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Von der CDU-Spitze zum MDR-Chefkontrolleur

Der frühere Fraktionsvorsitzende und Ex-Minister Steffen Flath ist nun für die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk maßgeblich mitverantwortlich.

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© Ronald Bonß

Gunnar Saft

Leipzig. Dieser Wahlvorschlag war im Vorfeld umstritten wie selten zuvor eine andere Personalie im Mediengeschäft. Doch die Entscheidung über den früheren CDU-Spitzenpolitiker Steffen Flath, der bis Sommer 2014 einer der wichtigsten politischen Akteure im Freistaat war, fiel am Ende recht eindeutig aus: 26 Mitglieder des MDR-Rundfunkrates stimmten am Dienstag dafür, den 58-Jährigen zum neuen Vorsitzenden des einflussreichen Kontrollgremiums zu berufen, welches über die Arbeit und den Wirtschaftsplan des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Aufsicht führt. Nur 16 Rundfunkräte stimmten dagegen und eine Stimme blieb ungültig.

Der Entscheidung ging eine sehr turbulente Gremiensitzung voraus, die die Nerven und die Geduld aller Anwesenden lange strapazierte und sogar eine Auszeit notwendig machte. Der Grund für die schon seit Tagen andauernde Aufregung lag auf der Hand, seitdem die sächsische Landesgruppe des Rundfunkrates, welche das aktuelle Vorschlagsrecht für den Chefposten innehat, Flaths Namen das erste Mal offiziell ins Spiel brachte. Gerade mit ihm, so wetterten Kritiker aus vielen Lagern sofort unisono, könne doch niemals gelingen, was im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überfällig sei: Das Zurückdrängen des Einflusses der Politik auf die Arbeit der Sender und damit mehr Staatsferne. Genau wie es zuletzt auch ein vielbeachtetes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gefordert hat.

Verdächtige Verzögerungen

Bei dem heiklen Punkt bietet die Vita von Steffen Flath tatsächlich Angriffsflächen. Der Christdemokrat, der die Vorwürfe, ein besonders strenger Konservativer zu sein, lächelnd und mit Stolz annimmt, prägte die CDU-Politik in Sachsen lange entscheidend mit: Als Generalsekretär, als Umwelt- und Kultusminister und zuletzt als Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Flath war und ist auch heute nicht irgendwer, wenn es um die politische Meinungsbildung im Freistaat und in Deutschland geht. Auch ohne hohe Parteiposten gilt der Mann aus dem Erzgebirge, der zuletzt unter anderem für die Konrad-Adenauer-Stiftung unterwegs war, weiterhin als bestens vernetzt. Ein Umstand, der sich auf seine künftige Arbeit als Medien-Chefkontrolleur eher ungünstig für die Entwicklung unabhängiger Sender auswirken könnte, befürchten nun vor allem Linkspartei und Grüne. „Flath ist eine Hypothek für den MDR“, erklärte nach dessen Wahl der Linksabgeordnete Falk Neubert, der selbst Mitglied im Rundfunkrat ist. Und weil es dort mit Erhard Weimann nun auch einen neuen Landesgruppen-Chef mit CDU-Parteibuch gibt, ist Neubert mehr denn je überzeugt, dass es deutschlandweit kein anderes Kontrollgremium gibt, welches so „stramm regierungsnah“ besetzt ist wie das vom MDR.

Tatsächlich hat der MDR-Rundfunkrat, dem zurzeit 43 Mitglieder aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen angehören, etliche Möglichkeiten, gezielt einzugreifen. So gehört neben der Kontrolle des Programmauftrags auch die Wahl der Intendanten und Direktoren zu seinen Aufgaben. Im Fall des aktuellen Gremiums, welches nun unter neuer Führung steht, kommt außerdem etwas Wichtiges hinzu. So wird ausgerechnet Neuling Steffen Flath bald noch mehr und noch einflussreichere Aufgaben im System der öffentlich-rechtlichen Medien übernehmen. Zusammen mit seinem neuen Amt beim MDR fällt ihm ab 2016 turnusmäßig auch der Chefposten in der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD zu. Damit steht Flath auf der ganz großen Bühne in diesem Bereich. Nicht wenige sehen darin den eigentlichen Grund, weshalb die aktuelle schwarz-rote Staatsregierung in Dresden seine Kür maßgeblich unterstützt haben soll – unter anderem durch gezielte Verzögerungen bei der anstehenden Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages, die im Sinne von mehr Staatsferne künftig neue Karenzzeiten für solche Wechsel von der Politik ins Mediengeschäft vorsieht.

Neben der sächsischen CDU hat sich an dem auffälligen Aufschub dieses Projektes dann bisher auch der Koalitionspartner SPD nicht gestört. Über die Gründe kann man seit gestern trefflich spekulieren. So kam bei der Postenvergabe im MDR-Rundfunkrat wieder der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Panter zum Zug. Er wurde als Chef des Haushaltsausschusses nominiert und ist damit nun ein Anwärter auf eben diese Aufgabe in der ARD-Gremienkonferenz.