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Wachauer mit Zwei-Takt-Herz

Der Trabant 601 steht wieder hoch im Kurs. Jens Börner aus Wachau hat für das Kult-Auto so manches zu bieten.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Wachau/Ottendorf-Okrilla. Rödertaler hocken seltener vor ihren Fernsehern, als die Bewohner anderer Regionen. Viele von ihnen scheinen Benzin im Blut zu haben – und deshalb investieren sie eine Menge Freizeit in Oldtimer. Der Ottendorfer Teichhauswirt Eckhart Proschmann ist zum Beispiel einer dieser Fans alter Autos. Kürzlich konnte er auf die Fertigstellung seines originalgetreu wieder aufgebauten Trabant-Kübelwagens aus DDR-Zeiten anstoßen. Als der Trabi in Zwickau vom Band lief, hatte der heutige Wirt gerade seine Lehre als Kraftfahrzeug-Schlosser absolviert. Später setzte sich allerdings die Liebe zur Gastronomie durch und er wurde Gastwirt. Sein Schlosserberuf bekam nun Hobbystatus.

Zweitaktmotoren haben es ihm besonders angetan. 2015 hatte er schon sein Motorrad vom Typ ES 150 erneuert. Aber schon damals stand auch der Kübeltrabi auf dem Hof. Und dass dieser besondere Zweitakter nun wieder runderneuert funkelt, hat Eckhart Proschmann dabei auch einem Mann aus dem benachbarten Wachau zu verdanken, verrät er. „Ich hatte Riesenglück“, sagt er. Denn in Wachau gibt es eine Menge alter Trabis; gesammelt hat sie Kfz-Meister Peter Fred. 1965 hatte er seine Werkstatt in Wachau eröffnet – und führte sie bis zu seinem Tod im Jahre 2014.

Der Einmannbetrieb war schon zu DDR-Zeiten schnell zum Geheimtipp für Trabi-Fahrer geworden. Wer nicht monatelang auf einen Durchsichttermin warten wollte, kam zu Peter Fred. Heute führt sein Sohn Jens Börner den Betrieb weiter. „Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich hier ein und ausgegangen“, denkt er zurück. Später bekam er dann auch erste kleinere Aufgaben. Einzige Vorbedingung: Er musste seine Schularbeiten erledigt haben. Peter Fred spürte die Begabung seines Sohnes. „Meinem Vater ging es darum, meinen Ehrgeiz früh zu wecken“, weiß der Wachauer. Und mit elf Jahren führte er seinem Vater dann einen Trabi-Motor vor, den er selbst generalüberholt hatte. Peter Fred staunte nicht schlecht.

Und doch, der Vater freute sich, dass der Junge – trotz aller Liebe zum Kfz-Handwerk – bei Robotron Radeberg Elektroniker wurde. Peter Fred glaubte nämlich kurz vor der Wende längst nicht mehr an die Zukunft der Trabis. Der Wachauer vermutete schon damals, dass das elektronische Zeitalter der Fahrzeuge einen kolossalen Wandel im Fahrzeugbau mit sich bringen würde. Nach der Wende erfüllten sich seine Prophezeiungen. Dennoch: Der gute alte Trabi überlebte. In so mancher privaten Garage wurde gebaut und generalüberholt.

Und wer seinen Trabi nicht im Mahlwerk eines Schrotthändlers sehen konnte, der kam zu Peter Fred nach Wachau. Er bot den Trabis sozusagen ein Reservat. In Original-Einzelteile zerlegt und sauber aufgearbeitet wollte Peter Fred sie bewahren. „ Die Halter können bei Westautos kaum noch etwas selbst reparieren, Scheinwerferwechsel oder der Austausch von Keilriemenwechsel gehörte aber zum kleinen Einmaleins der DDR-Fahrkultur“, war der Wachauer überzeugt, dass die Renaisance des Trabis kommen würde. Und er lag wieder richtig.

Allerdings konnte er das nicht mehr erleben. Er wurde krank. Und er wünschte sich, dass sein Sohn diese Idee weiterverführt. Jens Börner brauchte aber zunächst Zeit, um den frühen Tod des Vaters zu verarbeiten –  dann prüfte er aber doch, ob sich die Vorstellungen tatsächlich realisieren lassen. Und er begann, seinen Weg zu gehen.

Längst hat sich unter den zahlreichen „Bastlern“ in der Region herumgesprochen, dass sehr gut aufgearbeitete Original-Ersatzteile besser sind, als ausländische Nachbauten. Pedantisch werden Bremstrommeln und Bremsbacken, Zylinderköpfe, Kolben und Kolbenringe gereinigt. Bei kleinsten Abnutzungen werden sie gegen erneuerte Originalteile ausgetauscht. Dann kommen die Karosserien, Lampen, Chrom- und Lackteile an die Reihe. Die Innenausstattung ist zuletzt dran, bevor die Trabis sich das TÜV-Siegel holen.

Und ohne diese akribische Arbeit Jens Börners, hätte auch Teichhaus-Wirt Eckhart Proschmann seinen Trabi-Traum nicht verwirklichen können“, sagt er.