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Plötzlich kündigt der Netzanbieter

Weil die Telekom ein Netz abschaltet, müssen Tausende Kabel-TV-Kunden in Sachsen einen neuen Anbieter suchen. Was können die Betroffenen tun?

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© kairospress

Von Tobias Hoeflich

Wieder ein Werbeschreiben, dachte sich Anton Müller, als er den Brief von Vodafone/Kabel Deutschland aus dem Briefkasten fischte. Dann aber die Überraschung: „Kündigung Ihrer Verträge“, stand fettgedruckt in der Betreffzeile. Seit mehreren Jahren versorgt das Unternehmen den Dresdner mit Telefon und Internet. „Wir bedauern sehr, dass die Kooperation zwischen Ihrem Kabelnetzbetreiber und uns gekündigt wurde“, hieß es nun.

Kurz darauf folgte ein zweiter Brief, diesmal von Tele Columbus. Darin teilt das Unternehmen mit, in dem Haus künftig der neue Anbieter für Kabel-TV zu sein. „Mit Kabel Deutschland war ich zufrieden“, sagt Anton Müller. Er bedauert den erzwungenen Wechsel – und dürfte nicht der Einzige sein: Allein in Sachsen sind Tausende Haushalte betroffen.

Warum erhalten so viele Kunden eine Kündigung?

Hintergrund ist die Abschaltung des Opal-Netzes der Telekom („optische Anschlussleitung“). Diese Form der Glasfasertechnik wurde nach der Deutschen Einheit vor allem in ostdeutschen Städten verlegt, weil es hier Nachholbedarf an leistungsfähiger Infrastruktur gab. Damals noch als zukunftsweisend gefeiert, kamen schnell Alternativen zu Opal auf, etwa DSL. Deshalb entschied sich die Telekom, Opal abzuschalten. „Die Technik ist veraltet, und wir bekommen auch keine Ersatzteile mehr“, sagt Telekom-Sprecher Georg von Wagner. Laut Verträgen sollte die Abschaltung bis Ende 2016 durch sein.

Was hat das Telekom-Netz mit Kabelfernsehen zu tun?

Kabel-TV-Anbieter wie Kabel Deutschland konnten sich damals in das Opal-Netz einmieten und ihre Dienste in dessen Leitungen einspeisen. Das fällt künftig weg. Die Telekom hat Vodafone/Kabel Deutschland den Aufbau eines alternativen Netzes angeboten, sagt von Wagner. „Aber das Unternehmen wollte lieber auf eigene Infrastruktur setzen.“ Schon seit Längerem baut Vodafone/Kabel Deutschland ein eigenes Netz aus Glasfaser- und Koaxialkabeln auf. Aber nicht überall, schränkt ein Sprecher des Unternehmens ein. Wenn etwa Hauseigentümer ihr Veto einlegen oder es sich schlicht nicht lohne, gibt es auch keine Anschlüsse. „Wo kein Netz mehr besteht, können wir auch keine Leistung zur Verfügung stellen“, begründet der Sprecher die jetzigen Kündigungen – und betont zugleich: Man habe allein in Dresden schon über 200 Kilometer moderne Kabel verlegt.

Auch Konkurrent Tele Columbus baut konsequent sein Netz aus und rüstet auf. „Das Stadtnetz in Dresden ist langfristig zukunftssicher“, verspricht Sprecher Hannes Lindhuber. Kunden müssten deshalb auf absehbare Zeit auch keine weitere Umstellung fürchten.

Wie viele Haushalte in Sachsen sind von der Abschaltung betroffen?

Das lässt Vodafone/Kabel Deutschland unbeantwortet. „Aus Wettbewerbsgründen nennen wir keine Zahlen.“ Gegenüber der Görlitzer Lokalredaktion erklärte das Unternehmen aber schon im November, dass allein dort 400 Häuser betroffen sind.

Konkurrent Tele Columbus wiederum teilt mit, dass in Dresden allein im Laufe des Dezembers rund 3 000 Haushalte umgestellt wurden. Dass sich die Fälle gerade jetzt häuften, lag an der geplanten Opal-Abschaltung am Jahresende. Damit keine Zwischenlösung eingerichtet werden muss, kam es nun zu dieser großen Umstellungswelle, sagt Tele Columbus-Sprecher Hannes Lindhuber.

Muss ich die Kündigung einfach so akzeptieren?

Auch der Verbraucherzentrale Sachsen sind die Kündigungen im Zuge der Opal-Abschaltung schon länger bekannt. „Natürlich kann ein Vertrag nicht nur vom Verbraucher, sondern auch vom Unternehmen gekündigt werden“, sagt Beraterin Arleen Becker. Dabei müssten aber die vertraglich vereinbarten Fristen eingehalten werden. „Den Verbrauchern ist zu empfehlen, ihre Verträge hinsichtlich der Kündigungsfristen zu kontrollieren.“ Auch gebe es kein Recht darauf, dass der neue Anbieter sein Angebot zum Preis des alten anbietet – auch wenn man sicher verhandeln könne. „Das obliegt dem Geschick des Verbrauchers“, sagt Becker.

Welche Alternativen gibt es zum neuen Anbieter?

Wer bisher über Kabel sein Fernsehen empfing, nun aber keinen Anschluss mehr hat oder nicht zum neuen Anbieter wechseln will, kann zum Beispiel über Antenne TV empfangen (DVB-T). In Sachsen werden derzeit aber nur öffentlich-rechtliche Sender über diesen Weg übertragen – und nur in ausgewählten Städten. Ein zweiter Weg ist Fernsehen über Satellit. Doch die Montage einer Satellitenschüssel bedarf der Erlaubnis des Hauseigentümers.

Wer bisher über Kabelanschluss Internet und Telefon empfing, kann das auch mit der Telekom und deren Konkurrenz über die Telefondose. Es gibt zusätzlich immer mehr Wege, Fernsehsender und deren Sendungen übers Internet zu empfangen – zum Beispiel mit internetfähigen Smart-TVs, Streaming-Boxen oder TV-Sticks.