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Lange Pause an Sachsens Grenze

Polizisten kontrollieren die Nachtwölfe stundenlang. Die kremltreuen Rocker erreichen Torgau mit viel Verspätung.

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© dpa

Thomas Schade

Dresden. In dem kleinen Ort Prestanov bei Usti wurden sie noch mit Brot, Salz und roten Nelken begrüßt – die kremltreuen Rocker des russischen Motorradclubs Nachtwölfe. Ein paar Kilometer weiter, im sächsischen Breitenau, hießen Bundespolizisten die Rocker auf ihrer sogenannten „Siegestour“ erst einmal mit der Kelle willkommen. Einreisekontrolle, wie in alten Zeiten.

Nachtwölfe auf dem Weg nach Torgau

Einige Mitglieder des Motorradclubs "Nachtwölfe" steuern Torgau an. Am Donnerstagnachmittag sind die russischen Biker nach Sachsen gekommen, um ihre umstrittene "Siegestour" fortzusetzen.
Einige Mitglieder des Motorradclubs "Nachtwölfe" steuern Torgau an. Am Donnerstagnachmittag sind die russischen Biker nach Sachsen gekommen, um ihre umstrittene "Siegestour" fortzusetzen.
Vor ihrer Einreise nach Deutschland hatten die Biker in der tschechischen Ortschaft Prestanov bei Usti noch einen Halt eingelegt. Am russischen Denkmal für die Toten der Schlacht bei Chlumec (Kulm) 1813 legten sie Kränze nieder.
Vor ihrer Einreise nach Deutschland hatten die Biker in der tschechischen Ortschaft Prestanov bei Usti noch einen Halt eingelegt. Am russischen Denkmal für die Toten der Schlacht bei Chlumec (Kulm) 1813 legten sie Kränze nieder.
Nach dem Passieren der Grenze wurden die Biker von deutschen Motorrad-Polizisten empfangen und überprüft.
Nach dem Passieren der Grenze wurden die Biker von deutschen Motorrad-Polizisten empfangen und überprüft.
Auf ihrer "Siegesfahrt" nach Berlin legen die russischen Biker auch einen Zwischenstopp in Torgau ein. Am 9. Mai wollen sie in Berlin an der zentralen Gedenkfeier zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges teilnehmen.
Auf ihrer "Siegesfahrt" nach Berlin legen die russischen Biker auch einen Zwischenstopp in Torgau ein. Am 9. Mai wollen sie in Berlin an der zentralen Gedenkfeier zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges teilnehmen.
Der Tour der Nachtwölfe haben sich auch Biker des Clubs aus Mazedonien und Bulgarien angeschlossen.
Der Tour der Nachtwölfe haben sich auch Biker des Clubs aus Mazedonien und Bulgarien angeschlossen.
Die russischen Biker und Veteranen bei einer Kranzniederlegung bei Usti.
Die russischen Biker und Veteranen bei einer Kranzniederlegung bei Usti.
Kurz nach dem Grenzübergang im Breitenau werden die Biker auf der A17 erstmals auf einer sächsischen Straße gesehen.
Kurz nach dem Grenzübergang im Breitenau werden die Biker auf der A17 erstmals auf einer sächsischen Straße gesehen.
Mitglieder des Motorradclubs stehen auf einem Gelände der Bundespolizei an der A17.
Mitglieder des Motorradclubs stehen auf einem Gelände der Bundespolizei an der A17.
Erst am Abend kamen einige Mitglieder dann in Torgau an.
Erst am Abend kamen einige Mitglieder dann in Torgau an.

Die Nachtwölfe waren in Prag aufgebrochen, um die am 25. April begonnene Fahrt auf den Spuren der Roten Armee fortzusetzen. Kurz vor Mittag tauchten etwa 20 bis 30 Biker an dem Denkmal bei Prestanov auf, das für russische Soldaten errichtet worden war, die 1813 in der Schlacht bei Chlumec gefallen waren. Zusammen mit ordensbehangenen Weltkriegsveteranen und Frauen, Kindern und in Gegenwart eines Priesters legten sie einen Kranz nieder und ließen sich feiern.

