der Laußnitzer Firma KEK. „Mein Beruf ist abwechslungsreich“, sagt sie. Doch das können inzwischen nur noch wenige nachvollziehen. Die KEK hat große Probleme, die drei Ausbildungsstellen zu besetzen, die das Unternehmen jedes Jahr bereitstellt. In diesem Jahr sind erst vier Bewerbungen eingegangen, im vergangenen Jahr waren es noch zehn und vor einigen Jahren sogar 20. Zwei Vorstellungsgespräche haben die Geschäftsführer geführt und die Bewerber auch genommen. Doch eine Stelle konnte bisher nicht besetzt werden. Dabei werden Fachkräfte dringend gebraucht. Die KEK, die Edelstahlmöbel für Reinräume, Labore oder auch Mensen herstellt, will weiter wachsen. 124 Mitarbeiter hat das Unternehmen inzwischen.

Doch die Firma steht mit dem Ausbildungsproblem nicht allein da. Immer mehr Unternehmen haben Schwierigkeiten, geeignete Lehrlinge zu finden. Packwell Schwepnitz sucht zum Beispiel noch immer einen angehenden Packmitteltechnologen. SHZ in Großröhrsdorf hat in diesem Jahr ebenfalls kaum Bewerbungen bekommen. „Wir haben noch gar keinen Lehrling für das kommende Jahr“, sagt Geschäftsführer Günter Böhme. Dabei würde das Unternehmen zwei Stellen für angehende Maschinen- und Anlagenführer und Technische Konfektionäre anbieten.

Wenig Interesse für Handwerk und Landwirtschaft

Das Problem verschärft sich mit der niedrigen Zahl der Schulabgänger. Denn die Zahl der Jugendlichen, die überhaupt eine Ausbildung anstreben und sich bei der Arbeitsagentur gemeldet haben, ist inzwischen fast so groß wie die Zahl der angebotenen Stellen selbst. 1 637 potenziellen Lehrlingen stehen 1 387 Ausbildungsstellen im Landkreis gegenüber. Und viele Lehrlinge wollen Verkäuferin werden, Bürokauffrau, Softwareentwickler oder Kfz-Mechatroniker. Den Bereich Metallbau und -bearbeitung haben nur 47 Ausbildungswillige in den Landkreisen Bautzen und Görlitz als Berufswunsch angekreuzt und Unternehmen würden 107 Stellen gern besetzen. Noch prekärer ist das Verhältnis von möglichen Lehrlingen und angebotenen Stellen in den Berufen Fleischer, Steuerberater, Elektriker und Landwirt. In solchen Bereichen kommen manchmal vier Stellen auf einen Bewerber.

Die Unternehmen, die in diesen Branchen Zuhause sind, stehen damit in hartem Wettbewerb zu ihren Konkurrenten um Lehrlinge. Denn manche Schüler bekommen gleich mehrere Angebote. „Wir schauen schon lange nicht mehr nur nach den Noten“, sagt KEK-Geschäftsführer Thomas Töpfer. Die Firma hat einen Eignungstest mit Fragen zu Allgemeinwissen, bildlichem Vorstellungsvermögen und Mathematik entwickelt. Vor einem Jahr hat die Firma erstmals auch einen jungen Mann eingestellt, der die Förderschule abgeschlossen hat und Schwierigkeiten mit dem Test hatte. Er überzeugte aber in Praktikas. Deshalb wird er nun in der Firma Fachpraktiker für Metallbau. „Die Auswahl an Bewerbern wird kleiner“, sagt Thomas Töpfer. „Aber der Aufwand wird größer, überhaupt Bewerbungen zu bekommen.“

Viele Firmen garantieren die Übernahme

So ist eine Mitarbeiterin, die sich besonders um die Auszubildenden kümmert, auch in diesem Jahr wieder von Schule zu Schule gefahren und hat den Ausbildungsberuf teilweise im Unterricht vorgestellt. Die Firma zahlt einen Ausbildungslohn, der im Mittelfeld der empfohlenen Spanne der Industrie- und Handelskammer liegt. Auswärtige Montage und Nachtschichten gibt es selbst für Facharbeiter nur selten. Die Lehrlinge der Firma haben ein Faltblatt entwickelt, das die Möglichkeiten zeigt und an den Schulen ausgelegt wurde. Viele Firmen fahren zu Ausbildungsmessen und melden die Stellen der Arbeitsagentur. Übernahmegarantien gibt es sowieso in den meisten Unternehmen, da die Firmen Fachkräfte halten wollen. Denn die sind ebenfalls schwer zu bekommen.

Bei Heike Schmidt ist das gelungen. Sie will nach ihrer Lehre bleiben und wird dann eine von zwei Frauen in der Fertigung sein. Doch das ist für die ehemalige Sohlanderin, die eine Lehre in der Autowerkstatt abgebrochen hat, kein Hinderungsgrund. „Ich fühl mich wohl hier“, sagt sie.