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Sachsen startet Ausbildungsoffensive

Das Problem haben nicht nur Firmen. Auch der Freistaat braucht dringend Mitarbeiter in Behörden und Ämtern. Dazu will er unter anderem eine Dachmarke gründen.

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© Symbolfoto: dpa/Armin Weigel

Von Thilo Alexe

Das Problem haben nicht nur Firmen. Auch die Verwaltung des Freistaates sucht Fachkräfte. „Bis zum Jahr 2030 geht nahezu jeder Zweite in den Ruhestand“, sagt der Chef der Staatskanzlei, Oliver Schenk. Der CDU-Minister, der seit Dezember im Amt ist, bezieht das auf die Mitarbeiter auf derzeit rund 86 000 Stellen der sächsischen Landesverwaltung in Behörden, Ämtern, Ministerien und der Polizei.

Oliver Schenk (49) ist Chef der Staatskanzlei. Der Minister koordiniert die Regierungsarbeit und ist für Europapolitik verantwortlich. Foto: Robert Michael
Oliver Schenk (49) ist Chef der Staatskanzlei. Der Minister koordiniert die Regierungsarbeit und ist für Europapolitik verantwortlich. Foto: Robert Michael © Robert Michael

Er fügt hinzu: „Das sind dramatische Zahlen.“ Ab Ende des Jahrzehnts werden zwischen 3 000 und 3 500 Landesbeschäftigte pro Jahr altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Momentan sei die Situation „noch halbwegs moderat, was Abgänge betrifft“, sagt Schenk. Doch gegensteuern müsse das Land schon jetzt.

Bislang wirbt der Freistaat vor allem um Polizisten. Die vom damaligen Innenminister Markus Ulbig (CDU) initiierte Kampagne soll um Nachwuchs bei der Polizei werben und mittlerweile aufgegebene Abbaupläne korrigieren. Doch Sachsen braucht nicht nur Polizisten. Es geht um Verwaltungs- und Computerspezialisten. Wer über die Seite sachsen.de die aktuellen Stellenangebote des Landes ansteuert, stellt fest, dass die Bandbreite der Beschäftigung groß ist. Gerade gesucht werden unter anderem ein Jurist im Sozialministerium, ein Tierzuchtreferent für das Agrarministerium, ein Leiter für die Führungsausbildung der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule und ein Facharzt für das Dresdner Gefängnis.

Das Land dürfte auch künftig kaum selbst Mediziner ausbilden, sondern das den Hochschulen des Freistaates überlassen. Für andere Berufe, die in der Kernverwaltung angesiedelt sind, sieht das anders aus. Dort wird ausgebildet, und das soll künftig noch häufiger geschehen.

„Wir wollen eine Ausbildungsoffensive auf den Weg bringen“, sagt Schenk. Der Freistaat müsse viel stärker als derzeit in die Ausbildung junger Menschen investieren. Zahlen nennt der Minister, der die Arbeit der Staatskanzlei – dem Amtssitz des Ministerpräsidenten – mit dem Landtag und anderen Ministerien koordiniert, noch nicht. Aber klar ist Schenk zufolge schon jetzt: „Ausbildung wird ein Thema sein, das in den Haushaltsverhandlungen eine Rolle spielt.“ Im Doppeletat für die Jahre 2019 und 2020 könnten sich also, falls der Landtag zustimmt, erste finanzielle Ansätze zur Stärkung der Ausbildung finden.

Nötig ist es. In früheren Jahren hat sich die Politik mit, wie Schenk diplomatisch formuliert, „strukturellen Anpassungen und Standortdebatten“ befasst. Dies sei auch richtig gewesen. In der Tat hatten ostdeutsche Länder in der Nachwendezeit verhältnismäßig große Verwaltungen, parallel dazu sank die Bevölkerungszahl.

Doch jetzt bricht, verschärft durch die Altersstruktur der Verwaltung, eine neue Phase auf dem Arbeitsmarkt an. Der Landesdienst befindet sich, wie Schenk konstatiert, mehr und mehr in Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Das heißt: Auch private Unternehmen buhlen um Auszubildende. Dass sich junge Menschen wegen einer sicheren Perspektive für den Freistaat als Arbeitgeber entscheiden, sei kein Automatismus, sagt der Staatskanzleichef. Um das Bundesland als Arbeitgeber gut zu präsentieren, soll eine Dachmarke entwickelt werden. Schenk spricht dabei von einer Arbeitgebermarke. Wie diese Kampagne aussieht, wo sie gefahren wird und wen sie genau anspricht, ist allerdings noch offen – so wie der Zeitpunkt des Starts.

Doch das sind nicht die einzigen Maßnahmen. Schenk zufolge soll der Wissenstransfer in der Verwaltung ausgebaut werden. Sprich: Ist absehbar, dass ein Mitarbeiter ausscheidet, soll möglichst lange vorher sein Nachfolger in der Behörde für den Job qualifiziert werden. Zudem will sich der Staatskanzleichef dafür einsetzen, dass Themen wie Weiterbildung, Betriebsklima und Wertschätzung der Belegschaft stärker beachtet werden.

Dass die Verwaltung mehr und mehr auch auf elektronischem Weg abgewickelt werden soll, bedeutet nicht, dass es zum Abbau bei Auszubildenden kommen muss. Doch welche Zielstellung bei der Gesamtzahl der Beschäftigten Sachsen anpeilt, bleibt vorerst noch offen. Der mit dem Regierungswechsel ausgeschiedene Finanzminister Georg Unland (CDU) hatte Mitte 2017 das langfristige Ziel von weniger als 70  000 Mitarbeitern ausgegeben.