Nur wenige Biker trugen die Kutte der Nachtwölfe, die durch derbes Leder und große Schnallen auffällt. Die kleine Gruppe genoss vor allem die Show. Kerle mit schulterlangen Haaren, Sonnenbrillen und Händen voller Ringe mischten sich unter die einheimischen Sympathisanten. Sowjetfahnen wurden geschwenkt.

Währenddessen war am ehemaligen Grenzübergang im sächsischen Breitenau die deutsche Polizei aufgefahren – Dutzende Beamte mit zivilen und blau-weißen Einsatzfahrzeugen. Doch sie mussten warten, denn die Nachtwölfe nutzten die Gelegenheit und machten preiswert in Tschechien Mittag. Erst nach 14 Uhr rollten auf der A 17 40 Motorradfahrer und zehn Begleitfahrzeuge auf die deutsche Grenze zu. Einen Kilometer vor der Anschlussstelle Bad Gottleuba wurde der Tross von der Autobahn runter gewunken und auf eine Kontrollstelle geleitet. Mit einem „angepassten Kräfteaufgebot“ habe man sich auf die Ankunft vorbereitet, so Bundespolizeipressesprecher Christian Meinhold am Mittag. Das schließe Einreisebefragungen ein.

Und die zogen sich über mehr als vier Stunden hin. Länger als ihnen lieb sein konnte, mussten die Rocker in Breitenau ausharren. Da in der Gruppe sowohl EU-Bürger als auch Nicht-EU-Bürger seien, dauere die Befragung mal länger, mal kürzer, versuchte der Polizeisprecher die Situation zu erklären. Tatsächlich rollten in dem Tross zahlreiche Maschinen mit deutschen sowie tschechischen und anderen osteuropäischen Kennzeichen. Ein beträchtlicher Teil der Biker, die die Nachtwölfe in Deutschland offenbar begleiten wollten, verkrümelte sich nach Überprüfung.

Für die Nachtwölfe war die Einreise erst möglich geworden, nachdem das Berliner Verwaltungsgericht vor Tagen mit einer einstweiligen Verfügung der Bundesrepublik untersagt hatte, zwei Nachtwölfen die Teilnahme an der Siegesfeier in Berlin zu verweigern. Angeblich aus Furcht vor „diplomatischen Störungen“, so der Anwalt eines der Betroffenen, habe die Bundesrepublik seinen Mandanten die Einreise verweigern wollen. Offenbar ein Grund für die Polizei, genau hinzuschauen, wer von der Rockertruppe einreist. Zuvor hatte bereits Polen dem von Wladimir Putin protegierten Klub die Durchreise untersagt.

Ziel der gestrigen Etappe war das nordsächsische Torgau, die Stadt an der Elbe, wo im April 1945 die historische Begegnung amerikanischer und sowjetischer Truppen stattgefunden hatte. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, seien vom russischen Generalkonsulat drei Kranzniederlegungen in der Stadt angemeldet worden – am Denkmal der Begegnung und am Fahnenmonument an der Elbe, die an die Ereignisse von vor 70 Jahren erinnern. Zudem wollen die Nachtwölfe auch auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof einen Kranz niederlegen, so Stadtsprecher Vetter.

Bis 18 Uhr zogen sich die Kontrollen hin, bei denen auch Vertreter des russischen Generalkonsuls dabei waren. Am Ende sei aus dem Tross ein mazedonischer Staatsbürger, der kein Mitglied der Nachtwölfe sei, aufgefordert worden, die Bundesrepublik zu verlassen, so Polizeisprecher Meinhold. Gegen 19 Uhr rollten die Rocker mit noch 20 Motorrädern weiter. Beim Tankstopp an der Raststätte „Dresdner Tor“ wartete nach Angaben von „mopo24“ Pegida-Gründer Lutz Bachmann auf die Rocker – und auf einen gemeinsamen Fototermin.