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Traum vom Eigenheim geplatzt

In Hainichen hat ein 72-Tonnen-Bohrer ein fast fertiges Haus zerstört. Die Besitzer fühlen sich im Stich gelassen.

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© Falk Bernhardt

Von Falk Bernhardt, Jan Leissner und Maria Fricke

Hainichen. Ein Knall hat vor einigen Wochen den Traum einer Hainichener Familie vom baldigen Einzug ins eigene Heim platzen lassen. Auf der Baustelle an der Berthelsdorfer Straße stürzte ein 72 Tonnen schweres Bohrgerät auf das fast fertige Eigenheim an der Einmündung zum Siedlungsweg. Der Fahrer wurde verletzt, der Materialschaden war enorm. Mittlerweile wird an der Stützmauer mit neuem Bohrgerät weitergearbeitet, auf der Hausbaustelle herrscht dagegen Ratlosigkeit.

Auf das im Bau befindliche Eigenheim war am 30. Juni ein 72 Tonnen schweres Bohrgerät gestürzt.
Auf das im Bau befindliche Eigenheim war am 30. Juni ein 72 Tonnen schweres Bohrgerät gestürzt. © Falk Bernhardt

Ronny Roch, der Besitzer des zerstörten Hauses, hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet. Denn auch mehr als zwei Wochen nach dem Unglück ist bisher nichts geschehen. „Der Anwalt hat gesagt, die Versicherung der Spezialfirma muss sofort zahlen“, sagt Roch. Es sei jedoch zu befürchten, dass das Geld so bald nicht fließen werde. Der Anwalt gehe davon aus, dass die Versicherung die Zahlung zunächst verweigern werde. „Das Gericht würde uns recht geben. Einen Prozess würden wir definitiv nicht verlieren“, zitiert Roch seinen Anwalt. Dieser wolle sich nun zunächst schriftlich an die Baufirma sowie die zuständig Versicherung wenden.

Eigentümer zieht Anwalt hinzu

Vor einigen Tagen gab es einen Vor-Ort-Termin mit Vertretern des Landratsamtes, das den Bau der Stützmauer in Auftrag gegeben hatte. „Aber es hat sich noch niemand meinen Schaden angeschaut“, klagt Roch. „Kein Firmenvertreter ist bislang zu uns gekommen. Das Gespräch mit der Behörde fand auf der anderen Straßenseite statt.“ Roch fühlt sich im Stich gelassen.

Das Landratsamt weist jegliche Verantwortung für den entstandenen Schaden zurück. Wie Kreissprecherin Cornelia Kluge sagte, sei die Ursache für den Bruch des Bohrgeräts noch nicht abschließend ermittelt. „Nach derzeitigen Erkenntnissen liegen diese nicht in menschlichem Versagen oder mangelnder Gerätewartung. Trotzdem ist die Firma in der Verantwortung und Haftung“, so die Sprecherin.

Der Landkreis habe laut Kluge keine Möglichkeiten, der Familie zu helfen. „Hier handelt es sich um einen Versicherungsfall, zur Schadensregulierung werden die Versicherungen eingeschaltet“, so die Sprecherin.

Der Geschäftsführer des Hauptauftragnehmers für die Baustelle des Landkreises teilte auf Nachfrage mit: „Wir haben Kontakt mit dem Hausbesitzer und ihm verbal auch Hilfe zugesichert. Wir wollen ihn nicht im Stich lassen, da stehen wir zu unserem Wort. Aus heutiger Sicht sind wir nicht der Verursacher.“ Die Spezialfirma, die als Subunternehmen mit dem Bohrgerät gearbeitet hatte, sieht kein Fehlverhalten ihres Fahrers. „Auch das Bohrgerät war bei allen technischen Überprüfungen immer in Ordnung“, sagte deren Geschäftsführer. „Den Schaden hatten wir noch am Unglückstag unserer Haftpflicht mitgeteilt, nun müssen wir abwarten, was die Untersuchung bringt.“

Die Stadtverwaltung Hainichen hat sich ebenfalls um den Hauseigentümer bemüht. „Wir sind aber nicht Bauherr, sondern das Landratsamt. Und dort gibt es wohl keinen Nothilfefonds für solche Härtefälle. Soweit uns bekannt ist, soll wohl die Herstellerfirma des Bohrgeräts in Haftung genommen werden“, erklärte Hartmut Stenker vom Bauamt.

Bürgermeister Dieter Greysinger (SPD) hatte sich am Dienstag mit Ronny Roch in Verbindung gesetzt. Zumindest in seiner Funktion als Kreisrat wolle er den 38-Jährigen unterstützen. Per E-Mail hat sich Greysinger an Landrat Matthias Damm (CDU) gewandt und ihn darum gebeten, sich der Sache anzunehmen. Passiere bis Mitte August nichts, so wolle Greysinger ein Gespräch zwischen den Beteiligten organisieren. Denn: „Es kann nicht sein, dass sich bisher noch niemand dort hat blicken lassen.“ Viel mehr bewirken könne Greysinger nicht. Darum hat er Roch auch zu einem Anwalt geraten.

Ermittlungen dauern noch an

Die Ermittlungen zur Ursache das Arbeitsunfalles dauern noch an. „Die Landesdirektion Sachsen hat vom Unternehmen die Prüfunterlagen zum Bohrgerät angefordert“, so ein Sprecher zum aktuellen Stand.

Am 30. Juni war der Bohrer in das Eigenheim gestürzt und hat dort eine Decke des Anbaus zerschlagen. Laut Roch muss der komplette Anbau mit Wohnzimmer und Terrasse erneuert werden. Wie ein Gutachter ermittelt habe, liege der entstandene Sachschaden bei rund 80 000 Euro. „Aber da sind die Mietkosten, die wir jetzt weiter haben, noch nicht mit eingerechnet“, sagt Roch. Eigentlich wollte die Familie im August die Erdgeschosswohnung beziehen.

Auch der Umzug der Schwiegereltern zögert sich nun hinaus. Selbst den Schaden regulieren, kann der Hausbesitzer aus finanziellen Gründen nicht. Bisher hat er mit Unterstützung von Freunden den betroffenen Bereich abgestützt und das eingestürzte Dach mit drei Schichten Plane abgedeckt. Trotzdem regnet es dort herein, mit Kübeln wird das Wasser im „Wohnzimmer“ aufgefangen.

Roch hofft nun auf eine schnelle Lösung des Problems. Aber die Umstände sehen anders aus. „Der Rechtsstreit kann sich über Jahre hinziehen“, so Hainichens Bürgermeister Greysinger. (mit FP)