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Vom Feldbett auf den Boden

Im Flüchtlingsheim in Rossau müssen die Flüchtlinge auf dem Fußboden schlafen, kritisiert der Flüchtlingsrat. Sie tun das freiwillig, sagen die Betroffenen.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Auf dem Fußboden sind dünne Decken ausgebreitet. Ein Feldbett steht am Rande des Zeltes, ein weiteres davor. Auf diesem liegen Kleidungsstücke und Taschen. Eine syrische Flüchtlingsfamilie gewährt einen Einblick in ihr Zelt, das in der ehemaligen Fabrikhalle in Rossau aufgebaut ist. Es ist das Erstverteilzentrum des Landkreises. Die Unterkunft stand zuletzt seitens des sächsischen Flüchtlingsrates in der Kritik: Die Situation in den Sanitäranlagen sei „katastrophal“, es stinke, es sei unerträglich heiß – und der Kreis stelle nicht für jeden Bewohner ein Feldbett zur Verfügung, weshalb die Flüchtlinge gezwungen seien, auf dem Fußboden zu schlafen.

Vor allem die Sache mit den Feldbetten stimmt so nicht. „Die Betten reichen, sie sind uns aber zu unbequem“, erzählt der syrische Vater, der mit seiner Frau und den fünf Kindern seit zwei Wochen in der Unterkunft lebt. „Außerdem wollen wir auf dem Boden schlafen“, ergänzt er. Mittlerweile hat sich die Familie mit der aktuellen Situation arrangiert. „Wir bleiben nur kurz hier. Die Mitarbeiter helfen. Uns geht es gut“, sagt der Vater. Heimleiter Uwe Meyer erzählt, dass diese Familie ein gutes Beispiel dafür sei, dass die Wogen durch miteinander Reden geglättet werden können: „Als sie bei ihrer Ankunft gesehen hat, dass sie in einer Halle untergebracht werden soll, weigerte sie sich, die Unterkunft zu betreten.“ Es habe mehrere Stunden gedauert und die Unterstützung der Polizei gebraucht, ehe die Syrer einlenkten, erzählt er. Solche Vorkommnisse seien aber die absolute Ausnahme.

Beim Rundgang durch die Unterkunft fällt auf: Die Klos sind keineswegs unzumutbar verdreckt. Vor den Duschen steht ein wenig Wasser. Doch die Betreiber haben schon erste Vorkehrungen für das Verlegen eines Rohres getroffen, um das Wasser noch besser ableiten zu können. Es riecht weder streng, noch ist die Luft stickig. Vereinzelt schwirren Fliegen durch die Luft – von einer Plage kann aber keineswegs die Rede sein. Dass die Toiletten ab und zu verschmutzt sind, streitet Heimleiter Meyer nicht ab. „Die meisten Verschmutzungen geschehen nachts, wenn der Reinigungsdienst nicht da ist. Er ist täglich acht Stunden vor Ort.“

Der Beschwerdebrief wurde von 37 Personen unterschrieben. Dieter Steinert, Leiter der Stabsstelle Asyl des Landkreises, sagt dazu: „Elf der Unterzeichner wohnten schon nicht mehr in Rossau. Und neun sind Kinder.“ Der Brief sei Stimmungsmache. Besonders verärgert ist er über die Art und Weise, wie dieser zustande gekommen ist: „Am 11. Juli habe ich eine Mail vom Flüchtlingsrat erhalten. Mir wurden vier Fragen gestellt – unter anderem zur Verweildauer der Asylbewerber. Bis zum 1. August hat man mir für die Beantwortung Zeit gegeben.“ Doch am Montag tauchte plötzlich der offene Brief auf.

Mark Gärtner vom Flüchtlingsrat erklärte auf Anfrage, er habe den Brief der Flüchtlinge entgegengenommen und sich selbst ein Bild von der Lage gemacht. Einen Kritikpunkt nimmt die Kreisverwaltung ernst: das Fehlen von abschließbaren Schränken. „Wir sagen ja nicht, dass hier alles perfekt läuft. Für konstruktive Kritik sind wir immer dankbar. Jetzt haben wir die Zeit und den Platz, um Schränke aufzustellen“, so Steinert. Von den 111 Flüchtlingen sei die Hälfte im Juli angekommen, und die übrigen – bis auf wenige Ausnahmen – im Juni. Die Flüchtlinge bleiben im Durchschnitt vier Wochen in Rossau.