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Unsichtbares Görliwood

Görlitz lockt als Filmstadt viele Schaulustige an. Doch die finden die berühmten Drehorte schlecht. Das soll sich ändern.

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© Archivfoto: Wolfgang Wittchen

Von Daniela Pfeiffer

Ja, wo steht denn nun das Grand Budapest Hotel? So mancher weit gereiste Tourist sucht es ernsthaft in Görlitz, schließlich wurde hier der gleichnamige Film gedreht. Deutlich zu machen, dass das Filmhotel in Wahrheit nicht existiert beziehungsweise eine Mischung aus Kaufhaus und Stadthalle war – das könnte eine gezieltere Vermarktung als Filmstadt sein. Jetzt, wo Görliwood zum besten europäischen Drehort des Jahrzehnts gekürt wurde, erst recht.

Genau das ist auch erklärtes Ziel der Europastadt Görlitz/Zgorzelec (EGZ), die sich um Wirtschaft, Stadtmarketing und Tourismus kümmert. Zwar gibt es schon seit Jahren einige Aktivitäten, wie Filmstadtführungen, Marketingartikel wie Görliwood-Shirts oder Tassen, ein Filmbuch oder auch eine Filmecke in der Görlitz-Information. Doch draußen ist das Thema noch immer schwer greifbar. Praktisch die ganze Stadt ist Kulisse, aber Fremden erschließt sich das nur schwer. Wer auf dem Untermarkt steht, auf der Emmerichstraße, vor dem Freisebad oder der Stadthalle, dem alten Kondensatorenwerk, vor dem Kaufhaus oder der Hilgerstraße – der kann nicht erahnen, dass all das mal Drehorte waren, denn nichts weist mehr darauf hin. So schnell wird sich daran auch nichts ändern. Kleine Hinweisschilder beispielsweise, die vor den jeweiligen Kulissen angebracht werden könnten, seien denkmaltechnisch nicht so leicht einheitlich umzusetzen.

„Wir haben dennoch einige Ideen, die wir angehen möchten“, sagt EGZ-Geschäftsführerin Andrea Behr. Vor einigen Monaten wurde dazu ein Konzept geschrieben. Manches daraus müsse noch reifen, bevor es preisgegeben wird. Anderes ist schon konkret. So wird zurzeit an einem völlig neuen Internetauftritt gearbeitet. Dieser soll die Filmstadt, die hier gedrehten Filme und aktuelle Themen wie das Neiße-Film-Festival oder den Görliwood-Express noch umfangreicher und attraktiver darstellen. Hier plant die EGZ unter anderem, in einer Karte Drehorte zu markieren. Auf dieser Grundlage könnte es vielleicht auch irgendwann eine entsprechende Handy-App geben. Auf der Homepage möchte man außerdem alle aufrufen, die bei Dreharbeiten in Görlitz je irgendwie involviert waren, ihre Geschichten zu erzählen. „Bei diesem Thema kann bald jeder Görlitzer etwas berichten“, sagt Eva Wittig von der EGZ. Und Andrea Behr: „Es ist eines der Themen, auf das fast alle hier stolz sind, das haben wir beim Voting zum besten Drehort gemerkt. Unsere Aufgabe ist es nun, diese positive Stimmung mitzunehmen.“ Auch wenn es eben nicht so einfach ist, Görlitz über Nacht zu einer Filmstadt zum Anfassen zu machen.

Wie es gehen könnte, hat sich Eva Wittig in Querfurt angesehen. Hier gibt es eine Burg, die oft von Filmteams genutzt wird. Der Medicus, Die Päpstin oder die Märchen Die zertanzten Schuhe und Jorinde & Joringel – für all diese Filme wurde die Burg als Kulisse genutzt. Diese nennt sich inzwischen Filmburg, es gab zwei große Ausstellungen mit vielen Fotos, Geschichten, originalen Requisiten, eine neue ist in Vorbereitung. Das Filmburg-Konzept gewann 2016 den Tourismuspreis Sachsen-Anhalt. Das für Görlitz so oder ähnlich auch anzuwenden, sei nicht so einfach, geben Andrea Behr und Eva Wittig zu bedenken. Zum einen sei Film nur eines von vielen Themen. Zum anderen seien finanziell und baulich eben Grenzen gesetzt. „Es ist Fluch und Segen zugleich, dass hier fast schon überall gedreht wurde“, sagt Eva Wittig. „Die Konzentration auf ein Gebäude würde leichter fallen, aber hier unterscheiden wir uns eben als Filmstadt von anderen Locations.“

Das gilt vor allem für ein Filmmuseum. Schon seit Jahren ist ein solches im Gespräch. Lutz Thielemann, einstiger EGZ-Geschäftsführer, trieb die Idee schon vor Jahren voran, doch es wurde nichts daraus. Unter anderem scheitert dies immer wieder an fehlenden Requisiten. Sollte es einmal ein Museum oder eine Ausstellung geben, braucht es Exponate. Für ein solches Museum ist immer wieder die Waage am Untermarkt im Gespräch. Doch die Stadt hält sich bedeckt, was ihre Pläne mit diesem Gebäude angeht. Und so sagt auch Andrea Behr: „Ein Filmmuseum ist ein Traum in weiter Ferne, vielleicht wird es Jahre dauern.“ Man sei in dem Prozess Filmstadt-Vermarktung noch ganz am Anfang, trotzdem soll sie jetzt Stück für Stück ausgebaut werden.