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So ein Müll

In einem Mehrfamilienhaus in Riesa gibt es Streit: Eine Mieterin mag nicht für den Dreck der Nachbarn bezahlen, die sogar Sperrmüll in die Restmülltonne werfen.

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© privat

Von Christoph Scharf und Uta Büttner

Riesa. Alte Töpfe, Flaschen, Schuhe. Farbeimer, Kopfkissen, eine Nähmaschine. Das alles findet Manuela Müller in der Restmülltonne auf dem Hof ihres Mehrfamilienhauses. „Es ist immer dasselbe“, schimpft die Riesaern, die eigentlich ganz anders heißt. „Die Nachbarn schmeißen dort rein, was ihnen in den Sinn kommt.“ Dabei hätten alle ein Auto – und Altkleidercontainer oder Altglascontainer stünden gleich um die Ecke. „Die Leute sind einfach nur zu faul“, sagt die Mutter von drei Kindern. Dabei würde manch Nachbar den ganzen Tag zu Hause sitzen, während die Frau für 1 500 Euro brutto arbeiten geht.

Und da liegt das Problem: Weil durch den sorglosen Umgang der Mieter die beiden Restmülltonnen immer ruckzuck voll sind, will der Hausmeister jetzt eine dritte Tonne für die elf Mietparteien bestellen. „Das war die einzige Lösung, die ihm einfiel“, schimpft Manuela Müller. Eine Tonne zusätzlich kostet allerdings auch mehr: Laut Abfall-Zweckverband wird etwa für eine 240-Liter-Restmülltonne 8,40 Euro Miete pro Jahr fällig, außerdem 11,50 Euro pro Leerung. Geld, das über die Nebenkosten auf die Mieter umgelegt wird.

Die alleinerziehende Mutter sieht das gar nicht ein. „Zwei Tonnen würden für uns locker reichen, wenn man den Müll vernünftig trennt“, sagt Manuela Müller. Sie hat nicht nur mit dem Hausmeister geredet, sondern auch mit den Nachbarn, auch eine Familie aus Syrien ist darunter. „Ich hab bei denen geklingelt und dem Mann das System der Mülltrennung erklärt“, sagt die Riesaerin. Man könne nicht erwarten, dass Menschen aus dem Ausland das von heute auf morgen lernen. Tatsächlich hätten die Syrer in der Folge erst gar nichts mehr weggeworfen, dann wieder alles durcheinander wie zuvor. „Dann erkläre ich denen das halt noch einmal“, sagt die Nachbarin. Aber die einheimischen Mieter würden eben genauso gedankenlos die Mülltonnen befüllen – auf Kosten derer, die vernünftig den Müll trennen.

Elektronisches Schloss für die Tonne

Was kann ein Mieter in so einem Fall tun? „Es gibt Regeln“, sagt Sonja György vom Mieterverein Saxonia. „Hausmüll ist Hausmüll und Elektromüll ist Elektromüll.“ Wer so ein Problem in seiner Hausgemeinschaft hat, müsse Stichproben machen – und wenn möglich, notieren, wer wann und wie häufig was in den Hausmüll wirft. „Auch Töpfe und Pfannen gehören nicht in den Hausmüll. Dafür gibt es ebenfalls Abnahmestellen.“

Diese Notizen müsse man zusammen mit einem Schreiben an die Hausverwaltung senden. Darin sollte der Hinweis stehen, dass der Müll im Haus nicht ordnungsgemäß getrennt wird – und man nicht gewillt ist, die damit verbundenen Mehrkosten für die Entsorgung mitzutragen. „Wichtig ist, dass die Beschwerde schriftlich an die Hausverwaltung erfolgt“, sagt Sonja György. Aber was macht man, wenn es der Hausverwaltung egal ist – und sie ebenso gleichmütig darauf reagiert wie der Hausmeister im beschriebenen Riesaer Fall? „Dann ist es am besten, sich mit anderen Nachbarn, die es ebenfalls stört, zu einer Beschwerde zusammenzuschließen.“ Eine Garantie für eine Lösung sei aber auch dieses Vorgehen nicht.

Rechtsanwalt Andreas Boeltzig von der Riesaer Anwaltskanzlei Sternberg & Boeltzig empfiehlt der Mieterin, die Sache als Mangel beim Vermieter anzeigen und ihn aufzufordern, etwas gegen die Mehrkosten durch unsachgemäße Mülltrennung zu unternehmen. „Sie könnte damit drohen, eine Mietminderung vorzunehmen, wenn keine Maßnahmen erfolgen.“ Allerdings könne der Vermieter aber wenig unternehmen, wenn der Verursacher des Problems für ihn nicht auszumachen sei. Das wiederum bedeutet, dass es ausgehen könne wie das Hornberger Schießen – also ohne greifbares Ergebnis. Der Vermieter der Frau könne eigentlich nur elektronische Schlösser an die Mülltonnen anbringen lassen, damit sich jeder Mieter bei Benutzung einloggen muss.

So etwa handhabt es Riesas größter Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Riesa. Per Chip wird dort die Müllmenge jedes Mieters registriert – aber nicht die Art des Abfalls. Wer was hinein wirf, dürfe der Vermieter ohnehin nicht überprüfen, sagt Boeltzig. „Diese Überwachung ist nicht zulässig, weil es in die Persönlichkeitsrechte eingreifen würde.“ Gut möglich also, dass in den Riesaer Mülltonnen auch weiter Töpfe, Kopfkissen und Nähmaschinen landen. „Ich würde am liebsten ausziehen“, sagt Manuela Müller.“