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Tumulte in der Tenne

Ein Syrer soll zwei Deutsche mit einer Whiskeyflasche geschlagen und schwer verletzt haben. Auch seiner Freundin drohen jetzt Probleme mit der Justiz.

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© Norbert Millauer

Von Jürgen Müller

Weinböhla/Meißen. Es ist voll in der Tenne in Weinböhla zum Weinfest, und voll sind wohl auch viele Besucher. Da ist es fast unausweichlich, dass es irgendwann zu Auseinandersetzungen, zu Schlägereien kommt. Doch was sich an jenem 3. September vorigen Jahres gegen zwei Uhr am Morgen abspielt, sprengt jedes Maß. Am Ende gibt es zwei Schwerverletzte, die Platzwunden am Hinterkopf beziehungsweise an der Stirn haben. Beide werden im Krankenhaus behandelt, beide sind eine Woche krankgeschrieben.

Der Täter soll ein 26-jähriger Flüchtling aus Syrien sein. Er soll zunächst einen 21 Jahre alten Deutschen mit einer Whiskeyflasche auf den Hinterkopf geschlagen und dann dessen Kumpel mit der kaputten Flasche in die rechte Stirn gestochen haben.

Nun sitzt er wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Meißner Amtsgericht. Und will sich zu den vorgeworfenen Taten nicht äußern. Dafür spricht seine 39 Jahre alte deutsche Freundin. Nein, ihr Freund habe keine Flasche in der Hand gehabt. Sie habe eine Whiskeyflasche mit in die Disko nehmen wollen, aber das sei ihr bei der Einlasskontrolle verweigert worden, sagt sie. Deshalb habe sie die Flasche am Auto abgestellt. Warum sie die Flasche mitnehmen wollte, ist völlig unklar. Denn sie und ihr Freund hätten sie zuvor ausgetrunken, sagt sie. Doch dann hätten beide einen höheren Alkoholpegel als den gemessenen von rund einem Promille gehabt. Ihrem Freund sei das Basecap vom Kopf gerissen und ihm gesagt worden, er solle sich in sein Land verpissen. Dann wären vier Mann auf ihn zugestürzt und hätten ihn verprügelt. Sie sei als Schlampe bezeichnet worden. „Einer von denen wollte mich angreifen, mein Freund hat das abgewehrt“, sagt sie. Glaubwürdig ist sie nicht. Auch gegenüber den Polizisten war die Frau ausfällig geworden. „Sie war sehr aggressiv und hat uns angeschrien. Wir haben sie nicht ernst genommen“, sagt eine Polizistin.

Die Geschädigten stellen das Geschehen völlig anders dar. Er sei auf dem Weg zur Bühne gewesen, sei in dem Gedränge gegen den Angeklagten geschubst worden. „Sofort hatte ich einen harten Gegenstand am Hinterkopf, es hat gleich stark geblutet“, sagt der 21-Jährige. Ob es tatsächlich der Angeklagte war, der zugeschlagen hat, kann er aber nicht sagen.

Sein Kumpel dagegen will gesehen haben, wie der Angeklagte mit einer großen, massiven, weißen Flasche zuschlug und wie der Geschädigte zu Boden ging. „Ich fürchtete, dass noch mehr passiert, bin deshalb dazwischengegangen und bekam einen spitzen Gegenstand in die Stirn“, berichtet der 20-Jährige. Er und alle anderen Zeugen sagen übereinstimmend aus, dass es keine Einlasskontrollen gab. Ein Sicherheitsmann erinnert sich, dass sowohl der Angeklagte als auch dessen Freundin eine Flasche in der Hand hatten.

Für Staatsanwalt Dieter Kiecke ist trotz verschiedener Widersprüche in den Zeugenaussagen klar, das der Syrer die Deutschen mit einer Flasche geschlagen und schwer verletzt hat. „Ich kann mir vorstellen, dass es Provokationen gab, aber die rechtfertigen einen solchen Angriff nicht“, sagt er und fordert eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Positiv rechnet der Staatsanwalt dem Syrer an, dass der schon zwei Jahre in Deutschland ist und bisher keine weiteren Straftaten beging.

Für Verteidigerin Andrea Müller ist hingegen keineswegs erwiesen , dass ihr Mandant geschlagen hat. Im Zweifel für den Angeklagten fordert sie deshalb Freispruch. Das sieht auch Richter Andreas Poth so. Die Aussagen der Zeugen seien für ihn in hohem Maße widersprüchlich, sagt er und spricht den Syrer frei. Der Mann, der nach eigenen Angaben aus Aleppo stammt und dort sieben Jahre zur Schule ging, hat Glück gehabt, doch für seine Freundin wird es jetzt bitter. Weil sie als Zeugin vor Gericht log, muss sie jetzt mit einer Anklage wegen uneidlicher Falschaussage rechnen: Mindeststrafe: drei Monate Haft.