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Schaffe, schaffe, aber kein Häusle baue

Immer weniger Menschen im Landkreis Meißen leben im eigenen Heim. Eine Generation zählt zu den größten Verlierern.

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© SZ-Archiv/LBS

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Ein Mann muss drei Dinge im Leben tun, sagt ein altes Sprichwort: Ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen. Aber schon die erste Aufgabe erfüllen inzwischen immer weniger Menschen, Männer wie Frauen. Zumindest, wenn man einer Untersuchung des Pestel-Instituts aus Hannover glaubt, die von der Initiative „Wohn-Perspektive Eigentum“ in Auftrag gegeben wurde.

Demnach besitzen im Landkreis Meißen nur 42 Prozent der Menschen ein eigenes Haus beziehungsweise eine Eigentumswohnung. Das sind 50 100 Wohnungen, für die keine Miete bezahlt werden muss. In der Stadt Meißen hat nur jeder Fünfte ein eigenes Heim, in Radebeul sind es 37 Prozent. Bundesweit liegt die Eigentumsquote mit knapp 45 Prozent etwas höher. Im Europavergleich landet Deutschland damit nur auf dem drittletzten Platz.

Das Institut macht dabei eine Generation aus, die zu den größten Verlierern beim Wohneigentum zählt, obwohl man das Gegenteil erwarten sollte: Die 25- bis 40-Jährigen können sich immer seltener ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung leisten. „Dabei gehören gerade die Jobstarter und Familiengründer eigentlich zur typischen Klientel für Wohnungskauf und Hausbau“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts Matthias Günther. Rund 41 000 Menschen dieser Altersgruppe leben im Landkreis Meißen. Deren Eigentumsquote ist in den vergangenen Jahren laut Pestel-Institut um fast 30 Prozent zurückgegangen.

„Das wundert mich nicht“, sagt Eyk Schade vom Mieterverein Meißen und Umgebung. Gerade diese Altersgruppe sei ja häufig nur befristet beschäftigt und deshalb nicht kreditwürdig. Außerdem seien die Preise im Landkreis enorm gestiegen. „Ein Haus ist für junge Leute heute öfter ein Klotz am Bein. Da wohnen sie lieber zur Miete“, so Schade. Außerdem wisse man oft nicht, wohin es einen beruflich noch verschlage. Für den Landkreis sieht er eine „mächtige Abwanderung“ voraus. „Und die Eigenheimzulage gibt es ja schon seit elf Jahren nicht mehr“, sagt Schade. „Man könnte auf jeden Fall wieder einmal fördern, dass junge Menschen Eigentum schaffen.“ Die Eigenheimzulage war eine der größten staatlichen Subventionen, um die Schaffung von selbst genutztem Wohneigentum zu fördern. Seit 2006 wird sie nicht mehr gewährt. Selbst wenn es sie heute noch gäbe, „könnte es auch sein, dass die Makler den jungen Leuten dann wieder wegnehmen, was der Staat gewährt“, so Schade vom Mieterverein. Fragt man die Makler im Kreis, erhält man ganz unterschiedliche Antworten zur Untersuchung des Pestel-Instituts. Jürgen Richter aus Meißen kann zum Beispiel nicht bestätigen, dass es einen homogenen Trend zu weniger Wohneigentum gibt. „Es gibt immer wieder Exoten, die aus Dresden wegwollen aufs Dorf“, sagt er. Insgesamt sei der Trend aber schon: weg aus ländlichen Regionen. Beim Gespräch mit der SZ ist Richter gerade auf dem Weg zu einem Notar-Termin mit jungen Leuten, Mitte 20. „Und das ist kein Einzelfall.“ Beim klassischen frei stehenden Einfamilienhaus gebe es noch immer eine hohe Nachfrage. Auch bei den jungen Leuten hätten Viele ordentliche Jobs und damit gute Einkommen. Das Fehlen der Eigenheimzulage werde heute kompensiert durch niedrige Zinsen. Lagen diese in den Neunzigern noch bei neun bis zehn Prozent sind sie heute auf nur noch ein bis zwei Prozent gesunken.

Was traumhaft klingt, kann laut Makler Jörg Heller aus Großenhain schnell zum Albtraum werden. Denn das Elbland ist ausverkauft, deshalb sind die Immobilienpreise gestiegen. Für ein Haus in Weinböhla müsse man schon mit 300 000 Euro rechnen. Eine 112-Prozent-Finanzierung, die man ohne Eigenkapital brauche, mache kaum eine Bank mit. „Höchstens die öffentlich-rechtliche Sparkasse Meißen“, sagt Heller. „Und dann muss schon ein Partner im öffentlichen Dienst beschäftigt sein.“

Heller habe auch schon erlebt, dass der Hausbau an der Versicherung scheiterte. Denn auch eine Risikolebensversicherung fordern die Banken. Die ist nicht nur teuer, sondern wer Vorerkrankungen hat oder zu dick ist, bekomme gar nicht erst eine.

Hinzu komme, dass die Baukosten nach der großen Flut 2013 um zehn Prozent gestiegen seien, Händler hätten jährlich noch weitere Preissteigerungen von drei Prozent draufgeschlagen. „Wie will man da als junger Mensch gegensparen“, fragt Heller.

Außerdem werde das Netz der Vermittler, die vernünftig beraten können, wegen neuer Regularien immer dünner. Das bedeutet, dass die potenziellen Hausbauer ihr Anliegen bei den Banken vielleicht weniger gut vortragen können.

Die Nachfrage nach Eigenheimen sei schon da, sagt Heller, zum Beispiel in Priestewitz, wo gerade ein Bebauungsgebiet erschlossen wird. „Aber drei von vier sind einfach nicht finanzierbar.“

Wer sich im Landkreis Meißen mit welchem Einkommen welche Immobilie leisten kann, will die Initiative „Wohn-Perspektive Eigentum“ im Juni untersuchen.