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Wegen Urkundenfälschung entlassen

Die Gemeinde Großweitzschen hat der Hauptamtsleiterin fristlos gekündigt. Sie schweigt zu den Vorwürfen.

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© Peter Steffen/dpa

Von Maria Fricke

Chemnitz/Döbeln. Ihr Stuhl blieb am Dienstag während der Verhandlung im Amtsgericht Döbeln leer. Cornelia Weichold, die ehemalige Hauptamtsleiterin der Gemeinde Großweitzschen, war zum Kammertermin vor dem Chemnitzer Arbeitsgericht nicht erschienen. Sie war dem Rat ihres Arztes gefolgt, nicht zur Verhandlung zu kommen, um ihren gesundheitlichen Zustand nicht weiter zu verschlimmern. Eine entsprechende Bescheinigung lag dem vorsitzenden Richter der Kammer, Burkhard Houbertz, vor. Dabei wäre gerade am Dienstag die Aussage der Verwaltungsmitarbeiterin wichtig gewesen, so Houbertz, zugleich Direktor des Chemnitzer Arbeitsgerichtes.

Vertrauensverhältnis gestört

Vorgeworfen wird der ehemaligen Hauptamtsleiterin unter anderem Urkundenfälschung in mehreren Fällen. Jörg Burkert (FW), erster stellvertretender Bürgermeister in der Gemeinde, berichtete, dass in der Personalakte der Mitarbeiterin zunächst ein gefälschtes Abschlusszeugnis zur Verwaltungsfachwirtin gefunden wurde. Dies habe eine Prüfung des Zeugnisses durch das Leipziger Regierungspräsidium ergeben. Daraufhin habe sich die Verwaltung weitere Zeugnisse Weicholds angeschaut und auch ein Zeugnis zur Diplom-Betriebswirtin aus dem Jahr 2001 überprüfen lassen. „Auch das ist gefälscht und wir haben Anzeige erstattet“, informierte Jörg Burkert. Er und Sven Krawczyk (CDU), zweiter stellvertretender Bürgermeister, leiten derzeit die Geschicke in der Kommune, da Bürgermeister Ulrich Fleischer (parteilos) seit Mitte August krankgeschrieben ist.

Das Vertrauensverhältnis zwischen der Kommune und der Arbeitnehmerin sei gestört, bilanzierte Rechtsanwalt Stephan Wagner von der Kanzlei Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der die Verwaltung vor dem Gericht vertreten hat. Von einer gütlichen Einigung mit der Klägerin sähe die Gemeinde daher ab. Es sei denn, die Klägerin ziehe ihre Klage zurück, meinte Stephan Wagner.

Wie genau die Bescheinigung Weicholds auf Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten von der Agentur für Arbeit Oschatz zu beurteilen ist, blieb vor Gericht unklar. Weitere Schreiben, die der Bescheinigung zugrunde liegen müssten, fehlten in den Unterlagen seiner Mandantin, sagte Rechtsanwalt Forberger. „Sie hat die Bescheinigung im Oktober 2003 im Zuge der Beantragung einer Unfallrente erhalten“, erklärte der Jurist. Es fehlten jedoch Angaben zum Grad sowie der Art der Beeinträchtigung. Aufgrund der Bescheinigung war es jedoch notwendig, im Zuge der Kündigung das Integrationsamt des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen mit ins Boot zu holen. Schwerpunkt der Tätigkeit dieses Amtes sind die Bemühungen um Eingliederung von schwerbehinderten Menschen und diesen gleichgestellten behinderten Menschen ins Arbeitsleben.

Insgesamt drei Mal hatte die Gemeindeverwaltung der ehemaligen Hauptamtsleiterin gekündigt. Die erste fristlose Kündigung erreichte Weichold am 26. September, die zweite ging ihr am 6. Oktober zu, noch ohne Kenntnis vom Gleichstellungs-Status der Mitarbeiterin. Die dritte erreichte Weichold am 26. Oktober, mit Zustimmung durch das Integrationsamt. Im ersten Anlauf gab die Verwaltung als Begründung für den Rauswurf „seelische Grausamkeiten sowie Mobbing“ vonseiten Weicholds an. Für Richter Houbertz nur sehr schwammige Gründe, denn Mobbing sei ein weit gefasster Begriff. „Was ist bei den Betroffenen darunter zu verstehen? Wie hat sich die Klägerin wann, zu welchen Mitarbeiter verhalten?“, fragte Houbertz.

Die Kündigung vom 6. Oktober ging auf die Mobbingvorwürfe sowie die Äußerung „Sauhaufen“ von Cornelia Weichold zurück. Hier bleib jedoch unklar, auf wen sich genau diese Bezeichnung beziehe: Die Gemeinde? Die Verwaltung? Bestimmte Bereiche der Verwaltung? „Es ist schwer, zu sagen, ob man nur aufgrund dieser Formulierung eine Mitarbeiterin fristlos kündigen kann, die seit 1989 angestellt ist“, stellte der vorsitzende Richter in Frage. Ohnehin müssten für eine fristlose Kündigung nach so vielen Beschäftigungsjahren schwerwiegende Gründe vorliegen. Die ersten zwei Kündigungen konnten daher vor dem Arbeitsgericht nicht standhalten. Dafür jedoch die dritte.

Begründet wurde diese mit dem Vorwurf der vermeintlichen Urkundenfälschung, die zwischen dem 6. und 26. Oktober aufgedeckt worden ist. Nachdem Richter Houbertz davon hörte, sprach auch er von „nicht unerheblichen Vorgängen“ in der Gemeindeverwaltung. Die Kammer am Arbeitsgericht bestätigte daher die Wirksamkeit der dritten, am 26. Oktober ausgesprochenen, fristlosen Kündigung. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses galt als unzumutbar für beide Seiten. Trotzdem trägt die Verwaltung 60 Prozent der Verfahrenskosten. Grund dafür seien die beiden unwirksamen Kündigungen, erklärte der vorsitzende Richter.

Gemeinde will neu starten

Jörg Burkert und Sven Krawczyk fiel nach der Verkündung des Urteils ein Stein vom Herzen. „Jetzt können wir neu anfangen, das Alte hinter uns lassen und mit neuen Visionen nach vorn blicken“, meinte Krawczyk. Noch am Abend sollten die Gemeinderäte über die Neuigkeit informiert werden. Erfreuliche Nachrichten gab es auch in Bezug auf die ausgeschriebenen Stellen in der Verwaltung: „Bei uns sind einige Bewerbungen für das Bauamt und das Hauptamt eingegangen“, so Jörg Burkert.

Cornelia Weichhold hat zum 1. April 1989 als Sachbearbeiterin in der Gemeinde angefangen. Zum 1. August 2014 ist sie ins Hauptamt gewechselt, weil ihre Vorgängerin in den Ruhestand gegangen war. Bedingung für den Wechsel war, dass Weichold einen Abschluss als Verwaltungsfachwirtin ablegt, um so als einzige Mitarbeiterin des gehobenen Dienstes in der Verwaltung tätig zu sein, wie einst ihre Vorgängerin. Die Urkundenfälschungen sind zur Anzeige gebracht worden, ebenso das „Mobbing sowie die seelischen Grausamkeiten“.