Merken

Warum Integration so schwierig ist

Viele Asylbewerber würden gern Deutsch lernen und arbeiten gehen. Doch die Hürden sind hoch.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Jana Ulbrich

Jack Murad hat einen Job! Eine Zeitarbeitsfirma hat den 42-jährigen Asylbewerber als Schlosser angestellt und in ein Maschinenbau- Unternehmen vermittelt. Der Mann aus Syrien ist damit ein großer Ausnahmefall. Von den 1 800 Asylbewerbern, die derzeit im Kreis Bautzen leben, gehen gerade 32 einer genehmigten Beschäftigung nach. Dabei würden viele andere ebenfalls gern arbeiten. Doch von allen, die eine „Arbeitserlaubnis“ beantragen, bekommen weit über 80 Prozent einen Ablehnungsbescheid. Woran liegt das? Und warum ist es überhaupt so schwer, Asylbewerber in das Leben außerhalb ihrer Heime zu integrieren?

1. Hürde: Fehlende Sprachkenntnisse

Das ist das Hauptproblem. Asylbewerber, die noch keine Anerkennung erhalten haben, haben offiziell auch keinerlei Anspruch auf Sprach- oder Integrationskurse. Das betrifft so gut wie alle Menschen in den Heimen des Landkreises. Für eine Sprachausbildung stehen hier weder Mittel noch Personal zur Verfügung. Nur für Kinder, die der Schulpflicht unterliegen, ist das geregelt. Ihre Eltern sind davon ausgeschlossen. „Wir halten das für ein großes Problem“, sagt der Leiter des Ausländeramts, Lars Eibisch. „Denn Sprache ist die erste uns wichtigste Voraussetzung für eine Integration.

2. Hürde: Strapaziertes Ehrenamt

Sämtliche Deutsch-Kurse für Asylbewerber können gegenwärtig nur über unentgeltliches ehrenamtliches Engagement laufen. Lediglich die Sachkosten für Unterrichtsmaterialien kann der Landkreis übernehmen. „Die viele ehrenamtliche Arbeit ist nicht hoch genug zu würdigen“, sagt Lars Eibisch. Aber mit steigenden Asylbewerberzahlen wird die Absicherung des Unterrichts für die freiwilligen Lehrer auch zum personellen Problem. Die Kapazitäten der freiwilligen Helfer sind oft schon überstrapaziert und irgendwann auch endlich.

3. Hürde: Fehlende Motivation

Weil das Erlernen der Sprache für Asylbewerber keine Pflicht ist und der ehrenamtliche Deutsch-Unterricht nur auf freiwilliger Basis funktioniert, fehlt einigen Asylbewerbern offensichtlich auch die Motivation für eine regelmäßige Teilnahme an den angebotenen Unterrichtsstunden.

4. Hürde: Amtliche Vorrangprüfung

Theoretisch dürfen Asylbewerber eine Arbeit aufnehmen, nachdem sie mindestens drei Monate lang in Sachsen gemeldet sind, selbst wenn ihre Asylverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind. Praktisch aber ist das fast aussichtslos. Denn vor dem Zugang zum Arbeitsmarkt steht die sogenannte Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit. Ein Asylbewerber bekommt die Arbeit nur, wenn dafür kein Deutscher oder kein EU-Bürger zur Verfügung steht, die gegenüber Asylbewerbern einen Vorrang auf jeden angebotenen Arbeitsplatz haben. An dieser Regelung scheitern die meisten Ideen und Bemühungen, Asylbewerber in den Arbeitsprozess zu integrieren, bedauert Lars Eibisch.

5. Hürde: Bürokratische Regelungen

Das Ausländeramt bemüht sich gemeinsam mit Stadtverwaltungen, Heimbetreibern und engagierten Vereinen um die Integration von Asylbewerbern in stundenweise gemeinnützige Arbeit. Dem setzen arbeitsmarktrechtliche Regelungen aber Grenzen. So dürfen die Asylbewerber nur Arbeiten übernehmen, die gemeinnützig sind und nicht in den ersten Arbeitsmarkt eingreifen. Das müssen die Vereine auch nachweisen. Am unkompliziertesten ist es, wenn Asylbewerber in ihren Heimen beim Saubermachen oder der Gartenarbeit helfen oder als Dolmetscher arbeiten. Dafür bekommen sie einen Obolus von 1,05 Euro pro Stunde für maximal 20 Stunden im Monat. In den Heimen funktioniert das gut, schätzt der Leiter der Ausländerbehörde ein, außerhalb noch nicht. Das soll sich aber ändern: Der Verein „Valtenbergwichtel“ in Neukirch/Lausitz will jetzt zwei Asylbewerber ehrenamtlich beschäftigen. Die Resonanz auf die Stellenvergabe sei groß gewesen, sagt Christian Schäfer vom Verein. Das Vorhaben, das noch auf seine Genehmigung wartet, könnte ein Modellprojekt für den Landkreis werden.

6. Hürde: Wer kann eigentlich was?

Neben dem Hauptproblem der Sprachkenntnisse fehlt es auch an Kommunikation. Nur in den wenigsten Fällen ist der Ausländerbehörde bekannt, welchen Berufsabschluss oder welche Kenntnisse Asylbewerber mitbringen. Es wäre das Einfachste, den Ausbildungsstand in den Gesprächen zu den Asylverfahren mit abzufragen. Das geschieht aber nicht.Auf ein Wort