Merken

Skandale um Pirnas neues Finanzamt

In den Außenanlagen des neuen Amtes wurde nicht der geforderte Sandstein aus Sachsen, sondern offenbar billiger Ersatz aus Polen verbaut.

Teilen
Folgen
NEU!
© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Sandsteinexperten witterten schon vor einiger Zeit einen dringenden Verdacht: Möglicherweise, so ihre Vermutung, sei an den Außenanlagen des neuen Pirnaer Finanzamtes gar nicht der eigentlich angeforderte Sandstein verbaut worden – sondern ein preiswerter Ersatz. Zwar hatte der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), der die neue Steuerbehörde für das sächsische Finanzministerium errichtet, in der Ausschreibung für die Außenanlagen ortstypischen Postaer Elbsandstein gefordert, das Land lässt sich das Außengelände immerhin rund 800 000 Euro kosten. Doch angesichts des dann tatsächlich verbauten Materials mehrten sich schnell Zweifel.

Ein Gutachter für das Steinmetzhandwerk aus Freiberg kam schon nach dem ersten Augenschein zu dem Schluss, dass es sich unmöglich um Postaer Sandstein handeln könne. Weder Farbe noch Einschlüsse passten. Der Experte attestierte, dass der Sandstein wohl eher aus Polen stamme.

Das SIB reagierte damals recht verdutzt auf die Expertise, hielt der Staatsbetrieb das Material doch bis dahin für vertragskonform. Lieferscheine und die schriftliche Aussage eines Natursteinlieferanten sollten untermauern, dass das verbaute Material tatsächlich aus dem Steinbruch „Kamerun“ in der Lohmener Herrenleite kommt. Dennoch beauftragte das SIB sicherheitshalber ein mineralogisches Gutachten, um die Herkunft der Steine zweifelsfrei klären zu lassen.

Die Expertise kommt nun zu einem erstaunlichen Ergebnis: Offensichtlich wurde der Freistaat beim Bau der Außenanlagen über den Tisch gezogen. Das vom SIB beauftragte Gutachten sagt eindeutig aus, dass in Teilbereichen kein ortstypischer sächsischer Sandstein verwendet wurde. Zur tatsächlichen Herkunft des Materials gibt es allerdings keine Auskunft. Der Ärger ist aber auch so schon groß genug. Betroffen vom falschen Sandstein sind nach Aussage des SIB eine Beeteinfassung, zwei Stufen im Bereich des Vorplatzes sowie ein Seitenstreifen, zehn Meter lang und einen halben Meter breit.

Weil das neue Finanzamt in der kommenden Woche offiziell eröffnet werden soll, ließ das SIB das falsche Material eilig austauschen. Zu einem Bauverzug hätten die Arbeiten allerdings nicht geführt. Auch Mehrkosten seien mit dem Austausch nicht verbunden, offenbar musste das die Baufirma auf eigene Rechnung erledigen. Ob Baufirma oder Lieferant nur versehentlich den falschen Sandstein verwendeten, ist bislang unklar. Auch zu möglichen weiteren Konsequenzen will sich das SIB nicht äußern, dies sei den ermittelnden Behörden vorbehalten.

In der vorliegenden Angelegenheit ermittelt nämlich inzwischen die Polizei, Fahnder informierten das SIB vor geraumer Zeit darüber. Was dafür ausschlaggebend war, sei dem Staatsbetrieb jedoch nicht bekannt. Nach der SZ vorliegenden Informationen soll es aber mindestens eine Strafanzeige wegen Betruges gegen die bauausführenden Firmen geben.

Ob der Staatsbetrieb auch selbst Konsequenzen aus der Angelegenheit zieht, lässt er noch offen. Keinesfalls lasse der Steine-Tausch Rückschlüsse auf andere Bauvorhaben zu – in der vorliegenden Sache handle es sich lediglich um einen Einzelfall.

Über 23 Millionen Euro lässt sich der Freistaat Sachsen den Sitz der Großbehörde kosten, etwa 300 Mitarbeiter werden dort beschäftigt sein. Um das Haus rankt sich derzeit gleich noch eine andere Posse. Das sächsische Finanzministerium möchte der neuen Pirnaer Behörde nämliche eine eigene Anschrift verpassen, was in Pirna auf Kritik stößt.

Auslöser des Streits ist Sachsens Finanzminister Georg Unland, der die – bisher nicht existierende – Adresse „Waisenhausplatz“ haben möchte. Man muss wohl nicht allzu lange raten, um herauszufinden, was den CDU-Mann an der eigentlichen Anschrift Clara-Zetkin-Straße stört. Der Bundestagsabgeordnete André Hahn (Linke) bezeichnet Unlands Ansinnen als „schäbig“. In Pirna hält sich hartnäckig das Gerücht, man habe dem Minister die Adressänderung versprochen, um den Finanzamts-Neubau an den gewünschten Standort zu holen.

In Dresden haben die Jusos daraufhin die Umbenennung des Carolaplatzes in der Neustadt in Clara-Zetkin-Platz gefordert. Die Adresse Carolaplatz 1 ist die Anschrift des sächsischen Finanzministeriums.