Merken

War ein wilder Wolf im Wildgehege?

Drei tote Mufflons in der Anlage in Moritzburg geben Rätsel auf. Die Untersuchungen laufen noch.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Sven Görner

Moritzburg. Sechs Wölfe leben im Wildgehege Moritzburg. Möglicherweise hatten diese jetzt nächtlichen Besuch von einem ihrer Artgenossen. Denn es gibt drei tote Wildschafe.

Die Muffelwild-Herde im Wildgehege Moritzburg wurde um drei Tiere dezimiert. Wer Schuld am Tod der Tiere ist, steht noch nicht fest. Doch es gibt einen Verdacht. Wollte ein Artgenosse die sechs Gehegewölfe besuchen und entdeckte dabei den für ihn reich ge
Die Muffelwild-Herde im Wildgehege Moritzburg wurde um drei Tiere dezimiert. Wer Schuld am Tod der Tiere ist, steht noch nicht fest. Doch es gibt einen Verdacht. Wollte ein Artgenosse die sechs Gehegewölfe besuchen und entdeckte dabei den für ihn reich ge © Sven Görner

Als es vor ein paar Jahren Wolfsnachwuchs im Wildgehege Moritzburg gab, stellten sich Fachleute auch die Frage, welchen Einfluss das auf die freilebenden Wölfe haben könnte, die auf der Suche nach neuen Revieren aus der Lausitz in Richtung Westen wandern. Die einen meinten, die vorbeiziehenden Tiere würden eher einen Bogen um das Gehege machen. Andere vermuteten, dass die Einzeltiere von den Artgenossen angezogen werden könnten.

Rüdiger Juffa, der Leiter der zum Staatsbetrieb Sachsenforst gehörenden Einrichtung, hatte in den vergangenen Jahren immer mal wieder beobachtet, wie die Gehegewölfe offenbar mit vorbeiziehenden Tieren kommunizierten. Belege dafür, dass sich Wölfe dauerhaft im Moritzburger Wald aufhalten, gibt es indes nicht. Aufgrund der starken Nutzung durch Wanderer, Jogger, Radfahrer und Kutschen halten Experten eine Ansiedlung für unwahrscheinlich.

Doch zumindest auf die Frage, wie die wandernden Tiere auf die Wölfe im Gehege reagieren, könnte es jetzt neue Erkenntnisse geben. Denn wie die SZ erfahren hat und vom amtierenden Leiter der Einrichtung, Roland Ennersch, bestätigt bekam, wurden bereits vor einer Woche drei tote Wildschafe in ihrem Gehege gefunden. Bei einem der Tiere waren die Hinterbeine angefressen, von einem anderen fast nur noch das Skelett übrig. „Als die Kadaver bei der morgendlichen Futterrunde von den Pflegern gefunden wurden, hatten sich schon jede Menge Kolkraben über diese hergemacht.“ Die streng geschützten Vögel haben sich in großer Zahl im Wildgehege angesiedelt.

„Was den Tod der Tiere verursacht hat, war so nur schwer zu erkennen“, ergänzt Roland Ennersch. „Es könnte ein Wolf, ein Fuchs oder ein wildernder Hund gewesen sein.“ Auch Parasiten kämen infrage. Und noch ein Verdacht sei nicht auszuschließen gewesen. Der Forstmann erinnert an das gewaltsame Ende des Weißen-Rotwild-Hirschs, der von Unbekannten mit einer Armbrust beschossen und enthauptet worden war. Zumindest in dieser Richtung hätten sich aber keine Hinweise gefunden.

Wie bei vermuteten Wolfsrissen üblich, verständigte das Wildgehege die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Meißen. Daraufhin habe sich Torsten Peters, der Wolfsbeauftragte des Landkreises Meißen, auf den Weg nach Moritzburg gemacht. „Er hat das tote Muffelwild begutachtet und sich auch die Umgebung angesehen“, so Roland Ennersch. Allerdings mit wenig Erfolg. Denn während bei dem zeitnahen vermutlichen Wolfsriss in Ebersbach in der feuchten Erde ein deutlicher acht Zentimeter großer Pfotenabdruck zurückgeblieben war, machte der dichte Laubteppich Ähnliches in Moritzburg unmöglich. „Herr Peters hat sich zu dem Vorfall nicht eindeutig geäußert“ sagt der Forstmann.

Von der Pressestelle des Landratsamtes Meißen gab es auf SZ-Nachfrage am Freitag eine sehr schnelle, aber auch kurze Antwort. „Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass es ein Wolf gewesen ist. Es lässt sich leider nicht klären, wie lange die toten Tiere in dem großen Gehege gelegen haben.“

Wenn es auch keine unmittelbaren Hinweise gibt, dass ein Wolf die drei im Frühjahr geborenen Wildschafe getötet hat, so gibt es doch durchaus Spuren, die darauf hindeuten, dass ein Tier von außen in das Wildgehege eingedrungen ist oder es versucht hat. So wurden am Zaun in der Nähe des Blauen Tores Fellhaare gefunden, die ein Tier offenbar beim Sich-darunter-Hindurchzwängen verloren hat.

Wer sich die Zeit nimmt, sich den Außenbereich neben der Wolfsanlage genauer anzusehen, kann dort eine interessante Entdeckung machen. Auch an dem Holztor in der Außenmauer direkt am Tierarzthaus hat ein Tier versucht, hindurchzukommen. Das könnte auch ein Hund gewesen sein. Allerdings fällt auf, dass die dicke Holzbohle offenbar mit den Zähnen bearbeitet worden ist. Schließlich sind an dem rauen Holz viele graue Fellhaare zu finden.

Wie Roland Ennersch sagt, wurden die Tierkadaver in die Landesuntersuchungsanstalt nach Dresden gebracht. „Leider haben wir noch kein Ergebnis.“ Und auch die gefundenen Fellhaare wurden sichergestellt.

Sollte es tatsächlich ein Wolf gewesen sein, muss damit gerechnet werden, dass er zu der für ihn leichten Beute zurückkehrt. „Wir haben daher erst einmal normales Deo-Spray geholt und dieses großflächig am Zaun versprüht, um durch den ungewohnten und intensiven Duft möglicherweise eine Barriere zu schaffen“, sagt Roland Ennersch. Zudem seien an mehreren Stellen Lappen an Stricken aufgehängt worden. Deren Bewegung soll möglichen Wolfsbesuch verunsichern.

Um Klarheit zu haben, wer da nachts im Wildgehege unterwegs ist, wurden zudem mehrere Wildkameras angebracht. „Diese haben aber bisher aber noch keine Fotos geliefert.“