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Polizei darf nicht mehr grundlos filmen

Auch der technische Fortschritt sorgt manchmal dafür, das Gesetze angepasst werden müssen. Dass man heute mit jedem Smartphone Videos aufnehmen kann, hat nun Folgen für die Polizeiarbeit.

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© dpa

Dresden. Die sächsische Polizei soll bei ihren Einsätzen künftig nur noch unter bestimmten Bedingungen Videoaufnahmen machen dürfen. Das sieht eine Änderung des Versammlungs- und Polizeirechts vor, über die Sachsens schwarz-gelbe Koalition am Donnerstag in Dresden informierte. „Nur mal so filmen, wer da ist, geht nicht mehr“, erklärte der FDP-Rechtsexperte Carsten Biesok. Nur noch wenn Gefahren drohen, darf die Polizei Videokameras zu Übersichtsaufnahmen einschalten, muss aber dann für Betroffene erkennbar „offen“ filmen. Eine Speicherung der Aufnahmen ist nur dann erlaubt, wenn Straftaten erkennbar sind. Aufnahmen aus einem Hubschrauber dürfen nur an die Leitstelle der Polizei übertragen werden, um den Einsatz zu steuern. Auch hier ist eine Speicherung der Daten nicht mehr möglich.

Die Neuregelung zu den Videoaufnahmen gehört zu einem ganzen Bündel von Änderungen, die Schwarz-Gelb auf den Weg bringen will oder muss. Denn in manchen Punkten geht es um eine Anpassung an die Gesetzgebung des Bundes. CDU-Parlamentarier Christian Hartmann ging am Donnerstag davon aus, dass damit die Persönlichkeitsrechte der Bürger gestärkt werden. Außerdem habe man Vorschläge des sächsischen Datenschutzbeauftragten eins zu eins übernommen. Die massenhafte Ausspähung von Handydaten, wie sie nach den Ausschreitungen am Rande der Dresdner Neonazi-Demonstrationen im Februar 2011 erfolgte, ist mit den Gesetzesänderungen freilich nicht vom Tisch. Hier geht es allein um polizeiliche Befugnisse, die sich auf Prävention richten.

Auch Änderungen in anderen Gesetzen

Neben dem sächsischen Polizeigesetz ist auch das Versammlungsgesetz und das Verfassungsschutzgesetz von Änderungen betroffen. So muss unter anderem die Abfrage von Bestandsdaten der Telekommunikation für Polizei und Verfassungsschutz neu geregelt werden. An dieser Stelle setzt auch Kritik der Grünen ein. Sie boten am Donnerstag den Berliner Verfassungsrichter Meinhard Starostik als Gutachter auf. Seiner Ansicht nach umfassen Bestandsdaten heute mehr als nur Name und Anschrift des Telefoninhabers. Es gehe auch um Bankverbindungen und anderes - alles, was bei einem Vertragsabschluss mit dem Telekommunikationsanbieter eine Rolle spiele. Das Smartphone sei heute eine Art elektronisches Tagebuch und liefere ein Bewegungsprofil des Inhabers.

Starostik und der Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi bemängelten im Gesetzentwurf vor allem die „Eingriffsvoraussetzungen“, bei denen Bestandsdaten erhoben werden können. In Sachsen soll das bei einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit möglich sein. Darunter fallen für Lichdi auch Ordnungswidrigkeiten. Dagegen habe zum Beispiel Nordrhein-Westfalen die Hürden viel höher gelegt. Dort dürften die betreffenden Daten nur dann abgefragt werden, wenn mit „hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person“ zu befürchten ist. Am Donnerstagnachmittag fand zu dem Thema noch eine Anhörung im sächsischen Landtag statt. (dpa)