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Das Geschäft mit der Lust

Der Besitzer des Riesaer Hotels Saxonia schlägt eine ungewöhnliche Nachnutzung vor – und hat sich mit seiner Idee eines Swingerclubs schon im Rathaus gemeldet.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Ein Sichtschutzzaun steht bereits um das zuletzt als Asylheim genutzte Hotel Saxonia. Den könnte der künftige Betreiber auch brauchen – vorausgesetzt, Hausbesitzer Paul Kugler macht ernst mit seiner Ankündigung, im Gebäude am Riesaer Bahnhof einen Swingerclub einzurichten. Gäste solcher Etablissements schätzen Diskretion. Eine neue Nutzung jedenfalls ist nötig: Denn die Asylbewerber ziehen gerade aus, weil der Landkreis keinen weiteren Bedarf für das Objekt hat.

So einen Swingerclub wie in Nossen hat der Besitzer des Riesaer Hotels Saxonia jetzt für sein Objekt vorgeschlagen – dort ziehen gerade die Asylbewerber aus. Das Saxonia wäre dann die dritte derartige Einrichtung im Landkreis Meißen.
So einen Swingerclub wie in Nossen hat der Besitzer des Riesaer Hotels Saxonia jetzt für sein Objekt vorgeschlagen – dort ziehen gerade die Asylbewerber aus. Das Saxonia wäre dann die dritte derartige Einrichtung im Landkreis Meißen. © Lutz Weidler

Für ein zusätzliches Hotel gibt es in Riesa kaum Nachfrage – hat doch gerade erst der Sachsenhof dichtgemacht. Eigentümer Paul Kugler könnte sich gut vorstellen, dass die Stadt das Gebäude als Obdachlosenheim brauchen könnte oder die Elblandschwestern als Pflegeeinrichtung. Und wenn beide abwinken, bliebe als dritte Variante eben ein Swingerclub übrig – eine Einrichtung für das Ausleben von sexuellen Vorlieben wie Gruppensex oder Partnertausch. Dafür würde Kugler, der in seiner Heimatstadt Moers (NRW) schon zwei ähnliche Objekte besitzt, einen Betreiber suchen. Das wäre nach SZ-Informationen wohl die dritte entsprechende Einrichtung im Landkreis: In Radebeul beschäftigte sich das Rathaus schon vor mehr als 15 Jahren mit einem Swingerclub: Damals wollte die Stadtverwaltung die ursprünglich als „Pensionsbetrieb“ angemeldete Einrichtung schließen lassen: Schließlich seien Vergnügungsstätten in reinen Wohngebieten nicht zuständig.

120 Euro Eintrittspreis

Dieses Problem hätte ein Swingerclub-Betreiber im Riesaer Saxonia nicht. Und auch das Radebeuler „Ollywood“ besteht bis heute: Im Internet werden für diese Woche etwa Massagen am Mittwoch und eine Flotte-Dreier-Party mit DJ am Freitag beworben. Das Geschäft mit dem Vergnügen scheint zu boomen: Deutschlandweit soll es mittlerweile mehr als 300 Swingerclubs geben. In Sachsen verzeichnen einschlägige Internet-Portale 19 Einrichtungen. Weil die in aller Regel stärker von Männern als von Frauen besucht werden, gelten dort stark unterschiedliche Eintrittspreise: Im Radebeuler Ollywood müssen Frauen zu den üblichen Veranstaltungen zwölf Euro zahlen, Männer dagegen 94 Euro. Paare kommen für 64 Euro rein. In der Nossener „Villa Barococo“ ist das ähnlich – dort zahlen Frauen am Wochenende 25 Euro, Herren 120 Euro, Paare 90 Euro.

Für das Geld ist Essen und Trinken in aller Regel mit drin. Denn Sex gegen Geld sollte es im Swingerclub nicht geben: Das ist der Unterschied zur Prostitution, die in einer Stadt von der Größe Riesas auch gar nicht genehmigungsfähig wäre. Was hätte die Stadt überhaupt von einem Swingerclub? Einerseits Gewerbesteuern. Andererseits zieht solch eine Einrichtung auch überregional Gäste an: Wie Barococo-Chef Wolfgang Glage schon vor Jahren der SZ erzählte, würden die Gäste seiner Villa aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland nach Nossen anreisen – vom Herzchirurgen bis zur Hausfrau. Selbst ein Ministerpräsident sei bei ihm schon zu Gast gewesen, warb der gebürtige Nossener 2012, als er die Öffentlichkeit zu einem Tag der offenen Tür in seinen Swingerclub einlud. Glage hatte deshalb gar vor, einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Grundstück einzurichten, war damit aber bei den Behörden gescheitert.

Egal, was man von Gruppensex, Partnertausch oder Fesselspielen im Keller hält: Auch die Region profitiere von seinem Angebot. Ein regionaler Wäschedienst kümmere sich um die schmutzige Wäsche, regionale Fleischer liefern für das Buffet, Handwerker erhalten Aufträge. Da viele Gäste – schon aus Gründen der Diskretion – von weiter anreisen, könnten auch noch ein paar Hotelübernachtungen für die Region abfallen. Laut Glage würden Gruppen aus der Szene die Anreise nach Nossen auch für Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten im Elbland nutzen, etwa der Meißner Albrechtsburg.

Ob das Hotel Saxonia auch so attraktiv wie die Nossener Villa Barococo werden könnte, steht auf einem anderen Blatt: Diskret ist die Lage am Riesaer Bahnhof nun gerade nicht – Sichtschutzwand hin oder her. Immerhin: „Der Hauseigentümer hat um einen Gesprächstermin beim OB gebeten“, sagt Rathaus-Sprecher Uwe Päsler. Ein Termin werde sich finden lassen.