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Schulrebellen gewinnen vor Gericht

Richter am Karlsruher Bundesverfassungsgericht kippen Teile des sächsischen Schulgesetzes: Gemeinden dürfen über Schulen selbst entscheiden.

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© dpa

Von Frank Seibel

Karlsruhe/Seifhennersdorf Zwei Jahre lang hat der Protest der Schulrebellen bundesweit Schlagzeilen gemacht, jetzt hat die Stadt Seifhennersdorf vor dem höchsten deutschen Gericht gewonnen.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das sächsische Schulgesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Das gab das Gericht gestern bekannt. Demnach gehört es zu den ureigenen Rechten einer Gemeinde, selbst zu entscheiden, ob sie eine Grund- oder Oberschule unterhalten möchte oder nicht. Die Entscheidung darüber dürfe nicht auf die Ebene des Kreistages „hochgezont“ werden, heißt es in einer gestern veröffentlichten Mitteilung des Bundesverfassungsgerichtes.

Die Stadt Seifhennersdorf hat jahrelang gegen den Beschluss zunächst des Görlitzer Kreistages gekämpft, die Oberschule (früher: Mittelschule) zu schließen. Bürgermeisterin Karin Berndt (parteilos) sieht in dieser Schule einen wesentlichen Baustein für die Überlebenschance der Kleinstadt, deren Einwohnerzahl seit 1990 von 7 000 auf 4 000 geschrumpft ist.

Die Mehrheit der Kreisräte sowie auch der Kommunalpolitiker in den umliegenden Orten argumentierte hingegen, dass die Schülerzahlen zwischen Zittau und Löbau auf Dauer nicht mehr für alle Oberschulen ausreichen würden und daher in dieser Region eine geschlossen werden müsse. Die Wahl fiel auf Seifhennersdorf, wobei im Gegenzug das Gymnasium erhalten wurde.

Das Bundesverfassungsgericht greift in seiner Urteilsbegründung weit zurück in die Geschichte. „Die Schulträgerschaft zählt zum historisch gewachsenen Aufgabenbestand der Kommunen“, heißt es in dem Beschluss. Das sei eine „Perle der kommunalen Selbstverwaltung“, sagte Gerichtssprecher Bernd Odörfer gestern.

Das Recht geht sogar so weit, dass der Staat den Gemeinden „gegebenenfalls die Mittel zur Verfügung stellen muss, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen“.

Das sächsische Kultusministerium reagierte gestern zurückhaltend. Man müsse den Beschluss und die Begründung dazu „gründlich prüfen“.

Die konkreten Auswirkungen der Gerichtsentscheidung sind noch unklar. Da Teile des sächsischen Schulgesetzes nun ungültig sind, werden neue Verwaltungsvorschriften und klärende Urteile der Verwaltungsgerichte nötig. Überdies hat die Staatsregierung ein neues Schulgesetz angekündigt. Ob Seifhennersdorf nach dem Gerichtsbeschluss aus Karlsruhe schnell wieder eine Oberschule bekommt, bleibt vorerst offen. Die Eltern arbeiten an einem Konzept für eine freie Schule, die im nächsten Herbst starten soll.