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Polizei sucht bundesweit nach Jens Franke

Dank „Inpol“ kennt jeder deutsche Polizist den vermissten Pirnaer. Zumindest theoretisch.

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Von Jörg Stock

Wo ist Jens Franke? Nachdem die Polizei haarsträubende Gerüchte inständig dementiert hat, wonach der vermisste Pirnaer von Organ-Mafiosi ermordet worden sei, bleibt diese Frage ohne Antwort. Auch in dieser Woche gab es keine Neuigkeiten. „Hat die Polizei wirklich alles getan, um ihn zu finden?“, fragt Herr Z., ein Freund des Verschwundenen, in einer Nachricht an die SZ. Was tun die Ermittler, nachdem sämtliche Zeugenaufrufe keine neuen Hinweise eingebracht haben?

„Die Akte Franke ist nicht geschlossen“, erklärt Marko Laske von der Polizeidirektion Dresden. Mit polizeilichen Informationssystemen werde weiter nach Jens Franke gesucht. „Jeder Dienststelle in Deutschland liegt das Bild des Vermissten vor“, sagt Laske. Tauche jemand mit Frankes Personalien auf, könnten ihn die Beamten erkennen. Wie wahrscheinlich das ist, will Laske nicht beurteilen. Nur so viel: „Herr Franke ist nicht der Einzige, nach dem in Deutschland gefahndet wird.“

Zur Personenfahndung nutzt die deutsche Polizei ein System, das sich Inpol nennt. Darin sind auch die Personalien von Vermissten gespeichert. Gerät der Gesuchte in eine Polizeikontrolle, oder wird irgendwo gefunden und identifiziert, sagt Inpol den Beamten, dass er vermisst wird und wo. Zu Beginn des Jahres verzeichnete das System in Sachsen mehr als 160 Langzeitvermisste, also Personen, die länger als drei Monate verschwunden waren.

Parallel zu Inpol führt das Bundeskriminalamt (BKA) eine spezielle Vermisstendatei, die von den Landeskriminalämtern und von ausländischen Dienststellen mit Material versorgt wird. Diese Datenbank enthält etwa 8.500 detaillierte Personenbeschreibungen. Die Fälle reichen bis in die 1950er-Jahre zurück. Auch die Vermissten der einstigen DDR wurden übernommen.

Vermerkt ist auf den digitalen Karteikarten praktisch alles, was die Identifizierung eines Menschen, auch eines toten, erleichtern kann. Dazu zählen spezielle körperliche Merkmale wie Narben und Tätowierungen, besondere Kleidungsstücke, Schmuck, Fingerabdrücke, Zahnschemen und DNA-Profile. Jedoch darf nicht jeder Polizist in dieser Datensammlung recherchieren. Die örtlichen Polizeidienststellen müssen sich dazu an die Fahndungsfachleute beim Landeskriminalamt wenden.

Ob der Fall Franke in der Vermisstendatei des BKA bereits enthalten ist, ließ die Behörde offen. Über Interna werde nicht gesprochen, hieß es. Im Internetauftritt der sächsischen Polizei steht Jens Franke auf der Liste vermisster Personen jetzt ganz oben. Nur wenn neue Hinweise eingehen, haben aktive Suchmaßnamen Sinn, sagt Polizeisprecher Laske.

Jens Frankes Eltern machen unterdessen eine schwere Zeit durch. Seit ihr Sohn am 1. September vom Sommerfest in Pirna-Mockethal verschwand, suchen sie verzweifelt nach einer Erklärung. Vater Eberhard erzählt, wie er nachts aufwacht und nicht mehr in den Schlaf findet, so laut kreisen die Gedanken in seinem Kopf. Im November hatte Jens Geburtstag. Da saß die Familie beisammen, mit Blumensträußen auf dem Tisch, und wartete auf Jens. Im Stillen, sagt Eberhard Franke, hat er gehofft, es würde klingeln und Jens stünde vor der Tür. Aber es hat nicht geklingelt.

In derselben Woche haben Frankes die Wohnung von Jens in der Pirnaer Rädel-Straße ausgeräumt. Nichts haben sie weggeworfen, sondern alles auf den Dachboden des elterlichen Hauses getragen. Vielleicht, sagt Vater Eberhard, kommt Jens ja doch zurück. Seine Hoffnung setzt er in einen Suchaufruf bei „Aktenzeichen XY...ungelöst“. Ob es den geben wird, ist jedoch fraglich. Die Fernsehfahnder des ZDF kümmern sich eigentlich nur um Kapitalverbrechen. Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein solches an Jens Franke verübt wurde. Daher will die Polizei vorerst nicht auf den Sender zugehen.

Vermisstenanzeige auf www.polizei.sachsen.de unter dem Stichwort „Fahndung“.