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Richter: „Das ist nicht das Ende“

Das Dresdner Landgericht setzt einen Prozess wegen schwerer Vergewaltigung aus, weil das Opfer noch immer traumatisiert ist. Die Angeklagten kommen frei - vorerst.

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© Kneit Gurre

Von Thomas Schade

Nach zwei Stunden war erst einmal alles vorbei für die drei Männer mit den kahlen Köpfen und den breiten Schultern. Mehdi B., Michael B. und Kay H. mussten vor dem Dresdner Landgericht erscheinen, wo am Freitag ein Prozess wegen schwerer Vergewaltigung gegen sie begonnen hat. Doch die 15. Strafkammer setzte die Hauptverhandlung schon am ersten Tag auf unbestimmte Zeit aus.

Laut Staatsanwaltschaft haben die beiden Deutschen und der gebürtige Serbe – alle leben derzeit in Dresden – am 25. September 2015 die Tabledancerin Anna D. stundenlang vergewaltigt und sexuell missbraucht. Angeblich kannten die Männer die damals 22-Jährige und waren zuvor in dem Etablissement, in dem die junge Frau an der Stange tanzt. Sie war vor mehreren Jahren aus Rumänien nach Deutschland gekommen. Als Anna D. am frühen Morgen des Tattages auf dem Heimweg war, soll einer der Männer sie an der Dresdner Vorwerkstraße gewaltsam in ein schwarzes Auto gezerrt haben. Laut Anklage wurden ihr dort die Augen verbunden. In der Wohnung des Serben habe man dem Opfer Drogen und Alkohol verabreicht und gedroht, man würde ihren Kindern etwas antun. Auf diese Weise sollte das Opfer gefügig gemacht werden, so die Anklage. In den folgenden Stunden sei Anna D. immer wieder anal und oral vergewaltigt worden. Einige der mutmaßlichen Täter haben sie auch mit einem Baseballschläger misshandelt, so die Anklage. Erst nach 20 Uhr sei das Opfer an einem Parkplatz wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Wie am Rande der Verhandlung zu erfahren war, sei ein Zugbegleiter auf die Frau aufmerksam geworden. Er hatte die Polizei gerufen. Die drei Angeklagten wurden nach Monaten als mutmaßliche Täter ermittelt.

Zu Prozessbeginn wollte sich keiner der Männer zu den Vorwürfen äußern, gegenüber der Polizei haben sie die Taten bestritten und von einvernehmlichem Sex gesprochen. Die Anklage stützt sich hauptsächlich auf die Informationen von Anna D. Ihre Aussage hat vor Gericht besondere Bedeutung. Doch derzeit sei das heute 24-jährige Opfer nicht in der Lage, zum Geschehen jenes Tages auszusagen, so der Rechtspsychologe Volker Thömke. Als Gutachter soll er die Glaubwürdigkeit der Zeugin beurteilen. Er regte an, Anna D. klinisch zu therapieren, was mehrere Monate dauern könnte.

Aus diesem Grund setzte die Kammer den Prozess aus und hob die Haftbefehle auf, wegen denen zwei der Angeklagten seit Sommer 2016 in U-Haft sitzen.

Richter Linhardt ermahnte die Angeklagten: „Das ist nicht das Ende.“ Insbesondere warnte er: „Nehmen Sie keinen Kontakt zu der Zeugin auf.“ Die Kammer fürchtet offenbar, sie könnten Anna D. beeinflussen oder einschüchtern. „Das wäre Verdunkelungsgefahr, ein neuer Grund für eine Untersuchungshaft“, so der Richter.