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Sachsen bündelt Anti-Terror-Kräfte

Das Operative Abwehrzentrum kommt ins Landeskriminalamt zurück, erhält einen neuen Chef und einen neuen Namen.

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© Bernd März

Von Karin Schlottmann

Bernd Merbitz möchte eines gleich klarstellen: „Ich bin nicht traurig.“ Schon bei der Gründung des Operativen Abwehrzentrums, dessen Chef er in den vergangenen vier Jahren war, habe er gewusst, dass die in Leipzig unter seiner Leitung angesiedelte Dienststelle eines Tages zum Landeskriminalamt (LKA) nach Dresden zurückkommen werde. „Erhobenen Hauptes“ übergebe er eine gut aufgestellte Mannschaft an LKA-Präsident Petric Kleine. Er sei stolz darauf, nach Gründung der Soko Rex in den 1990er-Jahren eine der am besten organisierten Einheiten der Polizei geführt zu haben, sagte Merbitz am Dienstag nach der Kabinettssitzung in der ihm eigenen Bescheidenheit.

Struktur nicht mehr zeitgemäß

Das Operative Abwehrzentrum war nach Auffliegen der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU gegründet worden. Die Zentralstelle ermittelte in Fällen politisch motivierter Kriminalität rechter und linker Extremisten. 1 900 Ermittlungsverfahren gegen 2 200 Beschuldigte wurden seit 2015 geführt. Zu den größeren Fällen der Einheit gehören die Freie Kameradschaft Dresden, die mutmaßliche rechtsterroristische Gruppe Freital sowie der Anschlag auf eine Moschee in Dresden.

Inzwischen sei die Struktur nicht mehr zeitgemäß, begründete Innenminister Markus Ulbig (CDU) die Neuorganisation. Die Verantwortung für den polizeilichen Staatsschutz solle in eine Hand gelegt werden. Aufgabengebiete des neuen Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrums (PTAZ) sind laut Ulbig die verschärfte Bedrohungslage durch islamistischen Terrorismus, fremdenfeindliche Straftaten sowie die hohe Gewaltorientierung der linksextremistischen Szene. Auch die Wechselwirkung zwischen rechts- und linksextremer Gewalt sei ein Risiko für die öffentliche Sicherheit.

Die neue Struktur bedeute eine der größten Investitionen der sächsischen Polizei in die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität, sagte Ulbig. Bis 2020 sollen landesweit insgesamt rund 400 Ermittler die Straftaten in diesem Bereich bearbeiten, davon 260 zentral im LKA. Aufgabe der neuen Mitarbeiter ist unter anderem die Ermittlung von Straftaten im Internet.

Das neue Abwehrzentrum übernimmt das Personal des alten OAZ. Darüber hinaus sollen die fünf Polizeidirektionen mehr Beamte für die Ermittlung von Staatsschutzdelikten erhalten. Sie kümmern sich um die weniger gravierenden Taten wie beispielsweise Propagandadelikte. In ausgewählten Revierstandorten wie Aue, Freiberg, Döbeln, Meißen, Pirna, Bautzen, Grimma, Torgau und Plauen werden zudem Regionalstellen des Staatsschutzes eingerichtet. Ulbig: „Damit wollen wir vor allem den Ermittlungsdruck auf politisch motivierte Straftäter vor Ort erhöhen“.

Es ist Ulbig zufolge eine der Lehren aus dem Fall Dschaber al-Bakr, dass zur Bewältigung einer terroristischen Bedrohungslage kurzfristig mehr Ermittlungspersonal aktiviert werden müsse. Der Polizei war es im vorigen Jahr aufgrund mehrerer Fehler und Mängel bei Personal und Ausrüstung nicht gelungen, den mutmaßlichen syrischen Terroristen in Chemnitz festzunehmen, obwohl seine Adresse und sein Aufenthaltsort bekannt waren. Allerdings hatte auch eine Evaluierungskommission der sächsischen Polizei die Wiedereingliederung des OAZ in das Landeskriminalamt empfohlen.

Ulbig bedankte sich am Dienstag ausdrücklich bei Merbitz, der das Konzept für das neue Terror-Abwehrzentrum selbst erstellt hatte. Der Bund der Kriminalbeamten lobte die fachliche und personelle Aufwertung des LKA. Zur besseren Kooperation mit Bundes- und anderen Landesbehörden sei es notwendig, die vor vier Jahren beschlossene Entkoppelung wieder rückgängig zu machen, sagte der Landesvorsitzende Peter Guld.