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Prozess gegen Pfarrer König geplatzt

Die Polizei soll entlastende Videos unterschlagen haben. Die Verteidigung spricht von einer „Fälscherwerkstatt“.

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© Robert Michael

Alexander Schneider

Dresden. Lothar König ist vorsichtig, spricht von einem „Patt“, es sei nichts entschieden. Der Gesichtsausdruck des Stadtjugendpfarrers aus Jena jedoch verrät seine Erleichterung. Nach sieben Verhandlungstagen vor dem Amtsgericht Dresden hat er gestern einen Teilsieg errungen. Richter Ullrich Stein hatte zuvor den Prozess ausgesetzt, weil neue Beweise König zum Teil entlasteten. Frühestens Ende des Jahres soll das Verfahren von Neuem beginnen, denkbar ist aber auch eine Einstellung.

König muss sich wegen schweren Landfriedensbruchs verantworten. Er soll am 19. Februar 2011 bei Demos gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Dresden zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen haben. Für die Staatsanwaltschaft ist er ein Rädelsführer. Der Geistliche bestreitet das entschieden.

Königs Verteidiger Johannes Eisenberg und Lea Voigt legten gestern neue entlastende Videos vor. Sie zeigten etwa, dass König Demonstranten aufforderte, ruhig zu bleiben und sich nicht provozieren zu lassen. Das Gericht zeigte die Szene einer Konfrontation mit der Polizei, bei der sich König angeblich an Teilnehmer wandte, die eine Kette bildeten und auf die Polizei losmarschierten. Tatsächlich war er weit vom Geschehen und warnte am anderen Ende Demonstranten, vor Polizei-Schlagstöcken aufzupassen. Die Videos stammen aus 200 Stunden Rohmaterial der Polizei, das der Verteidigung seit einer Woche vorliegt.

Eisenberg forderte die Aussetzung des Prozesses und kritisierte scharf, die Beamten hätten entlastende Beweise zurückgehalten und Bilder gezielt so geschnitten, um König zu belasten. Er sprach von einer „Fälscherwerkstatt“. Eisenberg habe sieben weitere Beamte wegen falscher Verdächtigung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft prüft bereits elf Anzeigen gegen Polizisten im König-Prozess, darunter auch wegen uneidlicher Falschaussage und Körperverletzung im Amt.

Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer stimmte dem Antrag der Verteidigung zu, das Verfahren auszusetzen, um zunächst das gesamte Roh-Videomaterial zu überprüfen. Sie selbst habe von den entlastenden Beweisen keine Kenntnis gehabt: „Es ist nicht auszuschließen, dass weiteres entlastendes Material zu finden ist“, sagte sie. Die Wende in dem dreimonatigen Prozess kam nicht überraschend. Schon im Mai hatte die Verteidigung falsche König-Zitate in der Anklage nachgewiesen.

Landtags-Oppositionsparteien fordern Konsequenzen und drohen mit parlamentarischen Untersuchungen. Innenminister Markus Ulbig (CDU) wies den Vorwurf der Fälscherwerkstatt zurück. Die Polizei leiste eine gute Arbeit, sagte er. Das Gericht sei nun gefordert, die Vorwürfe zu prüfen.