Merken

Polizei testet Bodycams

Kleine Kameras an den Polizeiuniformen sollen helfen, Gewalt gegen Beamte zu verhindern. Ob das klappt, wird jetzt ein Jahr lang in Leipzig und Dresden getestet.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sebastian Willnow

Sven Heitkamp, Leipzig

Sie sind etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und tragen eine kleine Linse am Kopf: Körperkameras, mit denen sächsische Polizisten jetzt auf Streife gehen können. Die kleinen schwarzen Kästchen werden an den Uniformen etwa auf Brusthöhe angebracht und können bei gefährlichen Situationen auf Knopfdruck eingeschaltet werden. Innenminister Markus Ulbig (CDU) startete am Donnerstag das einjährige Pilotprojekt für den Einsatz der so genannten Bodycams. In Dresden und Leipzig stünden für die Beamten jeweils 24 Kameras an insgesamt zehn Kriminalitätsschwerpunkten bereit. In Dresden sollen sie unter anderem am Wiener Platz und an der St. Petersburger Straße sowie am Albertplatz, am Scheune-Vorplatz und am Alaunpark in der Neustadt eingesetzt werden. In Leipzig sind sie an der Eisenbahnstraße, am Hauptbahnhof sowie am Einkaufszentrum „Allee-Center“ in Grünau vorgesehen.

„Die Gewalt gegen Polizisten hat zugenommen“, sagte Ulbig. Erfahrungen anderer Länder hätten aber gezeigt, dass die Bodycams auf aggressive Täter deeskalierend wirken. „Täter verhalten sich anders, wenn gefilmt wird“, so Ulbig. Der Schutz der Einsatzkräfte habe oberste Priorität. Im Falle eines Angriffes auf die Polizei würden die Kameras zudem gerichtsverwertbare Beweise liefern. Laut dem offiziellen Lagebild über Gewalt gegen Polizisten sei die Zahl der Angriffe in Sachsen 2016 auf 1 462 gestiegen, das seien rund 150 Vorfälle mehr als ein Jahr zuvor. Die häufigsten Delikte seien Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.

Eingesetzt werden die Körperkameras zunächst vor allem im Streifendienst – nicht jedoch bei Demonstrationen, Fußballspielen oder bei Einsätzen in Privatwohnungen. Auch eine „Liveübertragung“ werde es nicht geben. Gegen einen flächendeckenden Einsatz der Kameras gibt es rechtliche Bedenken etwa des sächsischen Datenschutzbeauftragten und der Opposition. Die konkrete Nutzung der Bodycams obliegt jedem Polizeibeamten am Einsatzort selbst. Dafür würden die Polizisten speziell geschult. Ein möglicher Angreifer werde auch über das Einschalten der Kamera informiert. Das einjährige Projekt kostet laut Ministerium gut 13 000 Euro.

Zugleich kündigte Ulbig die Einführung der ersten Waffenverbotszone in Sachsen an. Sie soll ab Anfang 2018 entlang der Leipziger Eisenbahnstraße und an manchen Nebenstraßen gelten. Die Stadt stellt dazu einen Antrag, den der Innenminister genehmigen muss. In einer Waffenverbotszone kann die Polizei verdachtsunabhängig kontrollieren.

Oberbürgermeister Burkhard Jung hatte Ulbig zuletzt massiv für einen Mangel an Polizisten in der Stadt kritisiert. Den Anlass bot die brutale Vergewaltigung einer Joggerin im Rosental am helllichten Tag. Ulbig räumte nun ein, dass er mit den geplanten Soll-Personalstellen rechnet, der Oberbürgermeister aber mit den real besetzten Stellen. Um die Lücke etwas zu schließen, soll die Bereitschaftspolizei verstärkt in Leipzig eingesetzt werden. Zudem soll eine Prognose-Software eingeführt werden, die mit statistischen Daten Vorhersagen zu Einbrüchen treffen kann. „Wir haben ein Sicherheitsproblem“, sagte Jung. „Aber wir können uns neue Polizisten nicht aus den Rippen schneiden.“ Erst 2019 sei mit einer Entspannung der Lage zu rechnen.