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Rente reicht nicht für Umzug

Mit ihrer kleine Rente kommt Monika Posselt gerade so über die Runden. Doch dann muss sie umziehen.

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© Symbolfoto: Rudi Sebastian

Von Jürgen Müller

Lommatzsch. Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, sang einst Udo Jürgens. Mit 66 Jahren hat auch für die Lommatzscherin vor wenigen Wochen ein neues Leben begonnen. Das Leben in einer neuen Wohnung. Hier in der Döbelner Straße hat sie jetzt Gasheizung, zuvor musste sie mit Kohle heizen. Doch das war nicht der Grund für den Umzug. Ihre alte Wohnung sollte saniert werden. Sie hätte in die Nachbarwohnung ziehen können, doch die war für sie viel zu teuer. Über 400 Euro Miete, das ist für sie nicht zu machen. „Eigentlich wollte ich in meinem Alter nicht mehr umziehen, meine gewohnte Umgebung nicht verlassen“, sagt sie. Doch nachdem auch die Tochter auszog, wollte sie eine kleinere, bezahlbare Wohnung. Dann hörte sie, dass in der Döbelner Straße eine frei war. Das Problem waren nur die Umzugskosten. Die alte Schrankwand war viel zu groß, ein Gasherd musste her. „Dafür hatte ich kein Geld. Nach Abzug aller laufenden Kosten bleiben mir im Monat 270 Euro zum Leben. Da sind keine großen Sprünge drin und auch kein Umzug“, sagt die Lommatzscherin.

Sie hat jahrzehntelang gearbeitet, aber nie viel verdient. Vier Kinder hat sie zur Welt gebracht und großgezogen. Trotzdem ist die Rente mickrig. „Ohne die Kinder wäre sie noch viel niedriger“, sagt sie. Zu DDR-Zeiten wurde sie geschieden, aber einen Versorgungsausgleich, bei dem auch Rentenansprüche geteilt werden, gab es damals nicht und gibt es für in der DDR Geschiedene bis heute nicht. Monika Posselt gehört zu denjenigen geschiedenen Frauen, die von einem Versäumnis im Einigungsvertrag betroffen sind, in die Röhre gucken. Nach der Wende schlägt sie sich mit Umschulungen und verschiedenen Jobs durch, landet schließlich in „Hartz IV“. Mit wenig Geld zurechtzukommen, das ist sie gewöhnt.

Damit die Lommatzscherin doch noch umziehen kann, hat die Aktion „Lichtblick“ geholfen. Monika Posselt hat das Geld gut angelegt, sich einen Sideboard fürs Wohnzimmer für 280 Euro und einen gebrauchten Gasherd für 80 Euro angeschafft. Auch Farbe hat sie gekauft. „Bloß gut, dass einer meiner Söhne Maler ist, so kosteten mich die Arbeiten nichts, ich musste nur die Farbe besorgen“, sagt sie. Ihre neue Umgebung ist sehr farbenfroh: das Wohnzimmer hat grüne Wände, das Schlafzimmer Violett. „Na ja, daran musste ich mich erst mal gewöhnen, aber man muss auch mal etwas Neues machen“, sagt die 66-Jährige. Auch für Jalousien reichte das Geld. „Die kosten ja gleich 40 Euro. Das hätte ich mir sonst nicht leisten können, da hätte ich ganz schön zu knabbern gehabt“, sagt sie.

Bis vor Kurzem war sie noch mit dem Auspacken der Umzugskartons und dem Einräumen beschäftigt, jetzt ist alles fertig. „Nach dem ganzen Stress muss ich jetzt erst mal zur Ruhe kommen“, sagt sie. Und hat jetzt erst einmal Wohngeld beantragt. Hofft dadurch, dass sich ihre finanzielle Lage ein bisschen bessert. Ein Auto hat sie schon lange nicht mehr, bei Bedarf fahren sie ihre Kinder. Das Einkaufen erledigt sie sowieso mit dem Fahrrad. Sie raucht und trinkt nicht. „Höchstens mal ein Gläschen Wein“, so die Lommatzscherin. Große Sprünge mit ihrer kleinen Rente kann sie dennoch nicht machen. Jammern will sie trotzdem nicht. „Es reicht, wenn man es sich einteilt.“ Es darf nur nichts Unvorhergesehenes dazwischen kommen. Die Waschmaschine zum Beispiel ist nicht mehr das neueste Modell. „Ich hoffe, dass sie noch ein Weilchen durchhält“, sagt die Lommatzscherin, die vier Kinder, zwei Enkel und zwei Urenkel hat. Auf große Geschenke können die zu Weihnachten natürlich nicht hoffen. „Das ist schade, aber was soll ich machen“, sagt sie. Sie muss erst mal die Dinge bezahlen, die zum Leben wichtig sind. So stottert sie zum Beispiel die Kaution für die neue Wohnung von 450 Euro in 30-Euro-Raten ab.

Inzwischen hat sie sich in der neuen Wohnung eingelebt. Nur dass diese in der zweiten Etage liegt, macht ihr zu schaffen. „Die alten Knochen machen nicht mehr richtig mit. Aber da muss ich eben beim Treppensteigen eine Pause einlegen“, nimmt sie es pragmatisch. Auch an die Gasheizung hat sie sich gewöhnt. Anfangs hatte sie die immer zu niedrig eingestellt, um Kosten zu sparen. „Da habe ich ganz schön geklappert“, sagt sie und lacht. Und nun steht nichts mehr im Wege, dass für Monika Posselt auch dank „Lichtblick“ mit 66 Jahren ein neues Leben beginnen kann.

Erreichbar ist die Stiftung montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr, Telefon 0351 4864-2846, Fax -9661,

E-Mail: [email protected], Post: Sächsische Zeitung, Stiftung Lichtblick, 01055 Dresden

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