Merken

Parkinson-Kranker fühlt sich entmündigt

Nach monatelangem Streit mit den Behörden ist ein Riesaer den Führerschein los. Nun bleibt ihm nur noch eine Hoffnung.

Teilen
Folgen
© Repro/SZ

Von Stefan Lehmann

Riesa. Zwei Stunden – dieses Zeitfenster hatte Horst Rainer Mantey täglich zur Verfügung, um seine Termine in der Stadt zu erledigen. Mehr Zeit blieb dem Parkinsonkranken nicht: Innerhalb dieses Zeitfensters seien die Medikamente so eingestellt, dass er sein Auto problemlos steuern konnte, sagt der Riesaer. Täglich sei er mit dem Wagen unterwegs gewesen: „Arzt, Massage, Fitness“, zählt Mantey die drei häufigsten Anlaufstellen auf. „In den zwei Stunden mache ich alles.“

Damit ist nun Schluss. Ende Februar habe er den Führerschein abgeben müssen, erklärt Mantey. Die Sächsische Zeitung berichtete bereits im Dezember über den Streit des 65-Jährigen mit den Behörden. Ende 2015 hatte ihn die Polizei wegen auffälliger Fahrweise angehalten. Die Führerscheinstelle bat Mantey danach um ein medizinisches Gutachten und ordnete auch eine Fahrprobe an.

Der Arzt erkannte noch eine Fahrtauglichkeit unter bestimmten Einschränkungen an. Ein Fahrprüfer der Dekra sah das anders. Mantey habe nicht nachweisen können, „selbstständig und sicher ein Kraftfahrzeug der FE-Klasse B im öffentlichen Straßenverkehr führen zu können“, heißt es in dem Gutachten. Auch eine zweite Fahrprobe kam zu diesem Ergebnis, woraufhin das Kreisverkehrsamt im Februar die Fahrerlaubnis einzog.

Von seinem Führerschein bewahrt Mantey seitdem nur noch eine Kopie bei den Akten auf, die den langen Streit mit Dekra und Führerscheinstelle dokumentieren. Das Vorgehen der Behörden ärgert ihn nach wie vor. Besonders, weil ihm jede freie Entscheidung genommen werde. Dabei lebe er seit 15 Jahren mit seiner Krankheit und habe sich darauf eingestellt. Wenn etwa die Medikamente zu stark anschlagen, dann setze er sich auch nicht ans Steuer. „Ich bin ja innerhalb von fünf Minuten mit dem Auto überall.“ Weit gefahren sei er auch vorher nicht.

Autofahren und Parkinson widersprechen sich nicht grundsätzlich. Das hatte der Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie in Meißen, Dr. Martin Wolz, bereits im Dezember erklärt. Allerdings sei es im fortgeschrittenen Verlauf der Krankheit oftmals schwieriger, Patienten gut einzustellen. Kennzeichnend seien dann zum Teil starke Schwankungen in der Beweglichkeit, ebenso wie Überbeweglichkeiten.

Letztlich müsse immer der Einzelfall bewertet werden. Seine täglichen Besorgungen kann Mantey nun nicht mehr allein erledigen. Er ist darauf angewiesen, dass ihn Dritte abholen und zum Arzt oder zur Massage fahren. Für den 65-Jährigen ist das das größte Problem: „Die nehmen mir meine Mündigkeit“, schimpft Mantey. Besonders problematisch könnte es in diesem Jahr werden, wenn die Lange Straße wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Bisher hatte Horst Rainer Mantey die Bushaltestelle vor der Tür, wenn er etwa zum Bahnhof musste. Während der Bauarbeiten wird die Haltestelle wohl zumindest verlegt. Der Fußweg bis zur nächsten sei für den Parkinsonkranken aber nicht zu schaffen, erklärt auch seine Frau.

Mit der Entscheidung der Führerscheinstelle abfinden will sich Horst Rainer Mantey nicht. Der Rechtsweg ist seine letzte Hoffnung. Allzu groß ist die allerdings nicht. Selbst sein Anwalt sieht kaum Aussicht auf ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren. Versuchen will es der Riesaer trotzdem – um ein Stück Souveränität zurückzubekommen.