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Pastors Großfamilie

Matthias Zieboll aus Zittau und seine Frau haben sieben Kinder. Das freut sogar den Bundespräsidenten.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Wie ein Pastor sieht Matthias Zieboll nicht aus: Der 38-Jährige trägt einen langen Bart, auf dem T-Shirt steht „HEY“ in großen Buchstaben und auf seinem Oberarm hat er sich tätowieren lassen. „Manche waren überrascht“, berichtet der Geistliche von den Reaktionen auf sein Erscheinungsbild. Die Erwartungen, wie ein Pastor auszusehen habe, seien bei einigen wohl anders gewesen, meint Zieboll. Ablehnung habe er dabei nicht erfahren, die Äußerungen seien nur positiv gewesen. „Wenn es negative gab, haben es die Leute nicht gesagt“, so der Pastor der evangelisch-methodistischen Kirchgemeinde von Zittau.

Die Großfamilie bekam jetzt eine Urkunde des Bundespräsidenten, die vom Zittauer OB Thomas Zenker überbracht wurde.
Die Großfamilie bekam jetzt eine Urkunde des Bundespräsidenten, die vom Zittauer OB Thomas Zenker überbracht wurde. © Matthias Weber

Mit seiner Familie wohnt er seit vier Jahren im Pfarrhaus an der Friedensstraße. Vor Kurzem ist die Gemeinschaft größer geworden: Die kleine Lotte erblickte am 17. Juni das Licht der Welt. Es ist das siebente Kind der Ziebolls. Der Älteste, Mark, ist 16, die anderen Kinder zwischen 14 und 3 Jahren alt. Eine große Familie zu haben, sei als Jugendlicher nie seine Absicht gewesen, sagt der Pastor. Seine Frau Sandra wollte dagegen immer viele Kinder haben. Ihr Vater hatte sechs Geschwister und sie fand es immer toll, erzählt die siebenfache Mutter. Sie selbst sei ein Einzelkind gewesen. Da habe immer was gefehlt, findet Sandra Zieboll. Bewusst geplant sei der jüngste Nachwuchs nicht gewesen – die Freude über die kleine Lotte ist dennoch groß.

Und die drei Monate alte Tochter hält die Großfamilie in Trab. Am Sonntag wurde die Jüngste getauft. Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) überbrachte den Eltern eine Patenschaftsurkunde von Bundespräsident Joachim Gauck. Der oberste Repräsentant des Landes übernimmt auf Antrag der Eltern die Ehrenpatenschaft für das siebente Kind einer Familie. Die Patenschaft hat symbolischen Charakter. Allerdings gibt es neben der Urkunde noch ein Geldgeschenk über 500 Euro. Seit 1949 haben die Bundespräsidenten rund 80 000 Ehrenpatenschaften übernommen. Familie Zieboll ist nun eine davon. Weiteren Nachwuchs planen sie erst mal nicht. „Sieben ist eine gute Zahl“, meint Sandra Zieboll. Man müsse jedem Kind gerecht werden. Der älteste Sohn denke inzwischen ans Ausziehen.

Ob die kleine Lotte in Zittau in den Kindergarten und die Schule gehen wird, dass kann Matthias Zieboll nicht sagen. Denn in der evangelisch-methodistischen Kirche gebe es das Versetzungsprinzip. Einmal im Jahr erhalten die Pastoren von ihrer Bischöfin eine Dienstzuweisung, wo sie in den kommenden zwölf Monaten tätig sein werden. Meist bleiben die Seelsorger ihrer Gemeinde erhalten. Nach einer bestimmten Zeit kann es aber auch zum Wechsel kommen. Ob dieser nach fünf, sieben oder zehn Jahren erfolgt, darauf haben die Pastoren keinen Einfluss. „Natürlich wird niemand mit sieben Kindern in eine Gemeinde versetzt, wo nur eine kleine Wohnung verfügbar ist“, sagt Zieboll. Bis Juni 2017 bleibt er definitiv in Zittau, erklärt er. Dann findet die nächste Konferenz statt, bei der die Pastoren ihre Dienstzuweisung erhalten.

Bis dahin wird Matthias Zieboll mit seiner Familie noch die Region genießen. Einmal in der Woche joggt er am Olbersdorfer See – auch das ist nicht typisch für einen Pastor. Mit der Familie geht er auch gern in die Pilze oder radelt auf dem Dreiländereck-Radweg. „Wir fühlen uns sehr wohl in der Oberlausitz“, sagt der Pastor.

Dass er mal Seelsorger wird, war früher nicht abzusehen. Denn Matthias Zieboll hatte in der Kindheit nichts mit Kirche zu tun. Erst als ein Schulfreund ihn zu einem Jugendabend mitnahm, habe er den Weg zu Gott gefunden. Der gelernte Erzieher und Diakon arbeitete als Mitarbeiter im Gemeindedienst, war Laienprediger und ist seit 2007 Pastor. Er gehört zu den wenigen Pastoren, die über den zweiten Bildungsweg zu ihrer Aufgabe gefunden haben. Dabei arbeiten sie zuerst als Laienprediger, absolvieren nebenbei einen Aufbaukurs, nach dessen Abschluss sie ordiniert werden. Dieser Quereinstieg ist in dieser Form seit 2008 nicht mehr möglich, erklärt Zieboll. Seitdem müssen die künftigen Seelsorger ein klassisches Theologiestudium absolvieren und danach drei Jahre als Pastor auf Probe in einer Gemeinde tätig sein.

So außergewöhnlich wie Matthias Zieboll selbst ist, so besonders ist auch die Kirchgemeinde. Jeden Sonntag besuchen etwa 60 Leute den Gottesdienst in der Hospitalkirche. Manche größere Kirche kann nicht auf so eine Resonanz verweisen. Dennoch verliert auch die evangelisch-methodistische Gemeinde in Zittau Mitglieder. Manchmal ist es ein Wegzug, dann wieder ein Sterbefall oder auch ein Austritt, erklärt Zieboll. Zwei Mitglieder weniger mache sich in einer kleinen Freikirche schon bemerkbar, so der 38-Jährige.