Steffen Neumann
Dresden. In Tschechien war Feiertag, als die Beamten in Decin und Usti nad Labem zuschlugen. Ein 55-jähriger Tscheche und ein 50-jähriger Deutscher wurden letzten Montag bei der Übergabe von 100 000 US-Dollar festgenommen. Das stattliche Paket in Form von 100-Dollar-Noten war gefälscht und wartete auf seinen Einsatz Hunderte Kilometer weiter östlich in der Ukraine und den baltischen Staaten. Hergestellt wurde es aber in Sachsen, in einem Haus an der Stephanstraße in Zittaus Süden, das zeitgleich von fast 250 deutschen Beamten durchsucht wurde. Dort soll der Rentner eine Fälscherwerkstatt unterhalten haben, deren Anblick die Experten von Bundesbank und tschechischer Nationalbank die Augenbrauen heben ließ. Die Ausrüstung und noch mehr das Ergebnis ist von bester Qualität, für normal Sterbliche nicht von echten Banknoten unterscheidbar.
Dollar-Blüten aus Zittau, Vertriebswege über Decin und Usti nad Labem, ein angemietetes Objekt im polnischen Grenzdorf Pojarow. Und das Ziel ein großer Markt in Osteuropa, wo laut der tschechischen Polizei eine hohe Nachfrage nach gefälschten Dollar-Noten besteht. Was die sächsischen und tschechischen Ermittlungsbehörden am Dienstag im tschechischen Liberec der Öffentlichkeit präsentierten, bedeutet eine neue Qualität des organisierten Verbrechens im deutsch-tschechischen Grenzgebiet.
Doch auch die Reaktion der Behörden ist bemerkenswert. Nachdem die tschechischen Detektive Anfang dieses Jahres Hinweise auf den Geldfälscher-Ring erhielten, informierten sie umgehend die deutschen Kollegen. Mit dem gemeinsamen Ermittlungs-Team, englisch abgekürzt JIT, verfügen sie seit einiger Zeit neben dem Polizeizentrum im tschechischen Petrovice über einen weiteren Baustein für eine engere Polizeiarbeit. „Das organisierte Verbrechen macht an Grenzen nicht Halt, diese Zusammenarbeit ist unsere einzige Chance“, sagte Pavel Hantak, Sprecher der Sondereinheit zum Kampf gegen das organisierte Verbrechen.
Hintergrund: Falschgeld in Sachsen
Sein Kollege Raiko Märtins vom Landeskriminalamt bezweifelt sogar, dass die deutsche Polizei ohne die Information der Tschechen von der Werkstatt in Zittau erfahren hätte. Das Geld war für einen völlig anderen Markt bestimmt. Außerdem galt Deutschland bisher nicht als Produktionsland für Blüten von so hoher Qualität.
Über Monate verfolgten die Ermittler das Treiben der Verdächtigen, deren Kreis den Aussagen der tschechischen Polizei zufolge größer zu sein scheint, als die nun verhafteten drei Männer. Dann Anfang Oktober ein wichtiger Erfolg. Der tschechischen Polizei gelingt es, die erste Geldlieferung in Höhe von 50 000 Dollar abzufangen. Über das Wie dieser Aktion schweigt sich Polizeisprecher Hantak erwartungsgemäß aus ermittlungstaktischen Gründen aus. Er fügt aber hinzu, dass das Geldpaket für 12 000 Euro angeboten wurde, also für nur rund 40 Prozent des Wertes. Diese Dimension macht klar, welch hohe Margen hier zu verdienen sind.
Am 17. November kommt es dann zum bereits beschrieben Großeinsatz. „Wir haben bewusst so lange gewartet, um die gesamte Gruppe zu treffen und nicht nur das letzte Glied in der Kette“, begründet der tschechische Chefermittler Robert Slachta. Der Erfolg der Operation hatte laut tschechischer Polizei noch einen anderen wichtigen Grund. Die Tatverdächtigen hatten geplant, den Vertriebskanal zugleich für den Drogenhandel Richtung Deutschland zu nutzen.
Auf den in Tschechien inhaftierten Deutschen wartet nun gemeinsam mit seinem tschechischen Kompagnon ein Prozess im Nachbarland, wo ihm eine Strafe zwischen acht und zwölf Jahren droht. In Deutschland liegt das Strafmaß dagegen zwischen zwei und 15 Jahren.