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Viadukt zu haben

Die ROP Roth AG will die Bahnstrecke Königsbrück – Straßgräbchen verkaufen. Die Schienen sind schon längst abgebaut.

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© Matthias Schumann

Von Nicole Preuß

Königsbrück. Die ersten roten Schilder tauchten bereits vor einigen Monaten auf und sorgten für Gesprächsstoff. Sie hingen zum Beispiel zunächst in der Nähe des alten Schafstalls in Weißbach und wurden dann an der Straße zwischen Bulleritz und Großgrabe gesehen. Ein Immobilienmakler machte so darauf aufmerksam, dass etwas verkauft werden soll. Die Vermutungen der Anwohner bestätigten sich jetzt. Die ROP Roth AG will die ehemalige Bahnstrecke zwischen Königsbrück und Straßgräbchen verkaufen. „Die Strecke bringt uns keine Punkte mehr“, sagt ROP-Vorstand Steffen Roth auf Anfrage der SZ. „Wir müssen seit mehr als zehn Jahren die Grundsteuer zahlen und haben gar nichts davon.“

Das Unternehmen aus dem kleinen Ort Oybin hat die Strecke 2004 von der Bahn gekauft und ließ bereits kurz darauf die Schienen abbauen. Man wolle verhindern, dass Schrottdiebe den Stahl mitnehmen, hieß es damals. „Wir hatten vor, die Fläche der ehemaligen Bahnstrecke für einen Radweg zur Verfügung zu stellen, doch den will hier anscheinend keiner“, sagt Steffen Roth. Die ROP Roth AG hatte mit den Kommunen und dem Landkreis Gespräche geführt und wollte damit wiederholen, was zwischen Görlitz und Königshain gelungen ist. Der Landkreis Görlitz baute dort vor einigen Jahren einen neun Kilometer langen Radweg auf der stillgelegten Bahnstrecke, die ebenfalls der ROP Roth AG gehört hatte.

Das Vorhaben Radweg konnte sich aber in der Region nicht durchsetzen, auch weil die Kommunen und der Landkreis finanziell gefragt gewesen wären. Die ROP Roth AG hat viele stillgelegte Bahnstrecken in Ostsachsen gekauft und wollte die Fläche überall für ein flächendeckendes Radwegenetz zur Verfügung stellen, doch das Modell der Firma ging nur vereinzelt auf.

Das Unternehmen will sich deshalb nun von der Strecke Königsbrück – Straßgräbchen und einigen anderen ehemaligen Bahnverbindungen trennen. Die einstige Bahnstrecke zwischen Kamenz und Bischofswerda steht in Teilen zum Beispiel auch zum Verkauf, heißt es aus dem Vorstand der ROP Roth AG. Die Flächen zwischen Königsbrück und Straßgräbchen sollen dem Vernehmen nach als Wald für einen Euro pro Quadratmeter verkauft werden. Das wäre deutlich höher als die Bodenrichtwerte für Wald in der Region vorsehen. Die Preise liegen demnach zwischen 9 und 11 Cent pro Quadratmeter Wald. Forstleute sprechen davon, dass ein Euro nur für undurchforsteten, 110-jährigen Fichtenwald gezahlt werden könne.

Die ROP Roth AG geht aber nicht unbedingt davon aus, dass die Fläche tatsächlich als Wald genutzt werden muss. Sie hat noch andere Ideen. So würde es sich anbieten, Wirtschaftswege auf den Flächen zu entwickeln. „Vielleicht ergeben sich so noch automatisch Verbindungswege“, sagt Vorstand Steffen Roth. Das wären dann allerdings Wege, die nur privat und nicht von allen genutzt werden könnten.

Strecke wurde 2000 stillgelegt

Die Geschichte der Verbindung ist eine andere. Die Bahnstrecke machte es einmal möglich, mit dem Zug von Dresden über Königsbrück und Schwepnitz bis nach Großgrabe und Straßgräbchen zu fahren. 2000 wurde die Strecke stillgelegt. Kommunalpolitiker wünschten sich schon damals, dass die Verbindung erst einmal nicht verkauft wird, sondern mit Blick auf die Verbindung zum Seenland vielleicht erst einmal noch vorgehalten wird. Doch die Bahn entschied anders. Sie verkaufte die Verbindungsstrecke und damit auch das denkmalgeschützte Viadukt in Königsbrück an das Unternehmen aus Oybin.

Das Viadukt gilt als technische Meisterleistung, weil es eine Steigung über das Pulsnitztal in einer Kurve bewältigt. Das Landesamt für Denkmalschutz setzte den stählernen Koloss 2002 auf die Liste der sächsischen Denkmäler und betonte die verkehrs-, technik- und landschaftsgestaltende Bedeutung des Bauwerks. Die Nutzungsmöglichkeiten des mehr als 100 Jahre alten Viadukts sind aber beschränkt. Ein Wanderweg oder ein Radweg über die Brücke zu führen, würde erhebliche Investitionen nach sich ziehen. Die ROP Roth AG geht deshalb selbst nicht davon aus, dass sich ein Käufer für das Viadukt findet. Die übrigen Flächen sind allerdings auch in Teilabschnitten zu haben. „So wie es gebraucht wird“, sagt Steffen Roth.