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Versicherungskaufmann muss ins Gefängnis

Er hat Kunden betrogen und sich ein luxuriöses Leben finanziert. Fehlende Kontrollen hatten ihm das leicht gemacht. Dafür gibt es jetzt mehr als drei Jahre Haft.

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© Robert Michael

Von Alexander Schneider

Welche Karriere schlägt ein Versicherungskaufmann ein, der schon als Auszubildender kurz nach dem Abitur das Zehnfache verdient wie seine Kollegen? Der 37-jähriger Falk E., der sich nun wegen hundertfachen Betrugs vor dem Landgericht Dresden verantworten musste, hat in seinem Prozess beschrieben, wie er in den Strudel gezogen wurde, immer mehr Verträge abschließen und immer mehr Umsatz liefern zu müssen – um Erfolg zu haben und um ein luxuriöses Leben führen zu können.

Heute könne er das nicht mehr nachvollziehen, sagte er. Dazwischen jedoch liegen gut zehn Jahre, in denen E. eine zumindest auf dem Papier beeindruckende Laufbahn hingelegt hat. Die Umsätze stiegen stetig, sein Geld habe er jedoch noch schneller ausgegeben – für Autos, Reisen und Luxuswohnungen. Er war einer der bundesweit besten Top-Verkäufer, wurde geehrt und weltweit eingeladen. Daher habe er immer zugesehen, noch mehr Abschlüsse zu machen. Spätestens ab 2008 waren die Geschäfte richtig kriminell und nicht nur „moralisch fragwürdig“. Um seiner Entdeckung zu entgehen, tauchte er Ende 2012 unter, floh in die Karibik. Im Februar wurde er in der Dominikanischen Republik verhaftet, als er seinen Pass verlängern wollte.

Laut Anklage hatte Falk E. als freiberuflicher Versicherungskaufmann eine Agentur der Ergo AG in Dresden geleitet. Zwischen 2008 und 2012 sei dem Konzern und Dutzenden Kunden ein Schaden von mehr als 1,3 Millionen Euro entstanden. Der Angeklagte hat rund 400 000 Euro mit dem Verkauf von Kapitalanlagen eingenommen, die es nie gab. 407 000 Euro hat er an Provisionen für Rentenversicherungen kassiert, die erfunden waren. Er hat der Ergo gefälschte Papiere eingereicht, Beiträge wurden Kunden ohne deren Wissen abgebucht. Lange war das niemandem aufgefallen. Darüber hinaus hat Falk E. bestehende Versicherungen gekündigt und die Rückzahlungen auf eigene Konten gelenkt.

Die Vorsitzende Richterin Michaela Kessler kritisierte in ihrer Urteilsbegründung, dass die Versicherung es dem Betrüger leicht gemacht habe. Es sei ein Problem, dass die E. vorgesetzte Bezirksdirektion ihn einerseits hätte kontrollieren müssen, andererseits aber von dessen hohen Umsätzen profitiert habe. Mitarbeiter der Versicherung hatten ausgesagt, es habe „keine Tiefenprüfung“ stattgefunden. Verteidiger Frank Hannig sagte, die Versicherung habe Geschäfte an der Grenze der Legalität gebilligt. „Kein Wunder, dass Mitarbeiter überlegen, wie sie diese Grenze weiter verschieben können.“

Falk E. hatte berichtet, dass ein Gebietsmanager ihn nach ersten Unterschriftsfälschungen als Auszubildender noch gedeckt habe. „Ein Großteil“ seiner Kollegen, vor allem die Jüngeren, hätten wie er kein Problem mit gefälschten Unterschriften oder „moralisch fragwürdigen Verträgen“ gehabt. E. habe Buch geführt, welchem Kunden er was zugesagt hatte, wann Auszahlungen seiner fingierten Kapitalanlagen anstanden. So schaffte er es, dass sein Schwindel jahrelang nicht auffiel.

Das war ein „Schneeballsystem“, sagte Kessler. Das Gericht verurteilte E. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten – wegen Betruges, Fälschung beweiserheblicher Tatsachen und Urkunden in mehr als hundert Fällen. Während E. in der Karibik eine Familie gegründet hat, kämpften seine Opfer vor deutschen Gerichten um ihr Geld – teilweise bis heute.