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Rollstuhl – na und?

„Jugendarbeit barrierefrei“ bringt Jugendliche mit und ohne Behinderung zusammen – seit mehr als 50 Jahren.

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© Jugendarbeit barrierefrei

Von Andrea Schawe

Silvester ist besonders beliebt. Die Fahrt über den Jahreswechsel ist meist schon Monate vorher ausgebucht. Jugendliche zwischen 13 und 26 Jahren mit und ohne Behinderung feiern zusammen. Im Sommer verreisen sie nach Ungarn, segeln oder verbringen mehrere Tage in einem Hausboot auf der Müritz. „Das ist, was Inklusion voranbringt“, sagt Matthias Kipke von „Jugendarbeit barrierefrei“ des Landesjugendpfarramtes Sachsen. Wenn sich junge Menschen für das gleiche Thema interessieren – unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht.

Schon mehr als 50 Jahre gibt es in der evangelischen Landeskirche eine Stelle, die sich um Inklusion kümmert. Angefangen hat es vor 70 Jahren mit der Post-Aktion einer Frau, die gesehen hat, dass Menschen mit Behinderung in der Kirche wenig Möglichkeiten haben, erzählt Kipke. Es entstanden Briefkontakte mit Pflegeheimen, 1961 folgte die erste gemeinsame Rüstzeit.

Mittlerweile übernehmen sachsenweit etwa 20 bis 30 junge Menschen mit und ohne Behinderung bei „Jugendarbeit barrierefrei“ regelmäßig ehrenamtliche Aufgaben. „Das ist der harte Kern“, sagt Kipke. Nicht alle sind Mitglied der Kirche, haben aber ein Interesse für den Glauben. Die Ehrenamtlichen haben Weiterbildungen zum Thema Barrierefreiheit besucht oder Schulungen, um den Menschen mit Behinderung assistieren zu können. Das reicht von Unterstützung bis zu Übernahme der Pflege und Hygiene. Hauptsächlich arbeiten Kipke und seine Kollegin Mirjam Lehnert mit körperbehinderten Jugendlichen, seit zehn Jahren auch mit geistig Behinderten.

Neben den Reisen besuchen die beiden hauptamtlichen Mitarbeiter auch Jugendgruppen der evangelischen Jugend Sachsen, Schulen und Vereine, die mit Jugendlichen arbeiten. „Wir zeigen, wie die Arbeit mit Jugendlichen mit Behinderung funktioniert“, sagt Mirjam Lehnert, die als Ehrenamtliche im Projekt angefangen hat. Dazu gehören auch Seminare zum Thema Inklusion und Teilhabe, etwa Einführungen in den Umgang mit Rollstühlen mit einer Tour durch die Stadt, oder die Erkundung eines Geländes, ohne zu sehen. Jugendarbeit barrierefrei kooperiert auch mit der Freiberger Albert-Schweitzer-Förderschule.

2017 nahmen insgesamt 214 Jugendliche an den Freizeiten teil. „Wir machen gemeinsam etwas“, sagt Matthias Kipke, „nicht für Menschen mit Behinderung.“