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Rüsselseuche im Anmarsch

Die Afrikanische Schweinepest steht vor den Toren des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Die Behörden stricken Pläne für den Ernstfall.

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© dpa

Von Jörg Stock

Der Name führt in die Irre: Die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP genannt, ist längst nicht mehr nur in Afrika. Schon 2014 kam sie in Europa an, befiel das Baltikum und Polen, Anfang dieses Jahres auch die Ukraine. Bisher gewann die Seuche nur langsam an Boden. Im Sommer aber machte sie einen Riesensatz, über vier-, fünfhundert Kilometer, bis in den Osten von Tschechien, und damit praktisch vor die Tore Sachsens und des Landkreises.

Ist die Afrikanische Schweinepest für Menschen eine Bedrohung?


Nein. Das Virus der ASP ist nicht auf Menschen übertragbar, sagt Diplom-Biologin Elke Reinking vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Ostsee-Insel Riems. Selbst wenn Fleisch oder Wurst infizierter Tiere verzehrt würden, stellte dies kein Gesundheitsrisiko für Menschen dar.


Wie gefährlich ist die Krankheit für unsere Haus- und Wildschweine?


Beide Tierarten können sich untereinander anstecken, aber auch durch Kontakt mit Menschen, die Erreger an sich tragen oder verseuchte Nahrung in die Natur werfen. Letzteres wird im Fall des Ausbruchs in Tschechien angenommen, da der nächste Seuchenherd mehrere hundert Kilometer entfernt lag. Erkrankte Tiere zeigen in der Regel hohes Fieber, Fressunlust, Orientierungslosigkeit und Apathie. Eine sehr große Zahl stirbt nach kurzer Zeit.


Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Seuche zu uns kommt?

Die Forscher auf Riems schätzen die Wahrscheinlichkeit nach dem Ausbruch in Tschechien als hoch ein. „Es besteht jederzeit das Risiko eines Eintrags“, sagt Sprecherin Elke Reinking, „insbesondere über den Faktor Mensch.“ Dafür kommen nicht nur verseuchte Schweineprodukte infrage, sondern auch kontaminierte Gerätschaften aller Art, auch die Ausrüstung von Jagdtouristen. Hingegen schätzt das Institut das Eintragsrisiko durch Kontakt zwischen infizierten Wildschweinen als mäßig ein. Auf diesem Weg könne die Krankheit nicht in kurzer Zeit über weite Strecken übertragen werden, hieß es.

Wie ist man bisher gegen die Seuche vorgegangen?


Bisher ist es nirgends gelungen, die Pest zu stoppen. Im tschechischen Zlin wurde das verseuchte Gebiet großteils eingezäunt, um den Ausbruch infizierter Tiere zu verhindern. Innerhalb dieses Sektors soll sich die Seuche totlaufen. In der sich anschließenden Pufferzone werden so viele Wildschweine geschossen, wie nur möglich, um die Zahl potenzieller Überträger zu vermindern. Bisher wurden in der infizierten Zone über 180 tote Wildschweine mit ASP-Erregern gefunden, jenseits davon aber keine. Auch Hausschweine sind nicht betroffen. Die Seuche scheint vorläufig eingedämmt.


Welche Pläne hat der Landkreis für den Seuchenfall?

Die Seuchenbekämpfung wird zurzeit vorbereitet, teilt Kerstin Körner, Amtsleiterin Gesundheits- und Verbraucherschutz im Landratsamt Pirna, mit. Geplant würden zum Beispiel Kadaversammelstellen, um im Krisenfall tote Wildschweine schnell und ohne Verschleppung des Virus’ bergen zu können. Fakt sei, dass man im Ereignisfall auf die aktive Mithilfe der Jägerschaft, aber auch der Schweinehalter angewiesen sei. Im Landkreis sind aktuell 278 Betriebe mit rund 7 900 Hausschweinen gemeldet.

Welche Rolle sollen die Jäger im Krisenplan spielen?

Die Jäger sollen motiviert werden, verstärkt Schwarzwild zu erlegen, heißt es vom Amt. Informationsveranstaltungen zum Thema Afrikanische Schweinepest seien bereits abgehalten worden und würden auch weiterhin abgehalten. „Wichtig ist, dass das Virus schnell erkannt wird, falls es nach Deutschland eingeschleppt wird“, sagt Amtschefin Körner. Vor allem bei tot aufgefundenen oder bei Unfällen verendeten Wildschweinen sollen die Jäger mit den vom Amt zur Verfügung gestellten Tupfern Blutproben nehmen und zum Test auf Schweinepest an die sächsische Landesuntersuchungsanstalt schicken. Dafür werde jeweils eine Prämie von zehn Euro gezahlt. Binnen zwei Tagen stünde das Ergebnis in der Regel fest.

Gibt es genügend Jäger, um die Jagd noch intensiver zu betreiben?

Auf dem Papier ist die Zahl der Jäger im Landkreis in den letzten fünf Jahren um mehr als siebzig auf jetzt 1 137 geklettert. Henryk Schultz, Chef des Regionalbauernverbandes, selbst erfahrener Waidmann, überzeugt das nicht: „Uns fehlt die Power.“ Außerdem befürchtet er, dass die Leute aus Furcht vor der Schweinepest kein Wildschwein mehr kaufen. Wären die Jäger nur noch „Entsorger“, würden wohl noch weniger zur Jagd gehen. Er fordert, dass dann der Staat die Abschüsse honoriert.

Kommt die Abschussprämie für Wildschweine?
Sie ist schon da. Der Landkreis Görlitz etwa zahlt bis zu zehn Euro pro Schwein. Im Pirnaer Landratsamt, so heißt es, ist das Thema noch in der Diskussion. Der Landesbauernverband fordert, dass der Freistaat wenigstens 25 Euro pro Tier locker macht.