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Toter bei Kletterunfall

Drei schwere Kletterunfälle in der Sächsischen Schweiz haben am Montag in der Sächsischen Schweiz Helfer mehrerer Bergwachtgruppen in Atem gehalten.

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© Daniel Förster

Von Daniel Förster

Schmilka/Kurort Rathen/Bielatal. Drei schwere Kletterunfälle in der Sächsischen Schweiz haben am Montagnachmittag und -abend in der Sächsischen Schweiz Helfer mehrerer Bergwachtgruppen und weitere Einsatzkräfte in Atem gehalten. Trotz aller Bemühungen konnten sie einem verunfallten Bergsteiger nicht mehr helfen. Ein weiterer kam mit schweren Verletzungen in die Uniklinik Dresden.

Besonders tragisch endete der Kletterausflug für einen 70-Jährigen aus Pirna (Rolf K.). Der pensionierte Berufsschullehrer klettert seit einigen Jahrzehnten. Er galt in Sportlerkreisen als sehr erfahrener Bergsteiger. In seinem Eifer soll er oft gesagt haben: „Ich steige vor.“ So war es auch diesmal. Als Vorsteiger hatte er einer fünfköpfigen Seilschaft mit etwa gleichaltrigen Kletterfreunden aus Dresden, Eschdorf und Pirna von der Talseite aus den Großen Gratturm im Schmilkaer Gebiet über den Finneweg, ein klassischer Kletterweg der Schwierigkeitsstufe VIIa, erklommen. Als der zweite Kletterer den Gipfel erreicht hatte, und dieser die anderen beiden Bergsteiger bei deren Aufstieg sicherte, hatte der Pirnaer seine Sicherung abgelegt. Ausgebunden und völlig ungesichert soll er laut seinen Begleitern, aus deren Blickwinkel er auf dem vielleicht 50 Quadratmeter großen Plateau verschwunden war, zum nur wenige Meter entfernten Gipfelbuch gegangen sein, um es ihnen zu bringen. Niemand weiß, was auf dem Weg von der Abseilöse dorthin passiert ist. Der Mann war auf der Massivseite gegenüber dem Aufstiegsweg etwa 20 Meter tief in einen Kamin gestürzt. „Er kennt den Weg aus dem Effeff“, sagt ein Kletterfreund. „Vom Platz her kann man sich dort oben ruhigen Gewissens ausbinden.“

Zu diesem Zeitpunkt waren die Helfer der Bergwacht Bad Schandau und Pirna am Talwächter in Kurort Rathen im Einsatz. Dort war eine knappe Stunde zuvor ebenfalls ein Vorsteiger abgestürzt. Der 65-jährige Dresdner war am sogenannten Pfeilerweg (Schwierigkeitsgrad VI) etwa sechs Meter tief gefallen und auf einem Absatz zum Liegen gekommen. Dort hatte sein Begleiter aus Österreich, der ihm nachsteigen wollte, gesichert. Bei dem Sturz hatte sich der Dresdner schwere Verletzungen am Kopf und Rücken zugezogen. Der Bergfreund aus Österreich rief laut um Hilfe. Ein Mann in einem benachbarten Garten, ein Industriekletterer, hatte die Hilfeschreie gehört und war zu den beiden gestiegen und übernahm die Erstversorgung, bis die Bergwacht kam. Die Helfer flogen den Verunfallten mit dem Rettungshubschrauber vom Absatz. Danach wurde er in einen Rettungswagen gebracht und versorgt, ärztlich behandelt und in die Dresdner Uniklinik gefahren.

In diesen Minuten eilte bereits die Bergwacht Sebnitz ins Schmilkaer Gebiet. Zusätzlich wurde die Höhenrettung der Freiwilligen Feuerwehr Heidenau alarmiert. Der Rettungshubschrauber „Christoph 62“, der noch in Rathen war, flog mit dem vor Ort befindlichen Luftretter weiter nach Schmilka. Von der Wiese am Rauschenstein wurden mittels Bergetau Einsatzkräfte und Material der Bergwacht Bereitschaft Sebnitz auf den Gipfel geflogen. Nach der Übergabe des Rathener Patienten fuhr die Bergwacht Bereitschaft Bad Schandau mit der Notärztin des Rettungshubschraubers wieder nach Schmilka, um die Kameraden aus Sebnitz zu unterstützen.

Ziemlich schnell wurde klar, dass diese beiden Einsatzgruppen allein nicht ausreichen werden, um den tief in die Felsspalte gestürzten Pirnaer zu retten. „Alle verfügbaren Höhlenretter der Bergwacht Sachsen wurden zusammengetrommelt“, erklärt Stefan Falkenau, Einsatzkoordinator und Abschnittsleiter der Bergwacht. „Die meisten waren in Dresden und Umgebung auf Arbeit. Wir holten sie in die Uniklinik zusammen.“ Der Bautzener Rettungshubschrauber flog weiter nach Dresden und nahm die Helfer an Bord und brachte sie direkt nach Schmilka. Parallel schaffte die Freiwillige Feuerwehr Bielatal die im Ort stationierte Höhlenrettungsausrüstung nach Schmilka.

Inzwischen war es den ersten Bergwachthelfern gelungen, sich zu dem Verunglückten abzuseilen. Er klemmte seitlich noch den Helm auf dem Kopf zwischen den Felsen. Sie versorgten den Verletzten soweit es ging und zogen ihn am Abend per aufwendig gebauter Seilbahn aus der Schlucht. Ein Luftretter der Bergwacht hob ihn von dort aus mit einem Seil am Rettungshubschrauber in die Höhe. Danach wurde er auf eine Lichtung am Rauschenstein gebracht. Nach der Landung auf der Lichtung konnte die Notärztin noch den Tod des Verunfallten feststellen. Er war während der Rettungsbemühungen seinen schweren Sturzverletzungen erlegen. „Wir haben getan, was wir konnten. Leider ist es uns trotz eines enormen logistischen Aufwands nicht gelungen, ihn am Leben zu halten“, sagt der Einsatzleiter. Noch am Abend nahm die Kriminalpolizei die Ermittlungen zu den Umständen auf.

Die Bergwacht hatte noch nicht einmal ihre Rettungsausrüstung wieder abgebaut, lief der nächste Notruf eines Bergsteigers in der Rettungsleitstelle ein. An der Großen Herkulessäule im Bielatal saß ein Kletterer fest - im sogenannten Alten Weg (Schwierigkeitsgrad V). Der 45-jährige Vorsteiger hing in der Mitte des Weges fest und kam nicht vor und nicht zurück. Eine Frau sicherte sein Seil. „Der Mann wurde von der hereinbrechenden Dunkelheit überrascht und traute sich keinen Schritt mehr nach vorn oder zurück“, so Stefan Falkenau. „Er war weder verletzt, noch hatten ihn die Kräfte verlassen“. Die Freiwillige Ortsfeuerwehr war als erstes vor Ort und übernahm bis zum Eintreffen der Bergwacht Pirna die Erstmaßnahmen. Die Bergretter kletterten im Dunkeln an dem ausharrenden Mann vorbei, bis auf den Gipfel. Von dort aus ließen sie ein neues Seil hinab und konnten ihn soweit ablassen, dass er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte.