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Viel Ärger nach Waschbären-Post

CDU-Politikerin Daniela Kuge wehrt sich juristisch dagegen, wegen eines Kragens aus Pelz übel beschimpft zu werden.

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© hübschmann

Von Peter Anderson und Britta Veltzke

Meißen. Schockiert sei sie von den Facebook-Reaktion auf ein Bild mit Waschbär-Kragen gewesen. Das hat am Montag die Meißner CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge mitgeteilt. Zuvor sorgte ein Bild von ihr im Internet für Aufsehen, welches sie im Selfie-Modus mit Pelz zeigt. Dazu schrieb die 41-Jährige: „Waschbär erlegt und trägt sich klasse.“ Es folgte ein Shitstorm auf der Seite der Meißnerin. Hunderte Kommentatoren lieferten sich einen teils unter die Gürtellinie gehenden Schlagabtausch. Seit Sonntagnachmittag sind Selfie-Post und Facebook-Präsenz nicht mehr erreichbar.

Auch bei uns längst heimisch geworden: Diese Aufnahme zeigt einen Waschbären in der Lommatzscher Pflege.
Auch bei uns längst heimisch geworden: Diese Aufnahme zeigt einen Waschbären in der Lommatzscher Pflege. © Bernd Hartung

„Ich habe mir nicht vorstellen können, mit wie viel Hass selbst ernannte Tierfreunde um sich werfen“, so Daniela Kuge am Montag. Es habe auch ein paar wenige, sehr sachliche E-Mails von Tierschützern sowie sehr viel Zuspruch von Landwirten, Winzern und Jägern gegeben.

Die Christdemokratin hat den Pelz eigenen Angaben zufolge in einem regionalen Geschäft gekauft. Sie dürfe davon ausgehen, dass dieser unter den strengen deutschen Tierschutz-Richtlinien entstand. Der Kragen müsse nicht jedem gefallen. Aber das rechtfertige aus ihrer Sicht nicht die unzähligen verbalen Entgleisungen. Pöbeln, Beleidigen und Drohen seien keine Mittel des Tierschutzes, so die Abgeordnete. Sie kündigte an, gegen die übelsten Beschimpfungen Strafanzeigen zu erstatten.

Das Abschalten ihrer Facebook-Präsenz begründet die Christdemokratin mit dem überbordenden Strom von Hass-Einträgen. „Meine Seite dort dient zum Dialog mit den Meißner Bürgern“, so Daniela Kuge. Wenn die Präsenz aber aus ganz Deutschland von selbst ernannten Tierrettern verbal zugemüllt werde, sei Dialog nicht möglich.

In den 60er Jahren große Mode

Rückendeckung für ihren Kragen erhält die Parlamentarierin vom Deutschen Pelzinstitut, einer Aktionsgemeinschaft aller Verbände und Institutionen der Pelzwirtschaft. Geschäftsführerin Susanne Kolb-Wachtel verweist auf SZ-Anfrage darauf, dass Waschbären eingewandert und seit vielen Jahren zur Plage geworden sind. Ihren Angaben zufolge waren in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Waschbärmäntel sehr in Mode. „Leider ist das Fell für heutige Modewünsche zu schwer und wird nur noch als Kragenbesatz verwendet“, so Susanne Kolb-Wachtel. Gezüchtet würden Waschbären nicht, sondern geschossen.

Ganz anders sieht das der Landestierschutzverband Sachsen. Über ihn sind alle sächsischen Mitgliedsvereine des Deutschen Tierschutzbundes organisiert. „Wir halten den Kauf und die öffentliche Ausstellung eines Pelzes für untragbar, insbesondere dann, wenn es sich um eine Abgeordnete handelt, die eine Vorbildfunktion haben sollte“, so die Vorstandsvorsitzende Antje Schmidt, die als Tierpflegerin in Chemnitz arbeitet.

Die meisten Pelze, die an Kleidung verarbeitet werden, stammten von Tieren aus China und würden dort unter unvorstellbar schlechten Bedingungen gehalten. Es gebe in der Regel auch keine verbindlichen Vorgaben zum Töten der Tiere. Vielen Tieren werde noch bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren gezogen. „Von wo das Modehaus Margenberg in Riesa seine Pelze bezieht, ist anhand der Internetseite nicht ersichtlich“, antwortete die Landesvorsitzende Antje Schmidt der SZ.

Annett Margenberg, die Inhaberin des gleichnamigen Riesaer Modehauses und Kürschnerbetriebs, erklärt zur Herkunft des Pelzes, dass dieser von einem Großhändler stamme. „Wir fertigen aus Waschbärfellen ganz verschiedene Kleidungsstücke wie Mützen, Kragen oder Schals“, so die Unternehmerin. Ein großer Schalkragen aus Waschbärfell koste um die 250 Euro. Wie viele Felle von gezüchteten und wie viele von gejagten Tieren stammen, könne sie nicht sagen.

Die Schlammschlacht um das Kragenbild von Daniela Kuge könne sie nicht nachvollziehen, besonders, weil es sich bei dem betreffenden Kleidungsstück um einen Waschbärpelz handelt: „Die Tiere werden gejagt, weil es zu viele davon gibt. Ich empfinde es als Ressourcenverschwendung, die Felle wegzuwerfen.“

Jäger schießen massenhaft

Genau dieses Argument vom sich angeblich in Sachsen massiv vermehrenden Räuber ruft den Waschbärenschützer Francesco Dati aus Marburg auf den Plan. Die Population nehme nicht zu, nur weil die sächsischen Jäger vor zwei Jahren 7 230 Waschbären und im letzten Jahr 9 889 Waschbären getötet hätten. Dies seien Streckenzahlen von Jägern, welche nicht genau kontrolliert werden können. Die Zahlen sagen dem Tierschützer zufolge lediglich aus, dass die sächsischen Jäger sich zurzeit mehr auf Waschbären konzentrierten, während andere Beutegreifer wie die Füchse von ihnen ausgespart würden.

Bei einer Fläche von knapp 18 500 Quadratkilometern würden die Streckenzahlen nach Rechnung Datis bedeuten, dass ein Waschbär auf zwei Quadratkilometern Fläche lebe. Was Vermehrung anbetrifft, sind diese Zahlen wirklich niedrig im Vergleich etwa zu denen der Wildschweine“, so Dati. Für das Verschwinden vieler Vögel sind seinen Angaben nach zunächst die intensivierte Land- und Waldwirtschaft verantwortlich.