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„Schützen sind die sichersten Nachbarn“

Kreisschützenmeister Alois Langwieser aus Sacka im Landkreis Meißen legt für seine Leute die Hand ins Feuer.

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© Symbolfoto/dpa

Herr Langwieser, Sie sind vor Kurzem zum Kreisschützenmeister wiedergewählt worden. Es gibt sicherlich angenehmere, ehrenamtliche Funktionen, zu denen man gratulieren kann.

Alois Langwieser ist Vorsitzender des Schützenvereins Sacka und Kreisschützenmeister für die Region Meißen und Döbeln.
Alois Langwieser ist Vorsitzender des Schützenvereins Sacka und Kreisschützenmeister für die Region Meißen und Döbeln. © Brühl

Wie meinen Sie das?

Na, so bald in Deutschland jemand mit einem Gewehr rumläuft, waren ja bisher immer die Schützenvereine unter Generalverdacht.

Jetzt habe ich Sie verstanden. Genau so sehe ich das auch. Es ist ein ganzes Stück Überzeugungsarbeit, die wir als Schützen noch zu leisten haben. Dabei kann sich doch jeder glücklich schätzen, der einen Sportschützen zum Nachbarn hat.

Wieso? Weil er bewaffnet ist?

Nein, nicht deswegen. Ein Sportschütze gehört zu den bestüberprüftesten Menschen in Deutschland überhaupt. Bevor er eine Waffe in die Hand kriegt, wird er genau durchleuchtet, ob er schon mal straffällig geworden ist. Dann wird seine persönliche Eignung überprüft.

Da wird überprüft, ist er noch vollgeistig da, säuft er eventuell, ist er ein Schläger oder anders negativ aufgefallen. Es muss also ein grundanständiger Mensch sein, sonst erhält er keine Waffenbesitzkarte (WBK, Anm. d. Red.). Punkt um aus. Da lassen die Schützenvereine nicht mit sich verhandeln.

Wie viele Schützen gibt es im hiesigen Schützenkreis?

In meinem Schützenkreis sind wir 1400 Aktive in 28 Vereinen.

Und Sie würden sich für jeden Einzelnen verbürgen?

Hundertprozentig, weil sie, wenn sie eine WBK besitzen, überprüft worden sind.

Zu Beginn des vergangenen Jahres gab es in vielen Schützenvereinen einen Mitgliederaufschwung. Hat sich der Trend bestätigt?

Da gibt es natürlich Unterschiede. Aber in einigen Vereinen hatten wir im letzten Jahr tatsächlich einen ordentlichen Zuwachs an neuen Mitgliedern. Bei manchen Vereinen bis zu zehn Prozent.

Es wird ja spekuliert, dass dieser Trend damit zusammenhängt, dass das allgemeine Sicherheitsempfinden in Deutschland sensibler geworden ist.

Nein, damit hängt es absolut nicht zusammen. Das hat eher damit zu tun, dass Gefühle wie Angst oder Einsamkeit durch eine Gemeinschaft gelöst werden. In einem Verein finde ich Menschen, die gleiche Interessen haben und die zu mir halten.

Da kann man ja auch in die Feuerwehr gehen.

Eindeutig. Aber nicht jeder ist für die Feuerwehr geschaffen. Die Kameraden müssen manchmal wirklich Schwerstarbeit leisten. Da zieh ich meinen Hut davor.

Zurück zu den Schützenvereinen. Was ist notwendig, damit sie nicht nur dann in den Fokus geraten, wenn wieder mal was Schlimmes mit Waffen passiert ist?

Schauen Sie mal. Die ältesten Vereine in Deutschland sind Schützenvereine. Alles, was heute Vereinsleben ausmacht, ist aus dem Schützenwesen entstanden. Lang bevor es Sportvereine, Gesangvereine und Freiwillige Feuerwehren gab, waren Schützenvereine die führenden Vereine im Dorf und in der Stadt. Wenn man so will, kann man sie für die damalige Zeit auch als Zentrum des öffentlichen Lebens bezeichnen. Nicht umsonst ist das deutsche Schützenwesen im vergangenen Jahr von der Unesco zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt worden.

Die Schützen sind jetzt also auch geschützt.

Die Schützen weniger, sondern das, was im Brauchtum über die Jahrhunderte erhalten wurde und was eben auch wirklich die Kultur einer Nation ausmacht.

Gehört da auch ein Funke Geselligkeit dazu?

Sowieso. Besonders das Gemeinschaftsgefühl ist entscheidend und kann für ein Dorf prägend sein.

Was wollen Sie als Kreisschützenmeister dafür tun, dass Schützenvereine wieder mehr im gesellschaftlichen Leben verankert sind. Vor allem hier in Sachsen, wo sie auch 27 Jahre nach der Wende noch nicht weit verbreitet sind.

Ich bin halt der Meinung, wenn man etwas kennt, dann hat man keine Angst davor. Sicher gibt es Vorbehalte, weil wir mit Waffen unseren Sport betreiben. Aber das können wir nur unter den genannten Voraussetzungen und außerdem mit höchster Konzentration. Ich hatte zum Beispiel mal ein Mädchen im Verein, die in der Schule Schwierigkeiten hatte, dem Unterricht zu folgen. Durch das Sportschießen hat sie gelernt, sich zu konzentrieren, und das hat ihr schließlich auch in der Schule geholfen. Das ist doch prima.

Jugendliche sind aber bestimmt die Ausnahme in Schützenvereinen, oder?

Das liegt auch daran, dass man bei uns frühestens erst mit 14 Jahren eintreten kann. Und das finde ich auch richtig so. Ich bin gegen amerikanische Verhältnisse, wo schon Kinder mit Waffen in Berührung kommen.

Deshalb ist es wohl wenig verwunderlich, dass die meisten Neumitglieder in den Schützenvereinen schon eher gestandene Männer sind.

Viele, die in letzter Zeit eingetreten sind, sind 22 Jahre und älter. Das stimmt schon. Aber wer einmal dabei ist, der hat einen wunderschönen Sport. Und vor allem einen Sport, den er bis zum Lebensende ausführen kann. Unser ältester, aktiver Schütze war 99 Jahre alt.

Gespräch: Jörg Richter