Merken

Wenn der Frosch den Schlaf raubt

Entschlammung und Barrieren halten die quakenden Tiere nicht vom Kleinthiemiger Löschteich fern. Die Anwohner nervt’s.

Teilen
Folgen
© SZ

Von Manfred Müller

Der kleine, kaum 200 Quadratmeter große Feuerlöschteich hat Kleinthiemig bei Großenhain deutschlandweit bekannt gemacht. Vergangenes Jahr streunten die Kamerateams nur so um das Gewässer herum – und auch Anfang der Woche wurde schon wieder ein MDR-Filmer gesichtet. Verantwortlich dafür ist der Grüne Teichfrosch, der mit seinem lauten Gequake vielen Anwohnern den Schlaf raubt. Hunderte der Tiere sollen im Teich hausen und Lautstärken bis zu 126 Dezibel produzieren (die SZ berichtete).

Die Beschwerden der Dorfbewohner führten dazu, dass die Stadt Großenhain die bereits geplante Sanierung des Löschteiches vorgezogen hat. Im Herbst vergangenen Jahres wurde das Gewässer entschlammt, das Schilf entfernt, eine Frosch-Barriere aus Betonsteinen errichtet und eine Einzäunung gebaut. Damit hoffte man, die Laichmöglichkeiten einzuschränken und die Zahl der lärmenden Teichfrösche auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. Allein die Frösche spielten nicht mit.

„So um die 60, 70 Tiere sind schon wieder da“, sagt Großenhains Ordnungsamtsleiter Matthias Schmieder. „Sie wandern wahrscheinlich über den Teichablauf ein, und wir können kaum etwas dagegen tun.“ Die einzige Möglichkeit bestehe darin, ein ziemlich engmaschiges Netz zu installieren. Dort aber würde sich bei Starkregen Schwemmgut aus dem Teich verfangen, der Ablauf wäre blockiert, und das Wasser könnte die umliegenden Grundstücke überfluten. Das will natürlich niemand. Möglicherweise sind auch nicht alle Frösche eingewandert. Einige könnten die Entschlammung überstanden haben, denn der Teichgrund wurde nicht betoniert.

Auch die 25 bis 35 Zentimeter hohe Barriere ist für einen Teichfrosch eher kein Hindernis – die Tiere können mühelos bis zu einen halben Meter hochspringen. „Wir können den Teich aber schließlich nicht komplett einmauern“, sagt Matthias Schmieder ein wenig ratlos. Kapituliert die Stadt also vor den Lurchen? „Die Frösche kapitulieren jedenfalls nicht vor uns“, sagt Großenhains Ordnungsamts-Chef schmunzelnd.

Für Anwohner Maik Küseling hat die Teichsanierung zumindest ein wenig Erleichterung gebracht. „Sie quaken zwar immer noch so laut wie voriges Jahr, aber nicht mehr ganz so oft und weniger ausdauernd“, sagt er. Küseling hatte mit seiner Beschwerde die Teichsanierung ins Rollen gebracht und will nun nicht gleich wieder alles infrage stellen. „An den glatten Betonwänden haftet der Laich nicht so gut – vielleicht gibt es dadurch mit der Zeit weniger Nachwuchs“, hofft er.

Außerdem hielten sich jetzt dauerhaft ein paar Enten hier auf, die hoffentlich ein paar Froscheier fressen – als natürliche Regulation sozusagen. Dem Kleinthiemiger wird der Rummel um die Froschplage ohnehin langsam zu viel. Er sei deswegen in den sozialen Medien beschimpft und bedroht worden. Militante Tierschützer und allerlei andere Leute hätten versucht, ihren Frust an ihm auszulassen.

Es ist jedoch nicht so, dass alle Teich-Anlieger mit den Fröschen hadern. Es gibt auch gleichmütige Reaktionen. Das sei eben die Natur, sagt einer der Anwohner. Er könne bei den monotonen Froschgesängen wunderbar einschlafen. Und das, obwohl sein Schlafzimmerfenster genau zum Löschteich zeige.

Auch Ortsvorsteher Jens Noack sieht die Sache eher gelassen. Auf dem Dorfe müsse man mit so etwas leben. Das sei genauso wie mit dem Krähen der Hähne oder dem Muhen der Kühe.

Aber laut ist es tatsächlich – wahrscheinlich durch die schiere Anzahl der Tiere. Als allerletzte Möglichkeit hat die Stadt den geplagten Anwohnern deshalb angeboten, den Teich mit einem Netz abzufischen. Oder besser gesagt abzufroschen. Er habe sich bei der Naturschutzbehörde erkundigt, sagt Matthias Schmieder. Die stünde dem Vorschlag offen gegenüber, sofern die Frösche in einer geeigneten Umgebung wieder ausgesetzt werden.

Ob man mit dem Netz aber alle Tiere erwischt, ist die große Frage. Sie seien ziemlich beweglich und ausgesprochen clever, so Schmieder. Und ob eine solche Aktion die vermehrungsfreudigen Amphibien dauerhaft vom Teich fernhält, könne ebenfalls bezweifelt werden.

Auf jeden Fall ist „Pelophylax esculentus“ in Deutschland besonders geschützt – nur der Storch darf ihm nach dem Leben trachten. Sollte die Fangaktion scheitern, müssen die Kleinthiemiger mit dem lauten Quaken leben – ob es ihnen nun den Schlaf raubt oder nicht.