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Unerwünschte Strandtouristen

Das Planschen in der Ottendorfer Kiesgrube ist streng verboten. Viele juckt das nicht. Jetzt verstopfen die Badegäste mit ihren Autos auch noch eine Umleitung der B 97.

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© Thorsten Eckert

Von Sebastian Kositz

Ottendorf-Okrilla. Autos, Autos und noch mehr Autos. Aufgereiht wie an einer Perlenkette stehen die Fahrzeuge links und rechts der Fahrbahn, abgeparkt im Straßengraben, zum Teil mit einem Rad noch auf der Piste. Ein Spalier aus buntem Blech, das dank der Sonne am Himmel auch noch fröhlich glitzert. Und dazwischen rollt munter der Verkehr, donnern Laster und Autos auf engstem Terrain über den schwarzen Asphalt. Chaotische Zustände, auf einer Straße, auf der sich bis vor wenigen Wochen seit Jahren kaum noch ein Rad gedreht hatte.

Als Mitte Mai im Ottendorfer Norden auf der Bundesstraße 97 die Bauleute loslegten, ließ das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) nur wenige Tage vorher auch die seit Jahren versperrte Kieswerkstraße öffnen. Angedacht als kleine innerörtliche Umleitung, allen voran um die am Kieswerk ansässigen Unternehmen zu entlasten. Die hatten im Vorfeld vehement auf eine Lösung gedrängt, weil der lange Umweg über Würschnitz in Richtung Dresden ihnen einen riesigen Batzen an Mehrkosten für Sprit beschert hätte.

Entsprechend froh sind die Verantwortlichen der Firmen, dass ihnen jetzt die langen Umleitungen für die Lastwagen erspart bleiben. Doch zumindest Thomas Gruschka, Chef des Ottendorfer Kieswerks, schielt zugleich auch besorgt auf die nun wieder freigeräumte Straße. Denn mit der Wiedereröffnung der Strecke kehrte auch ein altes Ärgernis zurück, das sich jetzt zu einem ohnehin leidigen Thema hinzugesellt.

Kein Durchkommen für den Gegenverkehr

Bereits seit Jahrzehnten gilt die Ottendorfer Kiesgrube in den warmen Sommermonaten als beliebtes Ausflugsziel, fallen an besonders heißen Tagen schon einmal mehr als 2000 Besucher ein, die hier zwischen feinstem Sand den erfrischenden Sprung ins türkisfarbene Wasser wagen. Ausgerüstet mit Luftmatratze, Grill und Bierkasten zieht’s die Badefreunde aus nah und fern an die Kiesgrube. Dass das Betreten des Geländes eigentlich strengstens verboten ist, juckt offenbar niemanden.

Die Kiesgrube ist bei den illegalen Badegästen beliebt wie eh und je – und dank der Werksstraße jetzt auch wieder ohne längere Fußmärsche erreichbar. Und so, wie sich schon keiner für die Betreten-Verboten-Tafeln interessiert, lässt die mit dem Auto vorfahrenden Besucher auch das für die gesamte Kieswerkstraße gültige Halteverbot kalt. Und genau darin liegt das Problem: „Wenn die Autos auf beiden Seiten parken, wird’s richtig eng. Dann ist bei Gegenverkehr kaum noch ein Durchkommen“, klagt Kieswerk-Chef Thomas Gruschka.

Über 300 Knöllchen am Wochenende

Auf die Missstände auf der Umgehungsstraße ist längst auch die Ottendorfer Gemeindeverwaltung aufmerksam geworden. Die Mitarbeiter im Rathaus führen seit dem Start der Bauarbeiten an der Bundesstraße 97 und gegen die damit verbundenen verschiedenen Auswüchse ohnehin einen Krieg an vielen Fronten. Zu den Schlachtfeldern – und das ist durchaus wortwörtlich zu nehmen – gehört längst auch die Kieswerkstraße. Gerade an den Wochenenden, wenn viele Hundert Badegäste nach Ottendorf kommen, haben die Mitarbeiter des Ordnungsamtes alle Hände voll zu tun, um die vielen Parksünder zu erfassen.

Während die Badefreunde unten am Wasser mit einem kühlen Getränk in der Hand alle fünf gerade sein lassen, kommen Robert Haubner und seine Kollegen beim Knöllchenschreiben auf dem Asphalt richtig ins Schwitzen. Mehr als 300 Verwarnungen klemmen die Mitarbeiter der Ottendorfer Verwaltung an einem einzigen Wochenende unter die Scheibenwischer. „Das Ausmaß übersteigt wirklich alles“, sagt Robert Haubner. Jeder Bescheid an der Windschutzscheibe spült 15 Euro in die klamme Gemeindekasse – doch wegen des Geldes schlagen sich die Rathausmitarbeiter das Wochenende ganz sicher nicht um die Ohren. „Das Parken ist eine Gefahr. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es dort zu einem Unfall kommt“, warnt Robert Haubner.

Regelmäßige Invasion kann nicht unterbunden werden

Doch mit der Einsicht der Ertappten können die Leute vom Ordnungsamt indes nicht rechnen. Im Gegenteil. Die Mitarbeiter werden beleidigt und angepöbelt. Zwar sei es noch nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen – doch mitunter habe auch da nicht mehr viel gefehlt. Dass oft auch Alkohol bei den Badegästen im Spiel sei, tue da das Übrige. „Auch deshalb sind wir an Wochenenden immer mindestens zu zweit unterwegs“, erklärt Robert Haubner, der zugleich aber auch die Leitung des Kieswerks kritisiert. Denn aus seiner Sicht werde gegen die unerwünschten Gäste im Kieswerk nicht entschieden vorgegangen.

Thomas Gruschka weist das jedoch zurück. Seit fünf Jahren lässt die Werksleitung einen Wachschutz patrouillieren, der die Badegäste vertreiben soll. „Wir schaffen es immerhin, sie von den Bereichen fernzuhalten, wo der Kies gefördert und gearbeitet wird“, erklärt Thomas Gruschka. Mit einer Handvoll Wachleuten lasse sich die regelmäßige Invasion aber nicht unterbinden. Auch ein komplettes Einzäunen des 300 Hektar großen Areals hält der Geschäftsführer mit Blick auf die hohen Unterhaltungskosten für nicht machbar.