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Schülerin von Bustür eingeklemmt

Die Eltern erheben schwere Vorwürfe gegen das Verkehrsunternehmen. Das sieht den Fall in Seifhennersdorf aber etwas anders.

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© Rafael Sampedro

Von Holger Gutte

Seifhennersdorf. Die elfjährige Emily trifft keine Schuld. Trotzdem ist sie die Leidtragende von dem, was sich am 13. März vor der Oberschule in Seifhennersdorf zugetragen hat. Wie immer dienstags, wollte sie von dort nach Schulschluss mit dem Bus nach Großschönau heimfahren. „Der Bus hielt direkt vor mir“, erzählt die Sechsklässlerin vom Oberlandgymnasium. Wegen der Sanierung des Gymnasiums ist der Unterricht für einen Großteil der dortigen Schüler an die Oberlandschule verlagert worden. Wie immer wird auch an diesem Tag von hinten gedrückt und geschubst. Dem Busfahrer wird es drinnen zu bunt und er schließt die Tür. Emily kann aber nicht schnell genug ihr Bein zurückziehen. Für einen Moment bleibt sie stecken und verliert ihr Gleichgewicht. Die hinter ihr stehenden Schüler fangen sie auf. Dennoch hat sie jetzt einen blauen Fleck am Bein. „Tut mir leid. Aber wenn hier so von hinten geschoben wird, kann ich nichts machen“, hat der Fahrer dann zu mir gesagt, als ich wieder eingestiegen bin“, erzählt Emily.

Ihre Mutter ist wütend auf die Kraftverkehrsgesellschaft Dreiländereck (KVG). „Die Busfahrer übernehmen für die Schüler eine Obhutspflicht und sind nicht die Gegner der Kinder“, sagt sie. Sie wollte mit dem Fahrer darüber reden. Aus Datenschutzgründen haben sie ihr aber bei der KVG seinen Namen nicht nennen wollen. Als sie bei der KVG anrief und sie ihr Anliegen schilderte, habe man sie dagegen ausgelacht und herablassend behandelt. Ihrer Tochter wurde sogar unterstellt, dass sie lügt. Die Reaktion, die Emilys Mutti aber auf Facebook und von anderen Eltern erhielt, bekräftigen jedoch die Aussage der Elfjährigen. In einer anderen Familie hatte beim Abendbrot die Tochter erzählt, dass heute in der Schule ein Mädchen in der Bustür eingeklemmt war, noch bevor sie den Post von Emilys Mutti auf Facebook gelesen hatte, schildert sie. Emilys Eltern überlegen nun, ob sie eine Anzeige gegen unbekannt stellen. Denn einfach so stillschweigend wollen sie die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Emilys Mutti beklagt auch, dass die Busse so voll sind. Wie ihre Kinder schildern, laufen sie und andere Schüler, wenn sie Zeit haben, extra ein bis drei Haltestellen vor, um manchmal in den Genuss eines Sitzplatzes zu kommen,

KVG-Geschäftsführer Alfons Dienel stellt auch sofort klar: „Das Mädchen kann auf jeden Fall nichts dafür.“ Er sagt aber auch, dass es immer schlimmer an den Haltestellen wird. Über 6 000 Kinder fahren sie jeden Tag zur Schule und wieder zurück in ihre Heimatorte. Immer wieder gibt es Ärger beim Einsteigen und auch manchmal Beschwerden. Ihn ärgert, dass die Eltern meist prinzipiell der Meinung sind, dass ihre Kinder alles richtig machen. „Was ich jetzt aber nicht den Eltern des Mädchens unterstellen möchte“, meint Alfons Dienel.

Wie er berichtet, kann man sich nicht an einer Bustür verletzen. Die Türen schließen mit Luftdruck oder elektrisch. Sie bleiben automatisch stehen, falls jemand eingeklemmt wird. Danach öffnen sie sich wieder. Zumindest, wenn man stehen geblieben ist. Ansonsten kann es passieren, dass der Fahrer die Tür von innen per Knopfdruck öffnen muss. So soll es bei Emily gewesen sein. Durch die dicke Gummiumrandung dürfte bei drei Kilogramm Druck keine Verletzung entstehen, schildert er. Damit das alles so funktioniert, werden die Türen vierteljährlich überprüft.

Seifhennersdorf gehört zu den Orten, wo es an den Haltestellen am Gymnasium und der Oberschule immer wieder Ärger wegen Drängeleien gibt. Selbst, wenn der Bus leer an der ersten Haltestelle ankommt, wird gedrängelt, meint er. „Die Busse fahren langsam heran. Denn wenn ein Kind durch die Schubserei unter den Bus gerät, fährt er trotz Bremsen noch drei Meter. Alfons Dienel wünschte sich, dass die Schulen Aufsichtspersonen an den Haltestellen hätten. An einigen Grundschulen wird das gemacht. Da klappt das. „Deutschland ist ein reiches Land. Jeder Schüler müsste einen Sitzplatz im Bus haben. Dann gäbe es diese fahrenden Turnhallen nicht“, sagt er. Aber auch im Schulbus selber gibt es zu oft Probleme. Eine Unsitte sind Mutproben geworden, wie sie schon in der Linie zur Grundschule Schönau-Berzdorf vorkamen. Da hatten Schüler während der Fahrt ihre dünnen Ärmchen zwischen die Gummis an den Türen geschoben. „Da bekommst du als Fahrer Herzinfarkt, wenn du im Rückspiegel einen Arm durch die Tür stecken siehst“, erzählt Alfons Dienel.