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Minderheit „besudelt und beschämt“ unser Land

Bei der Sondersitzung des Landtags kündigt Stanislaw Tillich einen Dialog zur Stärkung der Demokratie an. Die Linke kündigt ihre Unterstützung an. AfD-Chefin Petry attackiert den Regierungschef scharf.

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© Robert Michael

Dresden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat gewalttätigen Rassisten und allen, die sie gewährenlassen, vorgeworfen, den gesellschaftlichen Frieden zu bedrohen. Mit den Krawallen und Protesten vor den Flüchtlingsunterkünften in Freital und Heidenau habe eine enthemmte Minderheit das Land „besudelt und beschämt“, sagte er am Dienstag in einer Sondersitzung des Landtags. „Dagegen muss es einen Aufstand aller in unserem Land geben“.

Der Regierungschef kündigte einen Dialog zur Stärkung der Demokratie an. Dabei wolle er auch mit Lehrern reden. Ziel müsse es sein, „dass alle Schüler überzeugte sächsische Staats- und Weltbürger werden“.

Kampf gegen Rechts kennt keine Parteigrenzen

Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt hat im Laufe der Sondersitzung der Staatsregierung eine Zusammenarbeit bei einem „Neustart für Sachsen“ angeboten. Es brauche einen Asylgipfel der Zivilgesellschaft, um die Herausforderungen durch steigende Flüchtlingszahlen zu meistern, sagte er. Es gebe kein fertiges Konzept. „Wir müssen ausprobieren. Und wir werden Erfolge und Misserfolge haben“. Beim Kampf gegen Rechtsextremismus sollten Parteigrenzen überschritten werden. Auch in der CDU müsse man einsehen, dass die Krawalle von Heidenau ein sächsisches Problem seien. „Nicht nur, aber eben auch“, sagte er.

CDU-Fraktionschef Frank Kupfer hat den Linken umgehend vorgeworfen, den Bürgern beim Thema Asyl etwas vorzumachen. „Ihr sagt ‚Türen auf, kommt alle nach Deutschland, wir kümmern uns um Euch!‘“, sagte er. „Das akzeptieren die Bürger nicht.“ Kupfer verwies auf Unterschiede zwischen Christen und Muslimen, die vielen Bürgern Sorge bereiteten. Er räumte ein, dass es in Sachsen ein Rechtsextremismus-Problem gebe. Aber nicht alle, die Fragen stellten, seien Rechtsextremisten, so Kupfers Schlussfolgerung. „Unsere Aufgabe ist es, die Bürger ernst zu nehmen, und nicht, sie zu erziehen“, sagte Kupfer.

Schluss mit der Verharmlosung von Rechtsextremismus

Für die Grünen ist nach den Gewalttaten von Heidenau klar: Mit der Verharmlosung von Rechtsextremismus in Sachsen muss Schluss gemacht werden. Bei den rechtsradikalen und rassistischen Krawallen sei ein Damm gebrochen, sagte Fraktionschef Volkmar Zschocke im Landtag. „Eine regelrechte Pogromstimmung zieht da auf. Wir müssen jetzt alles dafür tun, Pogrome zu verhindern.“ Die Ursachen für die Eskalation seien offensichtlich: „Zu lange Verständnis für Pegida. Zu lange Schönreden, Relativieren oder Ignorieren. Zu langes Schweigen der Mehrheit.“

Auch SPD-Fraktionschef Dirk Panter hat die Proteste und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte als Schande für Sachsen bezeichnet. „Wie muss sich jemand fühlen, der vor Bomben und Granaten geflohen ist, vor Schüssen und Hetzjagden, und jetzt bei uns mit Sprengkörpern und Hass-Tiraden empfangen wird“, fragte er in der Sondersitzung. Es dürfe auch nicht sein, dass Helfer und Unterstützer der Flüchtlinge als Gutmenschen bepöbelt würden. „Wo sind wir hingekommen in diesem Land, wenn das Wort Gutmensch, also guter Mensch, ein Schimpfwort ist?“

Ulbig stellt Konzept vor

Innenminister Markus Ulbig (CDU) erläuterte im Landtag das Konzept der Staatsregierung zum Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen, mit dem der Anstieg bei den Flüchtlingszahlen aufgefangen werden soll. „Jetzt rechnen wir mit einem Bedarf von 13 500 Platzen. Das bedeutet, dass wir bis zum Erreichen dieser Zielzahl in jeder Woche eine Einrichtung in der Größenordnung von 500 Plätzen ans Netz bringen müssen und werden.“

Petry: „Sondersitzung ist eine Schande“

Frauke Petry wirft Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor, mit seiner Rede die Probleme nicht konkret anzusprechen. „Ihre Sandmann-Rede hat wieder einmal den Bürgern Sand in die Augen gestreut und nicht die wahren Probleme adressiert“, sagte sie über die Erklärung des Regierungschefs. „Das ist eigentlich für eine Sondersitzung eine Schande. Und ich möchte das Wort ganz bewusst benutzen, weil so viel immer wieder von Schande gesprochen wird, wenn es um die Bürger geht, die sich angeblich oder tatsächlich falsch verhalten haben“, so Petry weiter. (dpa/szo)