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Sachsen plant neue Riesen-Behörde

Im Landesamt für Schule und Bildung sollen Personalverwaltung und Schulaufsicht getrennt werden. Ist das sinnvoll?

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© dpa

Von Andrea Schawe

Das Kultusministerium plant, die Schulverwaltung umzustrukturieren. Die Bildungsagentur und das Bildungsinstitut sollen zusammengelegt werden – zum Landesamt für Schule und Bildung mit Sitz in Chemnitz. In ihm werden Schulaufsicht, Personalverwaltung, Lehrerweiterbildung und Qualitätskontrolle unter einem Dach vereint. Das Kultusministerium arbeite derzeit an den Strukturen, so eine Sprecherin. Erst im Herbst sollen Details bekannt gegeben werden, die neuen Strukturen ab 1. Januar 2018 gelten. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum soll die Bildungsagentur umstrukturiert werden?

Seit Anfang der 90er-Jahre wurde die Schulverwaltung schon mehrmals verändert. Zuletzt wurden 2007 die fünf Regionalschulämter zur Bildungsagentur zusammengelegt. Der Landtag hat im Februar mit dem neuen Schulgesetz beschlossen, die Bildungsagentur in Landesamt für Schule und Bildung umzubenennen. Das Kultusministerium hatte diesen Passus in den Gesetzentwurf geschrieben. Außerdem definiert das Gesetz Aufgaben der Schulaufsicht. Nicht aber die Struktur, wie SPD-Bildungspolitikerin Sabine Friedel sagt. Viele Diskussionen gab es im Schulausschuss, weil das Kultusministerium keine Informationen zur Organisation oder den Aufgaben der neuen Behörde nennen wollte.

Wie soll das neue Landesamt aufgebaut sein?

Nach den bisher bekannten Plänen sollen im Landesamt Schulaufsicht und Personalverwaltung getrennt werden. Für das Personal wäre eine eigene Abteilung zuständig – mit Niederlassungen in Dresden, Chemnitz und Leipzig. Sie soll die Einstellungen von mehr als 1 000 Lehrern pro Jahr zentral managen. Bisher hat die Bildungsagentur fünf selbstständige Regionalstellen in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwickau und Bautzen. Jede von ihnen kümmert sich sowohl um die Schulaufsicht als auch um die Einstellung und Anwerbung von neuen Lehrern. Wenn ein Lehrer für längere Zeit ausfällt, wenden sich die Schulleiter an die zuständige Regionalstelle der Bildungsagentur. Die sucht so schnell wie möglich Ersatz. Wird bei einem Kind Förderbedarf diagnostiziert, kümmert sich die Bildungsagentur um den Schulbegleiter. Sie ist auch dafür zuständig, Schüler umzulenken, wenn das Wunschgymnasium voll ist.

Was bedeutet das für die fünf Regionalstellen?

Besonders die Regionalstellen in Bautzen und Zwickau werden verschlankt. Geplant ist, sie den Regionalstellen Dresden und Chemnitz zuzuordnen. Sie haben dann nur noch die Schulaufsicht über Grund-, Förder- und Oberschulen. Die Gymnasien und berufsbildenden Schulen in den Landkreisen Bautzen, Görlitz, Zwickau und dem Vogtlandkreis werden aus Dresden und Chemnitz beaufsichtigt. Die Mitarbeiter sind dann für wesentlich mehr Schulen verantwortlich als bisher.

Warum werden die Pläne kritisiert?

Die Umstrukturierung komme zur Unzeit, so Uschi Kruse, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW. Die Mitarbeiter in den Behörden seien verunsichert. „Die Nerven liegen blank“, heißt es. Gerade in der derzeit angespannten Lage würden sich Experimente in der Schulverwaltung verbieten. „Die Zentralisierung ist ein großer Fehler“, sagt Jens Weichelt, Vorsitzender des sächsischen Lehrerverbandes. „Es kennt keiner die Regionen besser als die verantwortlichen Mitarbeiter vor Ort. Die wissen ganz genau, wie die Schulen ausgestattet sind.“ Der Verein befürchtet, dass es mit der Umstrukturierung schwer wird, den Unterricht abzusichern – vor allem in den Regionen, die jetzt schon massiv unter dem Lehrermangel leiden: Bautzen und Zwickau. „Wer die Verantwortung für die Lehrerversorgung vor Ort trägt, muss auch über die Entscheidungsbefugnisse zu deren Absicherung verfügen“, so Weichelt. Kurze Wege, schnelle Absprachen, ein direkter Kontakt der Schulbehörde mit den Schulen sei dann nicht mehr möglich, sagt auch Landtagsabgeordnete Cornelia Falken (Linke).

Haben andere Bundesländer mit Landesämtern Erfahrungen gemacht?

Ja, etwa Hessen und Brandenburg. Die Zentralisierung hat sich allerdings nicht bewährt. Die Länder haben die Behörde nach kurzer Zeit wieder abgeschafft und sind zu eigenständigen, regionalen Schulämtern zurückgekehrt. Gründe seien vor allem die langen Reaktionszeiten zur Schließung von Personallücken gewesen.