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Unterm Hammer

Das Rittergut Sahlis wird nun zwangsversteigert. Damit ist der Gründer der Wehrsportgruppe Hoffmann in Sachsen gescheitert, trotz Fördergeld vom Freistaat.

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© Thomas Schade

Von Thomas Schade

Schwere Ketten hängen an den Toren. Sie könnten die Zufahrt zum Rittergut Sahlis gewähren. Doch auf dem weitläufigen Areal war wohl schon lange keiner mehr. An Briefkästen stehen keine Namen, die alte Auffahrt verfällt zusehends. An fast allen Gebäuden sind Scheiben eingeschlagen. Vor Jahren waren die Konturen des kleinen Rokokoparkes noch zu erkennen, Wege, Hecken, Koniferen. Doch seit Jahren schon wuchern nun Buchensträucher und Rasen.

Ein Gutachter warnt vor dem Ruin des Denkmals, das Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der „Wehrsportgruppe Hoffmann“, zehn Jahre verwaltet hat.
Ein Gutachter warnt vor dem Ruin des Denkmals, das Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der „Wehrsportgruppe Hoffmann“, zehn Jahre verwaltet hat. © dpa

Es gab Zeiten, da konnten die Bewohner des kleinen Städtchens im Süden des Leipziger Landes in dem Park noch spazieren gehen. Doch diese Ära endete, als im Jahre 2004 ein alter Herr namens Karl-Heinz Hoffmann Verwalter des Ritterguts Sahlis wurde. Der damals 67-Jährige erregte zunächst wenig Aufmerksamkeit. Erst als bekannt wurde, dass er 1973 die nach ihm benannte Wehrsportgruppe Hoffmann gegründet hatte, die sieben Jahre später als verfassungsfeindliche Organisation verboten wurde, und dass er eine Zeit lang zu den gefährlichsten Männern Deutschlands gezählt wurde, kamen Sorgen auf im sächsischen Burgenland. Denn Hoffmann ist bis heute für Neonazis eine Ikone. Mittlerweile ist Karl-Heinz Hoffmann 78 und in Sachsen gescheitert. Am kommenden Mittwoch soll das Rittergut, das Hoffmann über eine Stiftung verwaltet, im Leipziger Amtsgericht zwangsversteigert werden.

Damit droht ein weiteres sächsisches Baudenkmal zu verfallen, obwohl der Freistaat allein von 2005 bis 2007 um die 130 000 Euro Fördermittel für die Erhaltung und Pflege des Denkmals ausgezahlt hatte. „Da wurden Steuergelder an einen zweifelhaften Empfänger gezahlt und versenkt“, sagt Kerstin Köditz, die Antifa-Sprecherin der Linken im Landtag. Sie hatte den pikanten Förderfall bekannt gemacht, der sich nun als „Fehlinvestition der öffentlichen Hand“ erweist.

Denn der Zustand der Gebäude hat sich seit der Übernahme durch Hoffmanns Stiftung keinesfalls verbessert. In einem Gutachten steht, dass mit einer „wesentlichen Verschlechterung der baulichen Anlagen bis hin zum ruinösen Zustand zu rechnen ist“. Undichte Dächer, einstürzende Decken, Hausschwamm und statische Mängel würden schon jetzt das Gebäudeensemble charakterisieren. Der Gutachter beziffert den Verkehrswert des Rittergutes auf einen symbolischen Euro. Die Sanierung würde -zig Millionen Euro kosten.

Dabei ist Sahlis schon seit dem 14. Jahrhundert als Herrensitz in den Chroniken verzeichnet. In der Mitte des 18. Jahrhunderts kaufte ein Chemnitzer Textilfabrikant das Rittergut, ließ es umbauen und den Park mit vielen Skulpturen und Wasserspielen anlegen. Nach 1945 zogen Umsiedler in das Schloss, später wurde es Sitz eines Volksgutes und Lehrlingswohnheim. Nach 1990 sollte das Anwesen zum Schauplatz mittelalterlicher Ritterspiele werden, doch nach den ersten Klamaukveranstaltungen kam kaum noch jemand. Zuletzt pflegten ABM-Kräfte noch den Park. Dann trat Karl-Heinz Hoffmann an, um das alte Rittergut zu retten.

Der befürchtete Ausbau der Anlage zu einem Treffpunkt für Neonazis blieb aus. Auch die Hilfsbereitschaft der rechten Kameraden aus der Gegend hielt sich in Grenzen. Auf Hoffmanns Internetseite ist über einen freiwilligen Arbeitseinsatz zu lesen „von einem halben Dutzend junger Männer, die sich zum rechten Lager bekennen“. Aber auch Hoffmanns landwirtschaftliche Ambitionen fruchteten nicht. Er wollte Weideschweine züchten und im eigenen Schlachthaus vermarkten. Der Erlös sollte der Erhaltung des Schlosses zugute kommen. Schweine wurden zwar auf dem Rittergut gesichtet, aber das Schlachthaus wurde nie fertig.

Schuld daran waren die anderen, klagt Hoffmann auf seiner Internetseite. Der Denkmalschutz hätte seine Auflagen „bis zum Gehtnichtmehr“ gesteigert. Dazu kam ein Bescheid des Abwasserzweckverbandes über fast 140 000 Euro für den Bau eines Abwasserkanals. Der habe ihn „schachmatt gesetzt“, klagt Hoffmann und vermutet ein abgekartetes Spiel, das sich gegen seine Person gerichtet habe, „weil ich nicht müde werde, von unangenehmen Wahrheiten zu reden“, wie er schreibt.

Nun müssten sich Denkmalschutz und Gemeinderäte „einen anderen Esel suchen, der den Karren weiterzieht“. Doch es darf bezweifelt werden, dass das Schloss und sieben weitere Gebäude auf 60 000 Quadratmetern überhaupt verkäuflich sind – obwohl für nur einen Euro zu haben.