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Tödlicher Streit ums Erbe?

Die Lösung des Mordes an Gestütsbesitzer Rocco J. liegt in dem Umschlag, den der mutmaßliche Täter der Staatsanwaltschaft gab.

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© Polizei

Von Thomas Schade

Wohin floh Hermann Haase, nachdem er seinen schwarzen Audi A 8 mit dem österreichischen Kennzeichen im Leipziger Stadtteil Connewitz abgestellt hatte? Ist er überhaupt auf der Flucht?

Zweifel sind angebracht, denn der hoch aufgeschossene Mann, dem Zeugen eine gepflegte Erscheinung nachsagen, handelt keineswegs wie ein Mörder auf der Flucht. Erst erschießt er am vergangenen Donnerstagnachmittag Rocco J., den Geschäftsführer des Reitgestütes Knauthain. Danach fährt er ins Stadtzentrum und hinterlegt bei der Leipziger Staatsanwaltschaft einen Briefumschlag, in dem er den Ermittlern die Lösung des Mordfalles quasi frei Haus serviert, inclusive dem Ort, an dem sein Auto zu finden ist. So handelt keiner, der verschwinden will, so handelt einer, der zielstrebig einer Mission nachgeht. Deshalb dürfte man sich in der Leipziger Mordkommission am Montag vor allem gefragt haben: Hatte er seine Mission schon erfüllt, als er in Connewitz seinen A 8 verließ?

Das Reitgestüt in Knauthain am Ufer der Weißen Elster, nur wenige Steinwürfe entfernt vom Cospudener See, dürfte Hermann Haase nicht fremd sein. Auch sein Opfer kannte er möglicherweise. Denn der knapp 50-jährige Haase stammt auch aus der Landwirtschaft. Österreichischen Medien zufolge wuchs er auf einem Bauernhof im Bezirk Wels-Land in Oberösterreich auf und betrieb später einen Handel mit Landmaschinen und Pferden.

So wird Hermann Haase 2011 bei der Leistungsprüfung für Dressurhengste mit seinem in Deutschland gezogenen Pferd Bo’s Jimmy Blue erwähnt, das Bestnoten erzielte. Damals lebte er noch in Buchkirchen. Später siedelte Haase in eine kleine Gemeinde am Attersee.

Schon vor mehreren Jahren soll Hermann Haase seine Familie verlassen haben – wegen einer Frau aus Leipzig. Damals sei er oft in Deutschland gewesen, heißt es im Nachbarland. In welcher Beziehung diese Frau zu dem Mann stand, den Hermann Haase nun erschossen hat, ist noch unklar.

In der Leipziger Staatsanwaltschaft wollte man sich am Montag nicht zum Inhalt des Briefumschlages äußern, den der mutmaßliche Mörder abgegeben hatte. Die Tatwaffe sei jedenfalls nicht dabei gewesen, erklärte Oberstaatsanwalt Riccardo Schulz. Deshalb gehe man davon aus, dass der Täter die Waffe noch bei sich trage. Deshalb gelte er als gefährlich, so Schulz.

Im Besitz hat der Österreicher seine Schusswaffe offenbar rechtmäßig. Dem Gemeindeblatt von Buchkirchen ist zu entnehmen, dass Haase erst im November als Ersatzmitglied in den Jagdausschuss der örtlichen Genossenschaftsjagd gewählt worden war. Er ist Jäger.

Die Staatsanwaltschaft wollte auch nicht bestätigen, dass der Brief Unterlagen enthielt, aus denen hervorgeht, dass es einen Erbschaftsstreit um das Reitgestüt gegeben hat. Wie die Kronenzeitung erfahren haben will, soll Haases Lebensgefährtin Anspruch auf den Reiterhof erhoben haben. In einem Rechtsstreit um die Erbschaft sei sie bei Gericht leer ausgegangen. Liegt hier das Motiv?

Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass am Montag weiter nach Hermann Haase gesucht wurde. Bisher erfolglos.