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Streit um Demoverbot für Legida

Leipzig verbietet dem Ableger des Dresdner Pegida-Bündnisses zu demonstrieren. Seither wird über die politische Verantwortung für diese Entscheidung hitzig gestritten. Für viele steht das Versammlungsrecht auf dem Spiel.

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© dpa

Leipzig. Das Demonstrationsverbot für das islamkritische Bündnis Legida in Leipzig an diesem Montag hat eine heftige politische Debatte ausgelöst. Dabei geht es im Kern um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das Parteivertreter von CDU bis Linker in Sachsen inzwischen als gefährdet sehen. Gleichzeitig wiesen sich die Führung der Messestadt und das Dresdner Innenministerium gegenseitig die Verantwortung für die Entscheidung zu. Die fünf ebenfalls für Montag angemeldeten Gegendemonstrationen wurden derweil genehmigt.

Die Stadt Leipzig verteidigte am Sonntag das Demo-Verbot für Legida. Die Situationsbeschreibung der Polizei sei eindeutig gewesen, sagte ihr Sprecher Matthias Hasberg. „Das Ordnungsamt hatte keine andere Wahl, als die Demonstration abzusagen.“ Die Polizei habe mitgeteilt, dass die zugesagten acht Hundertschaften weder für die Absicherung einer Kundgebung von Legida noch für einen Aufzug ausreichten.

Vermischung der Lager befürchtet

Bei der Anreise könnten Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Teilnehmern von Legida nicht unterbunden werden, im Falle von Auflagen sei eine Vermischung beider Lager zu befürchten. Am 30. Januar seien bei den Demonstrationen rund 20 Hundertschaften im Einsatz gewesen. Nach Angaben der Stadtverwaltung war ein Marsch mit Start und Ziel am Augustusplatz geplant, die mögliche Route jedoch noch offen. Bisher gab es drei Legida-Demonstrationen. Zuletzt hatten sich daran rund 1500 Anhänger beteiligt.

Dem Stadtsprecher zufolge hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) Innenminister Markus Ulbig (CDU) schon am vergangenen Freitag schriftlich über die drohende Absage informiert. „Wir haben den Eindruck, dass er die Lageeinschätzung seiner Polizei nicht liest“, sagte Hasberg. Sonst sei nur schwer zu erklären, warum er öffentlich das Gegenteil von dem sage, was seine Polizei mitteile. Das Innenministerium hatte das Demonstrationsverbot am Samstag als „nicht gerechtfertigt“ bezeichnet und von rund 1 000 Beamten gesprochen, die zur Verfügung stünden.

Kritik kam von den Landtagsfraktionen und den Polizeigewerkschaften. „Sachsens Bürger können sich endgültig nicht mehr sicher sein, dass sie ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit jederzeit ausüben können“, warnte der Innenexperte der Grünen, Valentin Lippmann. Nachdem schon am 19. Januar in Dresden sämtliche Demonstrationen wegen einer nicht vollständig geklärten Bedrohungslage verboten worden seien, schränke nun ein „Polizeinotstand“ die Versammlungsfreiheit erneut ein. Der Innenminister müsse die Gründe dafür offenlegen.

CDU-Innenexperte sieht keinen Polizeinotstand

Aus Sicht der CDU-Innenpolitikers Christian Hartmann kann von einem „Polizeinotstand“ keine Rede sein. Die Demonstrationen könnten mit 1 000 Beamten hinreichend abgesichert werden. Die Linken sprachen von „einem erneuten schweren staatlichen Angriff auf das hohe Verfassungsgut der Versammlungsfreiheit.“

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sieht in dem Demo-Verbot einen „Offenbarungseid der Politik“ und eine Kapitulation des Rechtsstaates. Er wies die Verantwortung dafür klar dem Dresdner Innenministerium zu. „Die Sparpolitik der vergangenen Jahre, die zu massiven Personalbestandskürzungen bei der Polizei geführt hat, fällt der politischen Führung jetzt auf die Füße und beschädigt unseren Rechtsstaat.“ Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, forderte Konsequenzen.

Die Legida-Organisatoren bezeichneten die Absage als „staatliche Willkür in Reinkultur“. Weitere Schritte würden bis spätestens Sonntagabend mitgeteilt, hieß es auf ihrer Internetseite. Legida lasse sich von Oberbürgermeister Jung nicht aus der Stadt vertreiben. (dpa)