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„Sachsensumpf“: Ex-Prostituierte bald vor Gericht

In dem Prozess wegen Verleumdung könnte der Präsident des Amtsgerichts, Norbert Röger, ein wichtiger Zeuge sein.

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Von Karin Schlottmann

Dresden - Zwei ehemalige Prostituierte aus dem Leipziger Wohnungsbordell „Jasmin“ sitzen demnächst in Dresden wegen Verleumdung auf der Anklagebank. Der Prozess bringt das Amtsgericht der Landeshauptstadt in eine kuriose Lage: Dessen Präsident, Norbert Röger, könnte zugleich einer der wichtigsten Zeugen in dem Verfahren sein.

Er soll, so hatten die beiden Ex-Bordell-Mitarbeiterinnen behauptet, in den 90er-Jahren Kunde bei ihnen gewesen sein. Das hatten sie vor einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft und gegenüber Medien geäußert. Dieser Vorwurf sei so ehrenrührig wie falsch, sagen Röger und die Staatsanwaltschaft Dresden. Die Justiz hat den Fall untersucht und keine Belege für ihren Wahrheitsgehalt gefunden.

Befangenheitsanträge erwartet

In dem Prozess könnte es jetzt, wenn die Frauen bei ihren Aussagen bleiben, zu einer Gegenüberstellung zwischen Gerichtspräsident Röger und den beiden Angeklagten kommen. Einer der Verteidiger sagte gestern der SZ, er behalte es sich vor, Befangenheitsanträge gegen den Richter zu stellen, weil der unter Umständen seinem eigenen Dienstvorgesetzten im Zeugenstand peinliche Fragen stellen muss.

Das allein würde zwar noch keinen Befangenheitsantrag rechtfertigen. Dennoch ist dieser Fall für den Richter, der den Prozess führen wird, eine heikle Angelegenheit. Noch beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags mit der sogenannten Korruptionsaffäre und auch die Öffentlichkeit wird das Verfahren genau beobachten.

Landgericht nicht zuständig

Wegen der bundesweiten Berichterstattung über die Affäre hatte die Staatsanwalt dem Fall eine besondere Bedeutung zugemessen und zunächst Anklage beim Landgericht Dresden erhoben. Das Oberlandesgericht entschied gestern anders. Das öffentliche Interesse am „Sachsensumpf“ habe sich inzwischen gelegt, befand der 3. Strafsenat und bestätigte die Eröffnung des Verfahrens beim Amtsgericht.

Ein Grund für das breite Medienecho war auch die Aussage der Angeklagten, zu ihren Kunden habe ein Jurist gehört, der den Prozess gegen den Bordellbetreiber geführt haben soll. Auch diese Aussage ist falsch, heißt es in der Anklage.