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Schrauben wie in alten Zeiten

In einer Werkstatt in Kesselsdorf werden Oldtimer wieder aufpoliert – ein Handwerk, das nur noch wenige beherrschen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Wilsdruff. Der Gang durch die Verkaufsräume der Werkstatt Mobilforum Classic in Kesselsdorf lässt die Herzen aller Autofans höherschlagen. Altes, edles Blech steht eng aufgereiht in der Halle. Vom süßen Mini Cooper, über BMW- und Mercedes-Limousinen aus den 70er-Jahren bis hin zu einem alten Hudson Terraplane von 1936 ist alles mit dabei. Besonders beeindruckend: ein Dodge Charger aus dem Jahr 1968 in der Ausführung R/T 426 Hemi mit 425 PS. „Von diesem Wagen wurden nur 467 Exemplare gebaut. Heute fährt ihn kaum noch einer. Genau solche Fahrzeuge sind unsere Spezialität“, erklärt Hubertus Schnorr, Geschäftsführer der Werkstatt.

Der studierte Architekt wuchs in einem Dorf bei Wittenberg auf und entdeckte seine Leidenschaft für das Schrauben schon früh. „Bereits mit zehn Jahren habe ich an meinem Moped gebastelt und bin durch den Wald gefahren“, erinnert sich der 39-Jährige. So hing er seinen eigentlichen Beruf schnell an den Nagel und wurde Mechaniker. „Meine Lebensgefährtin hatte einen Job in Uganda angenommen. Da entschied ich mich, mitzukommen und dort eine Werkstatt zu eröffnen“, berichtet er. So reparierte Schnorr bis vor drei Jahren vor allem Geländewagen von Nicht-Regierungsorganisationen in dem afrikanischen Land.

Zurück in Deutschland blieb er seiner neuen Profession treu und gründete unter dem Dach der Mobilforum-Gruppe, die in der Region mehrere Autohäuser betreibt, die Oldtimerwerkstatt im ehemaligen Diska-Markt in Kesselsdorf. Obwohl erst vor eineinhalb Jahren eröffnet, laufen die Geschäfte gut. „Da wir sehr spezialisiert sind, kommen die Kunden fast schon von alleine zu uns“, erklärt Schnorr.

Wer in der Oldtimer-Werkstatt ein Auto kaufen will, sollte sich darauf einstellen, dass es etwas dauern könnte, bis man hinter dem Steuer seines Wunschvehikels sitzt. Bei Mobilforum Classic stehen die Fahrzeuge in der Regel nicht bereit, sondern müssen erst gesucht werden.

„Die Kunden haben meist konkrete Vorstellungen darüber, welches Auto sie kaufen wollen. Wir suchen dann auf dem Markt nach einem passenden Modell, dass wir im Anschluss herrichten“, erklärt Schnorr. So sollten angehende Oldtimer-Besitzer bis zu einem Jahr für den Kauf eines Wagens einplanen.

Neue Mechaniker gesucht



„Ich würde in jedem Fall davon abraten, ohne entsprechendes Fachwissen einen Oldtimer auf eigene Faust zu kaufen“, stellt Schnorr klar. Er und seine Kollegen erleben immer wieder, dass die frischgebackenen Besitzer letztlich erheblich tiefer in die Taschen greifen müssen, weil sie schwerwiegende Schäden beim Kauf nicht erkennen.

„Die Restaurierung und Reparatur von Oldtimern erfordert umfangreiches Fachwissen. Jede Marke und jedes Modell bringt andere Probleme mit sich. Wir verfügen über diese Kompetenzen“, sagt Schnorr. Gelernte Kfz-Mechatroniker in Fachwerkstätten würden meist nicht die Kenntnisse mitbringen, die es braucht, um einen Oldtimer zu reparieren. Die alten Autos verfügen kaum über Elektronik und erst recht nicht über Steuergeräte, die sich zur Diagnose des Problems auslesen lassen.

So ist die Werkstatt, in der bisher vier Mechaniker angestellt sind, auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, die Erfahrung im Umgang mit alter Technik haben und sich gerne die Hände an öligen Bauteilen dreckig machen. Eine Ausbildung im Kfz-Bereich ist nicht zwingend erforderlich.

So schön die Oldtimer im Verkaufsraum in Kesselsdorf auch aussehen, so teuer sind sie meistens auch. Gerade alte, leistungsstarke Modelle kosten schnell mehr als 100 000 Euro. „Es gibt auch erschwingliche Oldtimer. Gerade alte Mercedes-Modelle sind günstig zu haben und sehr zuverlässig“, erklärt Schnorr. Für ihn ist das Fahren der alten Autos auch Teil eines Lebensgefühles, das sich nicht rational ergründen lässt. Dass die alten Boliden viel Sprit schlucken und deshalb der Umwelt schaden, will er so nicht stehenlassen, da die Produktion von Neuwagen mit wenig Verbrauch auch sehr viel Energie verschlinge.