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Vivienne will leben

Mit dem traurigen Schicksal eines 14-jährigen Mädchens aus Zwickau wird um neue Stammzell-Spender geworben.

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© DKMS

Von Sara Thiel und Henry Berndt

Es ist so wenig Zeit, die bleibt. Gerade hat Vivienne eine Chemotherapie hinter sich gebracht. Ihr Blut ist frei von Krebszellen. Doch das ist leider nur ein Zwischenstand. Der Behandlungsplan der Ärzte reicht noch einige Wochen in die Zukunft. Was dann passiert – keiner wagt es zu fragen, weil keiner eine Antwort darauf hören möchte.

Ihr Traum ist es noch immer, eines Tages Motorrad fahren zu können und ein ganz normales Leben leben zu können. Dafür muss die 14-Jährige nun erst einmal das Schicksal herausfordern.
Ihr Traum ist es noch immer, eines Tages Motorrad fahren zu können und ein ganz normales Leben leben zu können. Dafür muss die 14-Jährige nun erst einmal das Schicksal herausfordern. © DKMS

Vivienne ist 14. Eigentlich ein ganz normaler Teenager. Sportlich, begeisterungsfähig, beliebt. Sie hat im vergangenen Jahr den Knochenkrebs besiegt. Die ehemalige Leistungssportlerin hat nach vorn geblickt. Doch am 16. März erhielt sie eine neue Diagnose. Leukämie – Blutkrebs. Alle 16 Minuten bekommt in Deutschland ein Mensch diese Diagnose, darunter viele Kinder und Jugendliche.

Viviennes Krankheit schreitet schnell voran. Dennoch blickt sie weiter nach vorn. „Sie weiß, was mit ihr passieren kann“, sagt ihr Vater Frank Graff. „Aber in ihrer jugendlichen Art blendet sie das aus.“ Dem 43-Jährigen gelingt das nicht immer.

Vivienne braucht dringend einen Stammzellspender. Und weil unter den weltweit registrierten Freiwilligen kein geeigneter Kandidat zu finden war, soll nun einer aus der Masse gefunden werden, die sich noch nicht hat typisieren lassen. Geld wird gesammelt, Aufmerksamkeit geschafft. Möglichst viele sollen so dazu bewegt werden, die Eigenschaften ihrer Stammzellen bestimmen zu lassen. Am Sonnabend gibt es in Zwickau eine große Registrierungsaktion, organisiert von ihrer Familie, Freunden, Lehrern, Vereinskollegen gemeinsam mit der DKMS, der Deutsche Knochenmarkspenderdatei. Aber auch per Brief ist eine Registrierung jederzeit möglich (siehe Kasten). Wer gesund und zwischen 18 und 55 Jahre alt ist, kann sich als Spender aufnehmen lassen.

Immerhin ein Strohhalm

„Der ungebrochene Kampfgeist von Vivienne und ihrer Familie ist ein Vorbild für uns alle, deshalb haben wir uns entschieden, alles in unserer Macht stehende zu tun, um sie bei diesem schweren Kampf zu unterstützen“, sagt Maik Tautenhahn, Lehrer von Vivienne und Initiator der Aktion am Sonnabend. „Jeder sollte sich hinterfragen, wie er uns im Kampf gegen diese verheerende Krankheit unterstützen kann.“

Viviennes Vater ist froh über die Aktion. „Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt er. Aber es ist auch ein Strohhalm, an den sich die Familie klammern kann. „Nach ihrer Vorgeschichte wissen wir, dass es ohne Spender nicht geht.“

Vivienne kann nur überleben, wenn es einen Menschen mit nahezu den gleichen Gewebemerkmalen im Blut gibt, der zur Stammzellspende bereit ist. Doch wie findet man einen solchen Spender? Es kommt nur sehr selten vor, dass zwei Menschen nahezu identische Gewebemerkmale haben. Im günstigsten Fall liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1 zu 20 000, bei seltenen Gewebemerkmalen findet sich eventuell unter mehreren Millionen kein „genetischer Zwilling“. Die Suche ist aber auch deshalb so schwer, weil zu wenig Menschen als potenzielle Stammzellspender zur Verfügung stehen. Denn: Wer sich nicht freiwillig in eine Spenderdatei aufnehmen lässt, der kann auch nicht gefunden werden.

Frank Graff bewahrt Haltung. Doch er hat nicht immer die nötige Kraft. Auch das sagt er. Und ist froh, dass sich Bekannte für ihn nun in die Öffentlichkeit stellen und es ihm damit ermöglichen, einfach durchzuatmen.

Vivienne liebt Karate. Später möchte sie auch das Motorradfahren lernen. Vivienne will leben. So heißt auch die Hilfsaktion für die junge Zwickauerin. Auch eine gleichnamige Facebook-Seite wurde angelegt. Doch die Hilfsbereitschaft soll nicht nur sie erreichen. Wer einmal registriert ist, kann als Spender für jeden Leukämiekranken weltweit infrage kommen.

„Jeder kann ein Lebensretter sein“, sagt Thomas Staudt, Vereinskamerad von Vivienne. „Ich habe selbst eine 13-jährige Tochter, die schon mit Vivienne zusammen Karate trainiert hat. Beim letzten Wettkampf im Dezember haben sich die Kinder und wir Eltern getroffen und uns gefreut, dass es Vivienne wieder so gut geht. Nun hoffe ich, dass alle, die in der Lage sind, zu helfen, dies mit ihren Mitteln auch tun.“ (mit FP)