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Schule im Notbetrieb

Fast die Hälfte der Lehrer an der Grundschule Nünchritz ist krank. Deshalb kommt es zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Nünchritz. Bleibt die Grundschule Nünchritz am Freitag geschlossen? Diese Frage drängte sich vielen Eltern auf, nachdem ihre Kinder am Mittwoch einen kleinen Zettel der Schulleitung im Hausaufgabenheft liegen hatten. Demnach könne aufgrund des hohen Krankenstandes unter den Lehrern kein planmäßiger Unterricht mehr stattfinden. „Kein Wort darin über Notbetreuung, quasi eine Aufhebung der Schulpflicht?“, fragte daraufhin ein Vater.

„Das haben wahrscheinlich einige in den falschen Hals bekommen“, erklärte Schulleiterin Iris Lehmann am Donnerstag der Sächsischen Zeitung. Denn die Schule wird nicht geschlossen, betonte sie. Die Kinder werden am Freitag bis zur vierten Stunde von den Lehrern betreut und danach von den Erziehern im Hort. „Ich habe am Freitag noch fünf Kollegen für neun Klassen zur Verfügung“, so Iris Lehmann. Vier der elf Kollegen seien krank, andere müssten ihren dienstlichen Verpflichtungen an anderen Schulen nachkommen. Wie sie selbst zum Beispiel. Sie leitet in diesem Jahr die Grundschule Nünchritz nämlich zusätzlich zur Grundschule Strehla, an der sie unter anderem immer freitags unterrichtet.

„Wir suchen nach Möglichkeiten. Und wenn das eine oder andere Elternteil sein Kind zu Hause behalten könnte, würde uns das sehr helfen“, erklärte Iris Lehmann. Zumal es auch für die Kinder belastend sei, wenn die Klassen zusammengelegt werden müssen. Allein schon deshalb hofft sie, dass der Schulbetrieb ab Montag wieder einigermaßen normal laufen kann.

Die Bildungsagentur Dresden nennt die Situation in Nünchritz eine absolute Ausnahme. Zudem habe sich die Schulleiterin im Vorfeld mit der Agentur abgesprochen. Lehrer aus anderen Einrichtungen zur Absicherung des Unterrichts quasi auszuborgen, sei derzeit nicht möglich. „Auch an benachbarten Grundschulen fehlen krankheitsbedingt Lehrer, sodass eine kurzfristige Abordnung nicht möglich ist“, sagte Agentur-Sprecherin Petra Nikolov.

Deshalb wurde diese Art der außerplanmäßigen Unterrichtsabsicherung zunächst für den Freitag festgelegt. Das sei ein Novum im Agenturbezirk. „Bisher mussten wir als Schulaufsicht nicht auf diese Möglichkeit der Unterrichtskürzung zurückgreifen“, so Petra Nikolov.

„Ich war auf den ersten Blick entsetzt, als ich das gelesen habe“, sagt Elternsprecher Göran Gust. Wirklich überrascht ist er von der Entwicklung aber nicht. Denn schon zu Beginn des Schuljahres habe es große Anstrengungen gebraucht, um den Unterricht überhaupt abzusichern. Der Schulleitung macht er dabei keinen Vorwurf, sondern dem Land Sachsen und seiner Personalpolitik im Bereich Bildung. „Sachsen rennt sehenden Auges in die Katastrophe“, sagt er und vermutet, dass es nicht der letzte Engpass gewesen sein wird.