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Tapsis tragisches Ende

Aus Liebe zum eigenen Tier schlug ein Ebersbacher den Kater der Nachbarin gewaltsam nieder. Mit schlimmen Ausgang.

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© privat

Von Catharina Karlshaus

Bis zur Urteilsfindung dürfte der Sommer vorbei sein. Als Richter Hans-Peter Burmeister am vergangenen Freitag im Amtsgericht Riesa einen zweiten Verhandlungstermin für Oktober festsetzt, sind die beiden Hauptakteure nicht verwundert. „Die Zeit nehmen wir uns, denn wir wollen es wissen! Wir wollen Gerechtigkeit für unseren Tapsi“, sagt Ines Krause*. Dass ihr Nachbar den knapp sechs Jahre alten Kater – ein Geschenk zu ihrem Geburtstag – im Januar so schwer verletzt habe, dass er eingeschläfert werden musste, ist für die Ebersbacherin nicht hinnehmbar. Deshalb hat sie den Fall zur Anzeige gebracht. Deshalb verklage sie Helmut Richter* auf die Tierarztkosten und die finanziellen Aufwendungen für ein neues Tier. Und deshalb finde sie es nur richtig, dass die Staatsanwaltschaft auch wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt.

Ein Tatbestand, um den es in der Verhandlung aber nicht geht. Krause und Richter haben sich eingefunden, weil beide meinen, sie seien im Recht. Während die junge Frau den Tod ihres geliebten roten Katers Tapsi geahndet wissen möchte, wähnt sich ihr Gegenüber moralisch auf der richtigen Seite. Helmut Richter, ein still und zurückhaltend wirkender Zeitgenosse und nun mit dem Vorwurf belastet, gewaltsam zugeschlagen zu haben.

Was war passiert an jenem 15. Januar 2017? „Ich bin an dem betreffenden Sonntag zeitig aufgestanden und habe gegen 5.45 Uhr Kaffee gekocht. Auf einmal habe ich ein lautes Katzengeschrei gehört. Eines, das so richtig durch Mark und Bein ging“, erinnert sich Richter. Daraufhin habe er sich eine Jacke übergezogen und sei in das Vorhaus gelaufen. Dorthin, wo zwei seiner vier Katzen zuweilen nächtigen. In der Schlafstätte seiner weißen Purzel habe er den Grund für den ohrenbetäubenden Lärm erkannt: In der Kiste wären seine Purzel und Nachbars Kater kämpfend ineinander verkeilt gewesen.

Da es laut Richter nicht das erste Mal war, dass der rote Vierbeiner nach seinem Empfinden unangenehm auffiel – Tapsi biss am 16. April 2016 angeblich den Schwanz seines Katers Karlchen ab – habe er schnell gehandelt. Praktisch bedeutete das, er nahm einen nach eigenem Bekunden extra zur Vertreibung von Waschbären, Mardern und dem roten Kater bereitgestellten 45 Zentimeter langen Holzknüppel und versuchte damit, die raufenden Tiere zu trennen. Da dies nicht gelang, habe er zwischen die Katzen gegriffen. „Schließlich bekam ich den Roten zu fassen. Unsere Purzel lief weg, und der andere verletzte mich zunächst am Ohr und krallte sich bei mir in der rechten Hand fest. Noch heute habe ich Taubheitsgefühle im Daumen und am kleinen Finger“, beklagt Richter, der 500 Euro Schmerzensgeld fordert. Da das sechs Kilo schwere Tier nicht von ihm abließ, brachte seine Frau Pfefferspray, das er einsetzte. Der rote Kater habe gezuckt und blieb dann in einem Schneehaufen liegen. Er sei so geschockt über die Ereignisse gewesen, dass er eingedenk seiner stark blutenden Hand die Polizei gerufen habe. Ines Krause laufen die Tränen übers Gesicht. Was Helmut Richter nicht erzählte: Die Beamten hätten an jenem verhängnisvollen Morgen gegen sechs Uhr bei Tapsis Familie geklingelt. Gemeinsam habe man das völlig verängstigte Tier gefunden, welches sich offenbar mit letzter Kraft davon geschleppt hat. Die Tierärztin stellt später ein Schädelhirntrauma, eine massive Beschädigung des linken Auges und eine Hirnblutung fest. Das Tier musste eingeschläfert werden.

Dass er den Kater mit dem Knüppel im Eifer des Gefechts geschlagen habe, verneint Helmut Richter. Ein Knüppel, der wie eine Schlagwaffe aus dem Mittelalter wirkt. „Hätte es nicht zum Trennen der Tiere auch ein Besen oder Schrubber getan?“ fragt Hans-Peter Burmeister ruhig. Den Knüppel will der Jurist nun beim nächsten Mal sehen. Das ist eventuell entscheidend für den Ausgang dieses Falls.

*Namen geändert